Fritz B. Simon (Hrsg.): "Vor dem Spiel ist nach dem Spiel"

Systemische Aspekte des Fußballs


"Einige Leute halten Fußball für einen Kampf auf Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen: Es ist weit ernster."

Dieser Satz des legendären englischen Trainers Bill Shankly steht quasi als Motto über einem Buch, das aus den bisherigen Publikationen des Carl-Auer Verlags herausragt und dennoch genau in ihre Reihe passt. In diesem von Fritz B. Simon, einem der Doyens der systemischen Therapie und Denkweise, in Deutschland herausgegebenen Buch, das als Festgabe zum zwanzigjährigen Verlagsjubiläum gedacht ist, geht es um die systemischen Aspekte des Fußballs.

"Fußball ist eine Form sozialen Lebens, die frei von allen außerhalb des Spiels liegenden sachlichen Zwecken stattfindet. Im Fußball konstituieren sich soziale Systeme, ohne dass ihre Struktur durch irgendeine spielfremde Zweckrationalität verdorben wird. Die Logik des Spiels ergibt sich allein aus den Muster des Miteinander-Gegeneinander-Spielens."

Das Themenspektrum des Carl-Auer Verlags reicht von der Therapie bis zur Philosophie, vom Management bis zur Erkenntnistheorie, von abstrakten intellektuellen Höhenflügen bis zu konkreten Handlungsanleitungen. Was all diese Themen miteinander verbindet, ist systemisches Denken, ein systemisch-theoretisch bzw. konstruktivistischer Ansatz. Ob als Therapeut oder Organisationsberater, ob als Soziologe und Psychologe, die Autoren und die Leser der Bücher des Carl-Auer Verlages befassen sich immer und immer wieder mit der Frage, nach welchen Spielregeln soziale Systeme funktionieren und wie unterschiedliche Beobachter solche Systeme und das Bild von ihnen konstruieren.

Das Thema Fußball schien auf das Beste geeignet, an einem eher fremden Thema das zu zeigen, was Systemtheorie und Konstruktivismus aussagen. Und die Autoren des vorliegenden Buches tun es auf ebenso erfrischende wie lehrreiche Weise. Den Theoretikern wird der Fußball nähergebracht, falls sie nicht schon längst zu den Fans gehören, und den fußballbegeisterten Theorielaien wird eine kurze Einführung in das Denken des systemischen Ansatzes gegeben, wie sie der Rezensent so lange nicht gelesen hat.

Bekannte Systemiker wie Fritz B. Simon selbst, Hartmut Willke aus Bielefeld und Luc Ciompi zählen genauso zu den Autoren wie der Soziologe Norbert Bolz und die beiden Fußballer Günter Netzer und Oliver Kahn, von denen Interviews abgedruckt sind, wobei das Gespräch mit Kahn für dieses Buch exklusiv geführt wurde und sich mit Motivation und Lösungsorientierung im Fußball beschäftigt, zwei wichtigen Eckpfeilern des systemischen Ansatzes.

Der Aufsatz, der dem Rezensenten am besten gefallen hat, ist jener von Karl L. Holtz mit dem Titel "Die Welt ist alles, was der Ball ist - Zur performativen und narrativen Inszenierung eines Spiels", der den Rezensenten an mancher Stelle laut auflachen ließ.
Man kann den Lesern dieses vorzüglichen Buches nur viel Freude bei der Lektüre wünschen.

(Winfried Stanzick; 11/2009)


Fritz B. Simon (Hrsg.): "Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs"
Carl-Auer Verlag, 2009. 197 Seiten.
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Fritz B. Simon ist Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke, systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut.

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