Ilkka Remes: "Hochzeitsflug"
Der
Gehirnforscher Dr. Christian Brück freut sich auf seine
Hochzeit mit der Künstlerin Tina Carabella, die in Deutschland
stattfinden soll. Tina fliegt zuerst nach Frankfurt - und verschwindet.
Doch nicht nur Tina ist verschwunden, sondern sämtliche
Passagiere des Fluges, der plötzlich vom Radar verschwand und
vermutlich abstürzte, werden vermisst. Christian
Brück fühlt sich zunächst gelähmt,
doch die mangelnde Informationsbereitschaft der Fluggesellschaft und
der Polizei geben ihm zu denken, und schließlich macht sich
Christian, begleitet von Rebecca, deren Mann in der verschollenen
Maschine saß, selbst auf den Weg nach Montenegro, um mehr
über den Verbleib der Maschine und der Passagiere zu erfahren.
Am Zielort angekommen, bietet einer der Anwohner Christian und Rebecca
gestohlenes Material an: Handgepäck der Passagiere - und
Christian entdeckt Tinas Tasche. Nicht nur das, sondern auch eine
Videocassette ist dabei, die möglicherweise mehr über
den Hergang des Absturzes verraten kann.
Doch die Cassette ist es, die auch dafür sorgt, dass Christian
und Rebecca in Lebensgefahr schweben, noch bevor sie überhaupt
sehen können, was sich darauf befindet. Irgendwer hat ein
großes Interesse daran, die Cassette verschwinden zu lassen -
und mit ihr jeden, der von ihr weiß.
Der originale Klappentext des Buches ist leider spärlich
formuliert und weckt eher geringes Interesse an der Lektüre
dieses Thrillers. Bedauerlich, denn das Lesen lohnt
sich.
Ilkka Remes gilt zwar ohnehin mittlerweile international als
erfolgreicher Thrillerautor, doch dieser Roman ist
insofern schon etwas Besonderes, weil er zu Remes’ ersten
Werken zählt (im Original sein fünftes
veröffentlichtes Buch).
Remes erzählt in sehr hohem Tempo, so dass der Leser schnell
mitgerissen wird und mit dem Protagonisten durch die mehr als
vierhundert Seiten fegt, ohne so genau zu wissen, was eigentlich
geschieht. Da geht es dem Leser nämlich nicht anders als
Christian Brück: Wer ist hinter der Cassette her und warum?
Remes hält sich diesbezüglich sehr bedeckt, weshalb
es umso erstaunlicher ist, dass die Geschichte den Leser bis zum er-
und auflösenden Schluss bei der Stange hält.
Neben der hohen Spannung, die der Roman bereithält, ist es
einmal mehr das Internationale, mit dem der Autor zu begeistern
weiß. Ob
Finnland, Deutschland,
Frankreich, USA oder
Montenegro, alles wirkt authentisch, selbst im Detail. Diese
Beschreibungen, die auch in Einzelheiten Identifikationspotenzial in
sich bergen, sind ein wahrer Genuss und für Remes im Grunde
sogar schon etwas Typisches.
Ein wenig irritierend ist die Tatsache, dass im Roman selbst der
Jugoslawienkonflikt zeitlich kaum zurück liegt und immer
wieder die gute alte Deutsche Mark erwähnt wird. Dies sind
eben Tücken, die bei einem erst acht Jahre nach dem Erscheinen
im Original ins Deutsche übersetzten Buch auftreten
können - aber man gewöhnt sich rasch daran. Auch an
den Stellenwert von Telefonzellen gegenüber Mobiltelefonen hat
man sich schnell erinnert.
Zugegeben, bei aller Spannung gibt es durchaus auch einige
Mängel im Roman. Ein paar Dinge bleiben ungeklärt
oder nicht zu hundert Prozent nachvollziehbar, und die Motivation sowie
Handlung in mancher Szene ist ein wenig fragwürdig. Auch vor
"Deus ex machina" ist Remes in diesem Werk nicht
zurückgeschreckt, so dass wie aus dem Nichts
plötzlich Verbündete auftauchen. Aber sei es drum.
Bei dem angeschlagenen Tempo bemerkt man diese Schnitzer kaum und
selbst, wenn doch, so hat man sie einige Seiten weiter schon wieder
vergessen.
Wer Thriller mag, sollte diesen Roman unbedingt
lesen. Belohnt wird man mit Kurzweil, Tempo, Spannung und einem
insgesamt angenehm zu lesenden, kosmopolitischen Thriller.
(Tanja Thome; 04/2009)
Ilkka
Remes: "Hochzeitsflug"
(Originaltitel "Uhrilento")
Aus dem Finnischen von Stefan Moster.
dtv, 2009. 444 Seiten.
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