Nury Vittachi: "Der Fengshui-Detektiv im Auftrag Ihrer Majestät"


Nach den Ereignissen der letzten Zeit ist C.F. Wong wieder einmal brennend an neuen Verdienstmöglichkeiten interessiert und darum froh, als er als eine Art Zwischenhändler bei einem Geschäft über Textmarker fungieren soll, wobei er den Treffpunkt nach Fengshui-Maßstäben ideal vorbereitet - nur damit dieser kurz vor dem Treffen aus Gründen, die wirklich nicht in seiner Macht stehen, komplett anders ausgerichtet wird. Das Geschäft geht in geradezu spektakulärer Art und Weise schief, und Wong sieht sich auf einmal als Schuldner der chinesischen Triaden.
In dieser Situation ist es auch nicht hilfreich, dass seine Angestellten seinen Meditationsraum in ein Klopapierlager umgewandelt haben und überhaupt sehr anstrengend sind.

Da trifft es sich gut, dass ihn ein Auftrag erreicht, der ihn zunächst nach Hongkong und im Anschluss nach London bringen wird. C.F. Wong soll ein ökologisch zugerichtetes Flugzeug, das als fliegendes Konferenzzentrum konzipiert ist, in seinem Hangar bearbeiten, damit eine dort geplante Verkaufsveranstaltung reibungslos über die Bühne gehen kann. Am Gelingen dieser Veranstaltung scheint in Großbritannien sogar die Königin größeres Interesse zu haben. Und Joyce McQuinnie ist von dem Auftrag mehr als begeistert, obwohl ihr Brötchengeber eigentlich gar nicht aus Shanghai fort möchte und ihm der Westen nach seinem Fernsehkonsum als ein ebenso gefährlicher wie gewalttätiger Ort erscheint, wo sich die Menschen laufend aus irgendwelchen dahinrasenden Autos werfen, auf der Straße aufeinander schießen und ähnliche Nettigkeiten mehr. Nur die Aussicht auf ziemlich hohe Summen und lukrative Folgeaufträge können ihn schließlich dazu bringen, sich zunächst einmal nach Hongkong zu begeben.

Wong schmunzelte in sich hinein. Über seinem Leben begann endlich wieder die Sonne zu scheinen. Seit gestern hatte er sich zunehmend für diesen Auftrag erwärmt. Alles lief bestens. Bereitwillig erstattete der Kunde die Kosten für Businessklasse-Tickets, die sie nicht gebucht hatten. Das Hotel bot neben jeglichem Komfort ausgezeichnete chinesische Küche. Joyce war ausgeschlossen worden, er würde also konzentriert und ohne lästige Unterbrechung arbeiten können. Ein großzügiger Zeitplan ließ ihm den ganzen heutigen Tag für die Konferenzräume an Bord des Jumbos. Erst morgen sollte er dann zu weiteren Arbeiten nach London fliegen.
Und als Krönung des Ganzen gab es den Mord!
Sobald Joyce außer Hörweite war, hatte Robbie Manks Näheres über jenen Zwischenfall angedeutet, der ihn so erschütterte. Demnach war es gestern Vormittag einem in grünen Kreisen als Extremist bekannten Umweltaktivisten gelungen, in den geparkten Jumboj
et einzudringen. Er hatte einen Erdölmanager erschossen und danach zu fliehen versucht, war aber beobachtet worden. Man hatte die Polizei verständigt, die den Mörder abfing.
All dies bewies dem Fengshui-Meister, dass die Götter, die ihn in den vergangenen Wochen gar zu ungnädig behandelt hatten, sich nunmehr in Wiedergutmachung förmlich überboten. Ein Mord konzentrierte unbestreitbar eine geballte Ladung negativer Energie am betreffenden Ort. Damit fiel ihm eine viel bedeutendere Rolle zu als geplant. Noch besser: Er konnte sein Honorar hochtreiben. Obendrein hatte man den Mörder bereits gefasst. Wong blieb also die schwierige Seite des Jobs erspart, nämlich die Ermittlung des Täters und das Sammeln von Beweisen fürs Gerichtsverfahren. Diesen Ball durfte er getrost den Gesetzeshütern zuspielen. Er brauchte nichts weiter zu tun, als den Tatort zu sichten und einzuschätzen, ihn von negativen Schwingungen zu reinigen und seine Kostenrechnung zu präsentieren. Das Leben war herrlich!
(Aus dem Roman)

Kaum dort angekommen, hören Joyce und Wong, dass in dem Flugzeug irgendetwas Schreckliches geschehen sein soll, weswegen die Sicherheitsmaßnahmen drastisch verschärft werden. Infolgedessen darf Joyce als mögliches Sicherheitsrisiko nicht mit in den Hangar. Doch sie nimmt diesen Umstand gelassen, denn in Hongkong kann sie einkaufen und einige alte Bekannte wiedertreffen, die ähnlich umweltbewusst sind wie sie selbst. Währenddessen erfährt sie, was in dem Hangar geschehen ist - und warum gerade sie nicht in das fragliche Flugzeug mitkommen darf.

Inzwischen weiß C.F. Wong ebenfalls schon darüber Bescheid, und er weiß auch, dass er einen wesentlich höheren Preis veranschlagen kann als er zunächst gehofft hat. Und so lässt er sich auf das Wagnis ein, nach der Besprechung, die unter seinem Fengshui-Schutz durchgeführt wurde, zusammen mit Joyce in Richtung des "Wilden Westens" - sprich Großbritannien - zu fliegen. Doch der Flug in der Luxusmaschine entwickelt sich innerhalb kürzester Zeit aus mehrerlei Gründen zu einem Albtraum ...

In bewährter Weise befindet sich C.F. Wong wieder einmal eingekeilt zwischen seinem eigenen Erwerbsstreben und dem Idealismus seiner engsten Mitarbeiterin. Und dummerweise wollen die Menschen um ihn herum auch etwas verdienen, was sie nicht unbedingt sympathischer macht. Doch Fengshui heißt, alles miteinander ins Gleichgewicht zu bringen - aber zwischendurch rätselt man wirklich, wie das glücken soll.

Fazit:
Gelungene Unterhaltung mit nützlichen Endnoten zur Erläuterung einiger sehr chinesischer Momente. Auch wieder ein Buch, das man gerne vorliest.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2009)


Nury Vittachi: "Der Fengshui-Detektiv im Auftrag Ihrer Majestät"
(Originaltitel "Mr Wong Goes West")
Übersetzt von Ursula Ballin.
Unionsverlag, 2009. 253 Seiten.
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