Thomas Hegemann, Cornelia Oesterreich:
"Einführung in die interkulturelle systemische Beratung und Therapie"


Auch professionelle Beratung und Psychotherapie müssen sich auf ethnische und kulturelle Veränderungen einstellen

Das 20. Jahrhundert und auch das nun laufende zählen zu den wanderungsreichsten in der Geschichte der Menschheit, und somit gibt es in den meisten Ländern einen deutlichen Zuwachs an Migranten. Diese kommen aus höchst unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und zudem aus verschiedensten Beweggründen. Manche planen, nur eine befristete Zeit zu bleiben, und Andere kommen, um zu bleiben. Daraus folgt, dass die Betreffenden ihrer Migration unterschiedlich gegenüberstehen und auch ihre Einstellungen zum Gastland und ihrem Status darin sehr variabel sind. In Behörden, sozialen Einrichtungen und Schulen ist es zunehmend von Bedeutung, diesem Faktorengeflecht innerhalb ihrer Klientel professionelle Helfer entgegenzusetzen.

Das vorliegende Bändchen versucht aus systemischer Sicht einen Zugang zu dieser Form der beratenden Tätigkeit zu liefern. Die beiden Autoren haben nicht nur einige Erfahrung in diesen Bereichen, sondern haben auch selbst einige Zeit im Ausland gelebt und gearbeitet und damit einige der Herausforderungen, denen Migranten ausgesetzt sein können, selbst erlebt.

Im ersten Teil des Buches werden zunächst verschiedene Perspektiven auf den Begriff der Kultur dargelegt, bevor die Form der systemischen Beratungs- und Therapietätigkeit näher erläutert wird. Im Abschluss wird aufgezeigt, in welchen Kontexten sich interkulturelle Arbeit in der Regel bewegt.

Im zweiten Abschnitt werden die besonderen Erfordernisse der beratend-therapierenden Tätigkeit im interkulturellen Bereich näher dargestellt und anhand einiger Fallbeispiele die Anwendung von Hypothesenbildung, zirkulärem Fragen, Genogrammen und Aufstellungsverfahren sowie anderer "Werkzeuge" der systemischen Arbeit präzisiert.

Der dritte Abschnitt schließlich behandelt die Möglichkeiten der Integration interkultureller systemischer Arbeit in einem größeren organisatorischen Rahmen.

Für seine Kürze bietet dieses Buch erstaunlich viele Informationen in einer sehr gut durchstrukturierten Form. Auch wenn die Erläuterungen der "Methoden" dem erfahreneren Praktiker eventuell überflüssig erscheinen müssen, so stellt das Wiederaufrufen dieser Informationen doch eine Möglichkeit dar, seine eigene Arbeit noch einmal kritisch zu hinterfragen und auch seinen Wahrnehmungsbereich zu vergrößern - was für die interkulturelle Arbeit dringend erforderlich ist - besonders, wenn man mit extrem homogenen oder auch sehr heterogenen Gruppen zu tun haben sollte. Und auch um daran zu denken, dass gerade die "Homogenität" in sich sehr viele Spielräume aufweist, die bei einzelnen Klienten immer wieder anders ausgeprägt sind.

Fazit:
Hilfreiches Einführungswerk.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 04/2009)


Thomas Hegemann, Cornelia Oesterreich: "Einführung in die interkulturelle systemische Beratung und Therapie"
Carl-Auer Verlag, 2009. 126 Seiten.
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