Peter Sloterdijk: "Du mußt Dein Leben ändern"
Über Religion, Artistik und Anthropotechnik
Wider
das Schwimmen mit dem
Strom
Der Künder der anthropotechnischen Wende beschwört
das Gespenst der wiedergängerischen
Religion und sieht die "Zeichen der Zeit auf Revision und
Regreß"
stehen. Allerdings ist er gewillt sich diesem "Märchen
von der Rückkehr
der Religion nach dem 'Scheitern' der Aufklärung"
entgegenzustemmen.
Überhaupt möchte er statt von "Religionen" von "mißverstandenen
spirituellen Übungssystemen" sprechen und fordert im
Sinne
Wittgensteins dem "Geschwätz über Ethik"
ein Ende zu machen.
Der Mensch existiert zugegebenermaßen in materiellen,
symbolischen und
rituellen Verhältnissen, sein Leben addiert sich aus "Übungen"
- Sloterdijk definiert den Menschen als Lebewesen, das "aus
der
Wiederholung" entsteht. Er möchte mit einer "neuen
Sprache" eine "neue Optik" auf die
Ideengeschichte
gewinnen, welche für ihn nur ein "Asyl für
mißgeborene Begriffe"
darstellt. Sloterdijk möchte explizit machen, dass jeweils das
spätere Wissen
das bessere sei. Alle Lebensformen entwickeln ein Immunsystem
gegenüber
Bedrohungen, beim Menschen ergab sich daraus die Vorstellung einer
Transzendenz.
Juristische, militärische oder theologische Praktiken sind
letztlich nichts
Anderes als der Versuch, sich vor Verletzungen und Bedrohungen zu
schützen.
Sloterdijk möchte uns die Historie des homo
immunologicus vorführen und
beweisen, dass der Übergang von der Natur zur Kultur durch das
"übende
Leben" praktiziert wird.
Den Titel des vorliegenden Buches entlieh Sloterdijk aus
Rilkes
Gedicht
"Archaischer Torso Apollos". Hier wird die Vollkommenheit besungen als
Perfektion des Bruchstücks. Zudem schwingt hier die Frage mit,
ob uns die Natur
oder die Kunst die höherwertige Vollkommenheit beschert. Aus
dem Schlusssatz "Du
mußt dein Leben ändern" strömt "Orientierungsenergie"
- wobei Sloterdijk eine Erkenntnis von Nietzsche ableitet: "daß
es die
Hauptsache im Leben sei, die Nebensachen ernst zu nehmen."
Ein quasi
logisches Problem ergibt sich aus dem Phänomen "Torso" -
dieser
Begriff bezeichnet einen offensichtlichen oder nur scheinbaren (?)
Widerspruch,
bezeichnet er doch etwas Unvollendetes oder unvollständig
Erhaltenes. Die Idee
des Unvollendeten würde wohl ganz der Argumentationslinie
Sloterdijks
entsprechen, wohingegen das unvollständig Erhaltene bedeuten
würde, ja müsste,
dass schon einmal eine "Vollendung" aktualisiert gewesen sein
müsste!
Das hinwiederum würde bedeuten, dass man ein verloren
gegangenes Gesamtmodell
wiederherzustellen, zu restaurieren hätte. Das ist wohl aber
offensichtlich
nicht im Sinne Sloterdijks, weswegen die Verwendung bzw.
Instrumentalisierung
des Begriffs bzw. Phänomens "Torso" eher unvorsichtig war.
Mit dem etwas unappetitlichen Begriff "Krüppelanthropologie",
welchen er auf "Trotzanthropologie" abmildert,
erklärt
Sloterdijk unsere existenzielle Situation: "In ihr erscheint
der Mensch
als das Tier, das vorankommen muß, weil es von etwas
behindert wird."
Letztendlich landen wir bei einer "Philosophie des Trotzdem",
da der Mensch generell ein defizitäres Wesen ist, welches sich
gerne in
Hilfskonstruktionen flüchtet.
Nietzsche
hatte ja
dementsprechend die Metaphysik
als Symptom des Leidens an der Welt und als Hilfswerk zur Weltflucht
gedeutet.
Der Mensch existiert im Spannungsfeld zwischen Evolution (Natur) und
Innovation
(Kultur). Natürliche Prozesse verlaufen allmählich,
der Mensch möchte
beschleunigen. Der Mensch wird quasi vom Krüppel zum Athleten,
die Ausrichtung
des Denkens und Organisierens wird vertikal. Diese
Vertikalität kann einmal
bedeuten, dass der Mensch sich "höher" entwickeln
möchte, als es die
natürliche Evolution vorgesehen hat - zum Andern nimmt er
sozusagen den "Disput
mit Gott" (Foucault) auf. Dabei ist Philosophie nichts weiter
als ein "Exerzitium
der Existenz" - während Religion für
Sloterdijk ein "Amalgam
aus Rhetorik, Ritualistik und Administrativik unter gelegentlicher
Hinzunahme
von Akrobatik und Meditation" darstellt. Ludwig Binswanger
erkannte in
seiner Ibsen-Interpretation, dass sich die menschliche
Selbstverwirklichung im
gewöhnlichen Leben "in der polarischen
Bedeutungsrichtung von Enge und
Weite" (also horizontal) vollzieht, während die
geistige und künstlerische
Selbstverwirklichung sich "überwiegend in der
Dimension Tiefe und Höhe"
(also vertikal) vollzieht.
Dabei spielt die
Identität
eine wichtige Rolle, welche
Sloterdijk so definiert:
"Meine Identität besteht in dem Komplex meiner
unrevidierbaren persönlichen
und kulturellen Trägheiten." Der Mensch ist
nämlich in Gewohnheiten
verstrickt, wovon er sich trennen muss: "Erst in dieser
Absetzung
entdeckt sich der hochkulturelle Mensch als das gespaltene, das
gespiegelte, das
neben sich selbst versetzte Tier, das nicht bleiben kann, wie es war."
Indem der Mensch sich zu sich selbst ins Verhältnis setzen
kann, verspürt er
eben auch den Willen, sich horizontal und vertikal zu bewegen und zu
bestimmen.
Damit tritt er ein ins ethische Denken, er zieht sich auf sich
zurück und überwindet
sich zugleich. Dabei bildet sich ein Egoismus heraus, der die besten
menschlichen Möglichkeiten wirksam werden lässt.
Der Mensch entwickelt als Übender eine Zielgerichtetheit, die
für ihn z.B.
Virtuosität oder Erleuchtung bedeutet. Das Leben des Einzelnen
soll
exemplarisch werden als "Schema einer verallgemeinerbaren
Vollendungsgeschichte." Aus dem profanen Subjekt wird das
höhere
Selbst. Sloterdijk leistet sich das Vergnügen, "Zehn
Typen von
Lehrern" zu porträtieren, denen man in
unterschiedlichen Kulturen
nacheiferte bzw. nacheifert. Dabei unterscheidet er "fünf
Typen des
spirituellen Trainerwesens" (u.a. der Guru und der Philosoph)
und fünf
Typen von "pragmatischen bzw. artistischen Trainern"
(u.a. der
Athletentrainer und der Aufklärungsschriftsteller). Und so
begab und begibt
sich die Menschheit, eingeteilt in diverse Kultursegmente, auf den Weg
der
Nachahmung bzw. des Lernens und Übens - wobei Sloterdijk von
den alten Griechen
oder den Indern ebenso referiert wie von westeuropäischen
Erkenntnisphilosophen. Die Umfänglichkeit und Detailliertheit
der Beispiele,
die Sloterdijk anführt, ist schlichtweg beeindruckend und
sicherlich nur von
wenigen Eliteintellektuellen mitvollziehbar.
Sloterdijk möchte die Abhängigkeit von Gott und die
Selbstbestimmung des
Menschen nicht als Gegenpole akzeptieren. Die "menschliche
Totalitätspotenz"
aktualisiert sich - mit Nietzsche vollzieht sich "die
Transformation der
Metaphysik in Allgemeine Immunologie." Lernen birgt
für Sloterdijk
eine subversive, ja revolutionäre Energie. Existenz laviert
zwischen
Entwicklung und Wiederholung. Jedenfalls scheint Sloterdijks gesamte
Abhandlung
ein Plädoyer wider ein Schwimmen mit dem Strom zu sein.
Entsprechend liest man
dann: "Von der Neuzeit reden heißt somit die
kulturelle Erzeugung eines
allesdurchdringenden Reizklimas der Leistungssteigerung und der
Fähigkeitsentfaltung
zur Sprache bringen" - was sozusagen auf eine spirituelle Fitness
hinausläuft. Ebenso gehört es zur "List der
pädagogischen
Vernunft", durch Bildung sowohl integrationswillige als auch
kritische
Charaktere hervorzubringen. Eine "Tradition des
Übungsbewußtseins"
erkennt Sloterdijk in bestimmten künstlerischen Bereichen, wo
die "elaborierteste
Disziplin" auch für "Kulminationen des
Kunstgelingens"
sorgte. In der Gegenwart sieht er allerdings wie "die
allesinfiltrierende Massenkultur
aufgrund ihrer siegreichen Mischung
aus
Simplifikation, Respektlosigkeit und Unduldsamkeit jeder normativen
Vorstellung
von Höhe abgeneigt ist, erst recht von Höhen, an
denen sie sich messen
sollte." Das ist die Kehrseite der Ideologie "Jeder kann
alles" bzw. "Jeder kann alles erreichen" - und so reproduziert
sich auch das massenmediale Bewusstsein, dass die unbedarftesten
Dilettanten "Superstars"
werden könnten. Die Frage wird sein, wie weit sich eine
Nivellierung nach unten
selbst mit einem gewissen Erwartungsanspruch der Massenkonsumenten
vereinbaren
lassen wird.
Die Strategie der Moderne scheint es zu sein, das Leben "durch
Teilnahme
an aktuellen Künstlichkeiten zu verändern."
Die Frage nach Substanz
wird immer häufiger arrogant und aggressiv
zurückgewiesen. So ließe sich
schlicht beschreiben, was Sloterdijk die "Devertikalisierung
der
Existenz" nennt. Die absoluten (= aus der Vertikale
eingeforderten) Maßstäbe
gehen verlustig, man begnügt sich mit relativen (der
Horizontale entnommenen)
Kategorien. Das trifft sowohl auf ethische, als auch auf
ästhetische Kriterien
zu. Das dialektische Spannungsverhältnis von Weltverbesserung
und
Selbstverbesserung wird sukzessive aufgegeben - es kommt zu "flacheren
Ausprägungen von Aufklärung,
Fortschrittsdenken
und
Gutmenschentum",
es setzt sich ein Daseinsmodus durch, der sich "an Abbau von
Vertikalspannung und Passionsvermeidung" orientiert.
Andererseits
korrespondiert dazu eine zunehmende "freiwillige
Passivität",
die man positiv als Gelassenheit, negativ als Wurstigkeit bezeichnen
mag. Im
politischen Bereich scheint das Zeitalter der Revolutionen vorbei zu
sein, es
dominieren die Evolutionäre und Reformer.
Der Mensch ist weniger
von
Dämonen als vielmehr von
Automatismen besetzt: "Was
seine Vernunft trübt (...) ist die ewige Wiederkehr der
Klischees",
die Menschen werden "fleischgewordene Platitüden."
Allerdings
bemerkt Sloterdijk sozusagen trostvoll, der Mensch sei ein Lebewesen, "das
nicht nicht üben kann". Zwar bereitet man
ständig wie weiland
Brechts
Herr Keuner seinen nächsten Irrtum vor, interessant ist aber
auch, wie stark
Ethik
und "negative Habitualisierungen"
notwendigerweise
zusammenhängen - oder eben nicht. Der Mensch bewegt sich
zwischen einem Leiden
an Knappheit und der Ablehnung einer zu sehr erhöhten
Komplexität. Insgesamt
benennt Sloterdijk als die "fünf Hauptfronten der
Not: die materielle
Knappheit, den Lastcharakter des Daseins, den sexuellen Trieb, die
Entfremdung,
die Unfreiwilligkeit des Todes." Begehren und Resignation
wechseln sich
ab, das Problem besteht darin, dass allerdings Hoffnung und Entbehren
ethisch
besetzt sind.
Sloterdijk bedauert, dass heute zu viele "Akteure"
der
Geisteswissenschaften die "Formung eines
zukunftsfähigen
Zivilisationscodes dem Zufall und dem Fanatismus überlassen."
Und
schon wieder befinden wir uns in einem Dilemma: einerseits begegnen wir
geistigen Führern mit Misstrauen, andererseits machen wir
denen einen Vorwurf,
welche die geistige Führerschaft verweigern. Wohlgemerkt tut
Sloterdijk alles
Andere als sich zu verweigern: er kritisiert die gesamte
Geistesgeschichte mit
den allermeisten ihrer Exponenten. Dabei widmet er sich auch konkreten
Banalitäten
wie dem Zusammenwirken von Staat und Erziehungssystem. Der Staat
verlangt von
der Schule, "brauchbare Bürger zu liefern",
während es dieser
durchaus auch gelingt, "autonome
Persönlichkeiten
heranzubilden".
Allerdings wird die Effizienz des Schulsystems nach wie vor an der
gesellschaftlichen Verwertbarkeit des Schulabschlusses gemessen.
Die Moderne operiert mit den Mitteln der Therapien, sozialer Reformen
und der
Kreativität innerhalb eines relativ stabilen Systems. Die
Menschen werden
wieder "aus der Weltflüchtigkeit in die
Weltzugehörigkeit"
gedrängt. Laut Sloterdijk setzt sich insgesamt die Einsicht
durch, "daß
es so nicht weitergehen kann." Die heutzutage vielzitierte
Rückkehr
zur
"Religion" ist für Sloterdijk nichts Anderes als das
"Symptom
eines Unbehagens." Im Angesicht der globalen Krise behauptet
Sloterdijk: "Der Eine Gott und die Katastrophe haben mehr
miteinander
gemeinsam, als man bisher registrierte." Es gibt eben "kein
Menschenrecht auf Nicht-Überforderung", was sich
z.B. auch in dem von
Hans Jonas formulierten globalen Imperativ ausdrückt: "Handle
so, daß
die Wirkungen deines Handelns verträglich sind mit der
Permanenz echten
menschlichen Lebens auf Erden." Sloterdijk beschwört
die "globale
immunitäre Vernunft", die weitaus stärker
als aller philosophische
Idealismus und religiöse Monotheismus unser aller
Überleben auf der Erde
garantieren soll. Anstelle des Kapitalismus oder des Kommunismus
rückt
Sloterdijk den "Ko-Immunismus". Wie in all seinen
Büchern hat
Sloterdijk auch hier viel intellektuelles Herzblut investiert, um uns
wachzurütteln
- nur, wen erreicht er damit?! Seine Diktion ist leider viel zu
elitär, als
dass sie von der Allgemeinheit verstanden würde oder von der
Politik als
Handlungsanweisung verstanden werden könnte. Wenn er wirklich
erreichen möchte,
dass man auf ihn hört, müsste er wohl - da die
Hinaufqualifizierung der
Menschheit auf sein Bildungsniveau in absehbarer Zeit nicht zu leisten
sein wird
- die Summe seiner Grundeinsichten in kompatiblerer Sprache vermitteln.
Das wäre
eine heroische Leistung dieses wahrhaft größten
Praxisphilosophen der Moderne.
(KS; 04/2009)
Peter
Sloterdijk: "Du mußt Dein Leben ändern.
Über Religion, Artistik und Anthropotechnik"
Suhrkamp, 2009. 723 Seiten.
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Weitere
Buchtipps:
Peter Sloterdijk: "Sphären I. Blasen"
Peter Sloterdijk unternimmt in seinem auf drei Bände
angelegten Werk "Sphären"
nichts Geringeres als den Versuch, die Geschichte der Menschheit zu
erzählen.
Dabei geht er von der einfachen Frage aus: Wo leben die Menschen,
nachdem sie
wissen, dass sie auf einer Kugel, einem Globus, zu Hause sind? Um sich
einer
Beantwortung dieser Frage anzunähern, entwickelt Peter
Sloterdijk den Begriff
der Sphären und spannt einen faszinierenden,
perspektivenreichen Bogen von den
frühesten Kulturen bis in unser globales Zeitalter.
Das erste Buch dieser "Sphären"-Trilogie handelt von
mikrosphärischen
Größen, die Blasen genannt werden. Sie bilden die
Basismoleküle der starken
Beziehung.
Peter Sloterdijks Analyse macht sich an die noch nie unternommene
Aufgabe, das Epos der immer schon verlorenen und doch nie spurlos
getilgten
Zweieinigkeiten zu erzählen.
"Wir durchqueren, mit der Einsicht in unsere unvermeidliche
begriffliche
Hilflosigkeit als einzigem sicheren Begleiter, Landschaften des
prä-objektiven
Daseins und der vorgängigen Beziehungen. Auf der Durchreise
durch die
ausweichende Unterwelt der Innenwelt entfaltet sich, wie eine klingende
Landkarte, das phantomhafte Bild von einem flüssigen und
auratischen Universum
- ganz aus Resonanzen und Schwebstoffen gesponnen; in ihm bleibt die
Urgeschichte des Seelischen zu suchen." (Suhrkamp)
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Peter
Sloterdijk: "Sphären II. Globen"
Mit dem zweiten Buch der "Sphären", Globen", wird eine
Geschichte der politischen Welt aufgeblättert anhand der
morphologischen
Leitbilder der Kugel und des Globus.
Peter Sloterdijk zeigt, dass alle bisherigen
Äußerungen zur
Globalisierung
unter Kurzsichtigkeit leiden. Für ihn beginnt Globalisierung
bei den Griechen,
bei denen das Weltganze durch die Gestalt der Kugel
repräsentiert ist. Die
Kugel liegt auch den Ordnungsvorstellungen der vor-modernen Imperien
zugrunde.
An deren Stelle tritt, mit der
Entdeckung
Amerikas und den ersten
Weltumsegelungen, der Globus. Diese zweite wird gegenwärtig
durch eine dritte
Globalisierung abgelöst, da die generelle Virtualität
aller Verhältnisse zu
einer Raumkrise führt.
Peter Sloterdijk erzählt somit die wahre Geschichte der
Globalisierung - von
der Geometrisierung des Himmels bei Platon
und Aristoteles bis zur
Umrundung der
letzten Kugel, der Erde,
durch Schiffe, Kapitale und Signale. (Suhrkamp)
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Peter
Sloterdijk: "Sphären III. Schäume"
Mit dem Band "Schäume" hat Peter Sloterdijk den dreiteiligen
Versuch
seiner neuen Erzählung der Geschichte der Menschheit vollendet.
Der anthropologische und der Trilogie den Titel gebende Begriff der
Sphäre
verweist auf die Leitthese des Autors, wonach das Leben eine Formsache
ist. "Sie
suggeriert, dass Leben, Sphärenbilden und Denken verschiedene
Ausdrücke für
dasselbe sind."
Der 1998 erschienene Band "Blasen" rekonstruiert, wie durch das nahe
Zusammen-Sein von Menschen mit Menschen ein Intérieur
besonderer Art gestiftet
wird. Der Akzent im ersten Band der "Sphären" wird auf die
These
gesetzt, dass das Paar gegenüber dem Individuum die
wirklichere Größe
darstellt. Im philosophischen Roman "Globen" (1999) wird
erzählt, wie
das klassische metaphysische Denken als Kontemplation des
großen runden Ganzen
auf die Welt, den Globus, ausgreift und gleich mehrere Formen der
Globalisierung
in Gang setzt.
"Schäume" nun bietet eine philosophische Theorie des
gegenwärtigen
Zeitalters unter dem Gesichtspunkt, dass das Leben sich multifokal
entfaltet.
Das heitere Denkbild Schaum dient dazu, den Pluralismus der
Welterfindungen
wiederzugewinnen und damit eine philosophisch-anthropologische Deutung
des
modernen Individualismus zu formulieren, die über die
bestehenden
Beschreibungen hinausreicht. "Schäume" beantwortet zugleich
die
Frage, wie das Band beschaffen ist, das die Einzelnen zu dem
zusammenfasst, was
die soziologische Tradition die "Gesellschaft" nennt.
Aufgrund seiner Beschäftigung mit den drängendsten
Fragen ist es möglich, mit
dem dritten Teil von "Sphären" zu beginnen, als ob er der
erste
wäre. Er ist es in gewisser Hinsicht tatsächlich.
(Suhrkamp)
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Koenraad
Hemelsoet, Marc Jongen, Sjoerd van
Tuinen (Hrsg.): "Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter
Sloterdijk"
Gleichsam im Schatten seiner massenmedialen Präsenz baut Peter
Sloterdijk an
einem philosophischen Werk, das - weit davon entfernt, abgeschlossen zu
sein -
in Umrissen als komplexes Ganzes sichtbar zu werden beginnt.
Der Band versammelt erstmals Essays herausragender Intellektueller aus
dem
deutschsprachigen und internationalen Raum, die sich von Sloterdijks
philosophischer Erhellung unserer Gegenwart inspiriert zeigen und von
den
unterschiedlichsten disziplinären und persönlichen
Blickwinkeln aus
theoretische Tangenten an sein Werk anlegen.
Entsprechend der Breite des Sloterdijkschen Werks beschäftigen
sich die Autoren
mit philosophischen, politologischen, sozio- und psychologischen sowie
gegenwartsdiagnostischen Fragestellungen und nehmen dabei auf
sämtliche
Hauptwerke des Philosophen Bezug: von der "Kritik der zynischen
Vernunft"
(1983) über die "Sphären"-Triologie (1998-2004) und
"Im Weltinnenraum des
Kapitals" (2005) bis hin
zu
"Zorn und Zeit" (2006) sowie dem 2009 erscheinenden Buch
über
Anthropotechnik "Du mußt dein Leben ändern".
Essays mit strikter Referenz auf Peter Sloterdijk sind ebenso vertreten
wie
Texte, die aufgrund seiner Anregungen an Sachthemen weiterdenken.
Mit Beiträgen von: Dirk Baecker, Bazon Brock, Boris Groys,
Hans Ulrich
Gumbrecht, Hans-Jürgen Heinrichs, Bruno Latour,
Konrad
Paul Liessmann, Heiner Mühlmann, Raimar Zons u.v.A.
(Wilhelm Fink Verlag)
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Peter Sloterdijk: "Das Schelling-Projekt" zur Rezension ...
Peter Sloterdijk: "Ausgewählte Übertreibungen"
Gespräche und Interviews 1993-2012
Schon zu Beginn der 1980er-Jahre zeichnet Peter Sloterdijk jene
Gestalt, die sein Werk und sein Wirken in der Öffentlichkeit am
treffendsten charakterisiert: den Denker auf der Bühne. Der
Anspruch, den er damit verbindet, besteht darin, die theoretische
Grundeinstellung der aufklärerischen Philosophie zu
überwinden und ihr zu einem neuen reflexiv-praktischen
Grundverständnis zu verhelfen.
Sein Anliegen ist es, ein neues Verständnis der Welt und die
daraus resultierende Umgestaltung der Verhältnisse durch Dialoge
mit der Öffentlichkeit plausibel zu machen und zu befördern.
Dies gelingt ihm auf unnachahmliche Weise in zahlreichen gleichsam
klugen und unterhaltsamen Gesprächen.
Aus diesem Grund bilden die hier versammelten mehr als fünfzig
Interviews aus fast dreißig Jahren den Kern des Sloterdijkschen
Agierens. Seine Dialoge in und mit der Öffentlichkeit handeln vom
Doping und der doxa, von
Gott und der
Welt,
vom Design und dem Dogma. Hier ist nachzulesen, wie Peter Sloterdijk
die philosophische Tradition und deren neueste Strömungen
beurteilt, welche Diagnosen er dem Zeitgeist stellt, wie
alltägliche Phänomene durch eine überraschende
Perspektivierung einen völlig neuen Sinn erhalten.
Für alle Leser, die Peter Sloterdijk kennen oder kennenlernen
wollen, bieten diese Dialoge eine ebenso aufschlussreiche wie
überraschende und zugleich amüsante Lektüre der
geistigen und politischen Ereignisse der letzten drei Jahrzehnte.
(Suhrkamp)
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