Vicky Harris, John Newton: "Die Küche Spaniens"


Ausflug in eine der abwechslungsreichsten Küchen Europas

Spanien ist wie die iberische Halbinsel an sich kein einheitlicher Kulturraum, wozu sicher auch die unterschiedlichen Klimate und die von einigen Brüchen begleitete Geschichte des Landes beitragen. Deshalb hat die spanische Küche viele Facetten und kann, je nach Region, mit eigenwilligen Akzenten aufwarten.

Das vorliegende Buch versteht sich nicht allein als Rezeptesammlung, sondern es informiert auch über die spanische Küche an sich, ihre ganz besonderen Zutaten und die Institution Tapasbar.

Die Einführung geht den Eigenheiten und der Herkunft der spanischen Esskultur und Küche auf den Grund und erläutert Aufbau und Motivation des Buchs. Anschließend widmet sich ein ausführlicher Abschnitt der schon erwähnten Tapasbar und den wichtigsten und interessanten Tapas-Rezepten. Artischocken mit Vinaigrette, Kichererbsen mit Chorizo, Knoblauchpilze, Bocadillos, frittierte Tintenfischringe, gefüllte Schweineröllchen aus Córdoba und vieles mehr spiegeln diese Tapaskultur wider.

Das nächste Kapitel führt an die Küste, wo natürlich Fisch und Meeresfrüchte den Speiseplan dominieren. Ob Klippfisch, Krake, Muscheln aller Art oder unterschiedlichste Meeresfische: ein Eldorado für Liebhaber von Meeresbewohnern!

Im umfangreichsten Kapitel werden traditionelle Gerichte aus den Regionalküchen präsentiert. Den Anfang macht der Gazpacho, gefolgt von vielen unwiderstehlichen Rezepten mit reichlich Gemüse und zumeist einer leckeren "fleischlichen" Hauptzutat; einige vegetarische Gerichte wie Kichererbsen mit Mangold oder Gemüseauflauf mit Tomatensauce ergänzen das Angebot.
Desserts und Gebäck sowie ein paar Grundrezepte bilden den Abschluss des Rezepteteils. Ihnen folgen Glossar und Register.

Dieses Buch ist, wie schon angeschnitten, nicht nur ein Koch-, sondern auch ein Lesebuch. So findet man innerhalb der Kapitel etliche Essays: über die Tapasbar als Institution, die Verführungen in Konditoreien und über wichtige Zutaten der spanischen Küche, darunter Oliven, den Klippfisch Bacalao und Reis sowie über die berühmten Produkte Spaniens wie Schinken, Sherry und Käse. Viele Fotos von Land, Leuten und natürlich Märkten und Lebensmitteln sowie den in den Rezepten vorgestellten Gerichten illustrieren das Buch.

Die Rezepte, leider in für den Gebrauch in der Küche ziemlich kleiner Schrift gehalten, sind klar und übersichtlich aufgebaut mit einer kurzen Einleitung, einer Zutatenliste und einer auch für weniger Geübte gut nachvollziehbaren Schritt-für-Schritt-Anleitung. Komplexere Tätigkeiten, etwa das Ausnehmen von Kraken, werden separat und zudem anhand von Fotos der einzelnen Arbeitsschritte beschrieben.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass einige Rezepte vielleicht nicht ganz das Wahre für Zartbesaitete sind - eben wegen solcher "sezierender", wenngleich bestens beschriebener Tätigkeiten, oder auch, weil nicht jeder es über sich bringen dürfte, lebende Meerestiere in kochendes Wasser zu werfen. Sofern man sie hierzulande ohne Weiteres erstehen kann.

Die meisten Zutaten allerdings wird man problemlos bekommen, insbesondere, wenn man eine gut sortierte Fischhandlung "greifbar" hat. Und es macht Freude, die bodenständige Küche Spaniens zu erkunden, oft deftig, eigentlich immer gesund, auch wenn Vegetarier sich wohl einige fleischlose Rezepte mehr wünschen würden. Toll sind auch die hierzulande eher wenig bekannten Desserts und Gebäckarten.

Eine wirkliche Freude sind neben den zahlreichen Rezepten die informativen, stimmungsvoll illustrierten Essays, die einen sehr authentischen Eindruck von der spanischen Ess- und Trinkkultur vermitteln und zudem mit spannender Historie aufwarten.

So ist dieses Kochbuch bei seiner Vielseitigkeit und dank der herrlichen Bebilderung zwar kein Ersatz für einen Spanien-Urlaub, aber eine gute Möglichkeit, die Zeit bis dahin zu überbrücken.

(Regina Károlyi; 12/2009)


Vicky Harris, John Newton: "Die Küche Spaniens"
Übersetzt von Helmut Ertl.
Dorling Kindersley, 2009. 296 Seiten.
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