Eva Rieger: "Leuchtende Liebe, lachender Tod"
Richard Wagners Bild der Frau im Spiegel seiner Musik
Mehr
als eine Abbildung der
Geschlechterrollen des 19 Jahrhunderts
Im Leben
Richard Wagners, eines der berühmtesten und zugleich
umstrittensten
Opernkomponisten aller Zeiten, haben Frauen eine zentrale Rolle
gespielt. Zunächst
war er mit Minna Planer verheiratet, einer Schauspielerin, er hatte
eine Reihe
von Liebschaften und Affären, teils erfüllt, teils
unerfüllt wie jene mit
Mathilde Wesendonck, und er führte eine Ehe mit
Cosima von
Bülow, einer
Tochter von Franz Liszt.
Zwischen Wagners Werk und "seinen Frauen" besteht offensichtlich ein
enger Zusammenhang, wie die Autorin des hier besprochenen Buches
nachweist. In
chronologischer Reihenfolge untersucht sie die Einflussnahme von
Wagners
Liebesleben auf seine Opern.
Eingangs lernt der Leser Wagners typische Musiksprache kennen,
insbesondere
anhand der Ausarbeitung von Motiven und dem Leitmotiv, womit Wagner
bekanntlich
recht einzig dasteht. Es schließt sich der Trend von "Rienzi"
zum
"Fliegenden Holländer" an, geprägt von der sich
entwickelnden
Beziehung zu Minna Planer, die schließlich seine Ehefrau
werden und enorme Höhen
und Tiefen mit ihm erleben und erleiden sollte. Der Zerfall der Ehe
kündigt
sich schon im "Tannhäuser" an, einer seinerzeit wegen ihres
Bekenntnisses zur Sinnlichkeit sehr umstrittenen Oper.
Während in "Lohengrin" Elsa und Ortrud für zwei
unterschiedliche
Frauentypen stehen, die durchaus dem Umfeld im 19. Jahrhundert
entstammen, in
dem erste feministische Tendenzen aufkamen, wie die Autorin detailliert
aufzeigt, zeichnet Mathilde Wesendonck, Wagners verheiratete,
unerfüllte Liebe,
für "Tristan und Isolde" verantwortlich - eine Oper, in deren
Zentrum
eine ebensolche Liebe steht, und mittels derer sich Wagner innerlich zu
befreien
versuchte. Auch für die "Meistersinger von Nürnberg"
hat Wagner sich
Mathildes als Muse bedient.
Der sehr vielschichtige "Ring", Wagners gewaltige Tetralogie, zeigt
der Autorin zufolge wesentliche Aspekte von Wagners
Geschlechterverständnis
auf: die bedingungslos liebende, den Mann damit erlösende,
ihrem eigenen
Untergang ins Auge schauende und trotzende Frau gegenüber dem
männlichen
Helden, der unbeirrt seinen Weg gehen muss; Passivität und
still duldendes
Leiden gegenüber Aktivität und prominenter
Größe. Auch Wagners Rassismus,
vor allem Antisemitismus, kommt zur Sprache und
äußert sich vor allem im
Kapitel über "Parsifal", in dem Kundry, wiederum als Frau, das
verführerisch-exotisch-jüdische
Element verkörpert.
Eva Rieger hat sich wissenschaftlich mit der Ehe
Wagners mit Minna Planer befasst, und ihre profunde Kenntnis der
Materie,
Wagners Musik eingeschlossen, äußert sich in diesem
Buch sehr gründlich.
Wagners Ansprüche an "seine" Frauen, seine sexuellen
Nöte und Bedürfnisse,
aber auch die emotionale Komponente, die Abhängigkeit von
einer ihn umsorgenden
und verehrenden, sich wie eine Elisabeth oder Senta aufopfernden Frau
werden
ausführlich betrachtet.
Vor allem aber fesselt der anhand der Lektüre
tatsächlich bestens ersichtliche
Zusammenhang zwischen den einzelnen Lieben Richard Wagners - oder auch
den
Phasen der "Bedürftigkeit" dazwischen oder in
ungeklärten Verhältnissen,
wie es aufgrund der Ehe zwischen Cosima und Hans von Bülow
auch dann noch der
Fall war, als Cosima bereits ein Kind von Wagner geboren hatte - und
seinen
Opern, die so überraschend deutlich seine für jeden
Lebensabschnitt
charakteristische und doch im Großen und Ganzen seinem
Jahrhundert wie seiner
persönlichen Einstellung geschuldeten Sichtweise des
Geschlechterverhältnisses
widerspiegeln. Zugleich lernt der Leser auch die Ausarbeitung anderer
Figuren
kennen, zum Beispiel Männer wie Mime, Siegfrieds Ziehvater,
denen
weiblich-weibische Motive zugeordnet werden, die diese Figuren
diskreditieren.
Auch die Wandlungsfähigkeit von Figuren wie etwa
Brünnhilde, der
amazonenartigen Walküre, die gänzlich zum wehrlosen,
liebenden Weib nach
Wagners Gusto wird, gehört zu den Themen. Immer sind diese an
Wagners Biografie
ausgerichtet, denn auch die Geburt des lange ersehnten Sohnes Siegfried
spielt
ja in die Oper hinein.
Eine ganze Reihe an Notenbeispielen belegt die Aussagen innerhalb der
Kapitel,
und einmal zeigt eine Bilderfolge an, dass Wagner offensichtlich
während seiner
Zeit ohne ständig verfügbare Partnerin eine durchaus
"fruchtbare"
Beziehung zu einem Hausmädchen unterhielt, die sich letztlich
auch auf seine
Arbeit auswirkte.
Dieses Buch kann allen Wagner- und ganz allgemein Opernliebhabern
bestens
empfohlen werden, sensibilisiert es doch für die
Umstände, die ganz wesentlich
zur Entstehung und Entwicklung von Wagners Opern beigetragen haben, und
es zeigt
klar Parallelen und Widersprüche von Wagners Frauenbild zu dem
seiner Zeit auf.
Darüber hinaus ist das Buch in einem angenehmen, kurzweiligen
Stil verfasst,
sodass die Lektüre, vom Informationswert ganz abgesehen,
schlicht Vergnügen
bereitet.
(Regina Károlyi; 06/2009)
Eva
Rieger: "'Leuchtende Liebe, lachender
Tod'. Richard Wagners Bild der Frau im Spiegel seiner Musik"
Artemis & Winkler, 2009. 296 Seiten.
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Eva
Rieger war bis zu ihrer
Emeritierung Professorin für
Sozialgeschichte der Musik an der
Universität
Bremen und lebt heute in Vaduz. Sie hat zahlreiche Bücher zum
Thema
"Frauen und Musik" veröffentlicht.
Weitere Bücher der Autorin (Auswahl):
Eva Rieger, Monica Steegmann (Hrsg.): "Frauen mit Flügel.
Lebensberichte
berühmter Pianistinnen. Von Clara Schumann bis Clara Haskil"
Tagebucheintragungen, Briefe, Autobiografien berichten von acht
großen
Musikerinnenkarrieren: Clara
Schumann, Amy Fay, Mathilde Verne, Adelina de Lara, Clara
Haskil, Lili
Kraus, Rosalyn Tureck und Moura Lympany. (Insel)
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Eva Rieger: "Nannerl
Mozart. Leben einer Künstlerin"
Die Geschwister
Mozart
lebten in einer Zeit großer Umbrüche und
Veränderungen. Während die
Emanzipationsbewegungen des Bürgertums aufgeklärtes
Gedankengut und neue
Lebensentwürfe für den Mann eröffnen, wird
die Frau kulturell "ausgebürgert".
Wolfgang befreit sich vom väterlichen Zwang und geht in Wien
eigene Wege, die
ihn auf die höchsten Höhen der musikalischen Welt
führen, derweil seine
Schwester Nannerl im Salzburger Elternhaus das Gesinde beaufsichtigt
und
Hausmusik pflegt. Als die Dreiunddreißigjährige
einen Witwer heiratet, muss
sie beweisen, dass sie eine "virgo intacta" ist: Der für
Frauen
geltende Tugendbegriff spricht ihr Sinnlichkeit und Lebendigkeit ab.
Alle
Eigenschaften, die zum künstlerischen Schaffen notwendig sind:
Freiräume,
Lebenserfahrung, öffentliche Anerkennung und berufliche
Tätigkeit, sind ihr
als Frau verwehrt; jedes Aufbegehren ist von vornherein ausgeschlossen.
Während
Nannerl auf eine eigene Lebensgestaltung verzichtet, nimmt Wolfgang den
Kampf
gegen die väterliche Autorität und gegen die Enge
seiner bisherigen Existenz
erfolgreich auf.
Die Musikgeschichtsschreibung hat diese so unterschiedlichen Lebenswege
von Mann
und Frau als naturgegeben hingenommen. Nannerls angebliche Opferhaltung
wird
gelobt, doch gilt sie auch als "kleinlich, selbstsüchtig,
farblos, gekränkt,
engherzig und verbittert", als das "ewige gehorsame kleine
Mädchen".
(Insel)
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Eva Rieger, Monica Steegmann (Hrsg.):
"Göttliche
Stimmen. Lebensberichte berühmter Sängerinnen. Von
Elisabeth Mara bis Maria
Callas"
Erst müssen sie als Carmen, Tosca, Mélisande oder
Brünnhilde sterben, dann
werden sie bejubelt und gefeiert. Aber nicht nur
auf der Bühne
ist das Los der
Operndiven und Primadonnen unerbittlich. Oft standen sie unter dem
Einfluss
ehrgeiziger Mütter, waren den Machtspielen von Direktoren und
Intendanten
ausgeliefert, den Eifersuchtsattacken von Kollegen und
Ehemännern und abhängig
von der Gunst des Publikums. Diese in der Öffentlichkeit
stehenden
erfolgreichen, starken Frauen waren für das Selbstbewusstsein
der Männer eine
schwere Prüfung. Die sechs für diesen Band
ausgewählten autobiografischen
Texte von Gertrud Elisabeth Mara, Agnese Schebest, Mary Garden, Kirsten
Flagstad,
Marian Anderson und Maria Callas - drei davon erstmals in deutscher
Sprache -
schildern nicht nur wechselvolle Schicksale großer
Künstlerinnen, sondern
geben auch ein Bild der Zeit, in der sie lebten. (Insel)
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