Manjit Kumar: "Quanten"
Einstein, Bohr und die große Debatte über das Wesen der Wirklichkeit
Quantenkönige
vs. Physikpäpste
"Kurz zusammengefasst kann ich die ganze Tat als einen Akt der
Verzweiflung bezeichnen." (Max
Planck)
"Es war, wie wenn einem der Boden unter den
Füßen weggezogen worden wäre,
ohne dass sich irgendwo fester Grund zeigte, auf dem man hätte
bauen können."
(Albert Einstein)
"Wer von der Quantentheorie nicht schockiert ist, der hat sie
nicht
verstanden." (Niels Bohr)
Die drei Zitate läuten das großartige Buch Manjit
Kumars, eines in London
lebenden Physikers und Philosophen, ein. Und sie zeigen, dass sogar
solch große
Physiker, die die Geburtsstunde der Quantentheorie initiierten, von
selbiger
irritiert waren. Doch so widersprüchlich wie sie ist, geht von
dieser
revolutionären neuen Theorie des 20. Jahrhunderts - neben Einsteins
Relativitätstheorie - eine unglaubliche Faszination
aus. Die Quantentheorie
hat unser Verständnis von der Realität revolutioniert.
Mikroobjekte verhalten sich nicht so, wie wir es von Makroobjekten
gewohnt sind:
Sie besitzen weder Ort noch Weg, können miteinander
verschränkt sein und in
mehreren Zuständen gleichzeitig existieren. Elektronen
umkreisen, wie vielfach
noch vermittelt, den Atomkern nicht, sondern sie scheinen wolkenartig
auf
diffusen Bahnen um den Kern zu verschwimmen. Ihren Aufenthaltsort und
ihre
Geschwindigkeit kann man gleichzeitig nicht bestimmen. Alles ist diffus
und
unscharf. Einstein erinnerte diese Theorie "ein wenig an das
aus
zusammenhanglosen Gedankenelementen zusammengeschusterte Wahnsystem
eines außerordentlich
intelligenten Paranoikers." Doch ohne das Quant sähe
die Welt, in der
wir leben, ganz anders aus. Die Quantenmechanik treibt die moderne Welt
an und
formt sie. Die sonderbaren Eigenschaften der kleinsten Bausteine der
Materie
sind die Grundlage für viele technische Geräte, die
wir im Alltag benutzen
(werden) - "vom Computer bis zur Waschmaschine, vom Handy bis
zu den
Kernwaffen", berichtet der Autor.
Kumar nimmt den Leser auf einen überaus interessanten
Streifzug mit, beginnend
von der Vorstellung der revolutionären Quantentheorie im Jahr
1900 durch Max
Planck. Auf seinen "Zug" sprangen nach und nach die großen
physikalischen Forscher auf: Einstein, Bohr, de Broglie,
Pauli, Heisenberg,
Schrödinger
und Dirac. Sie sollten diese radikale wissenschaftliche Idee bei mehr
als nur
einer kontroversen Debatte ständig auf den Prüfstein
legen.
"Quanten" ist jedoch keineswegs nur ein hochwissenschaftlicher Diskurs
für Fachleute, sondern Kumar erzählt in charmantem
"Plauderton",
spannend und anschaulich eine überaus menschliche Geschichte
von Freundschaften
aber auch Rivalitäten, von Emotionen und nüchternen
Betrachtungen, von
genialen Ideen und fatalen Fehlern. Kernpunkt des Buches ist die
jahrzehntelange
Auseinandersetzung zwischen dem dänischen Physiker Niels Bohr
und Albert
Einstein, dessen Aussage "Gott würfelt nicht"
legendär ist.
Manjit Kumar gelingt es mit unglaublich großem Talent und
anhand vieler
bildlicher Vergleiche, das komplexe Thema der Quantentheorie,
eines der spannendsten Kapitel der Wissenschaftsgeschichte, dem
interessierten
Laien näher zu bringen. Eine ausführliche Zeittafel
und ein Glossar ergänzen
dieses ausgezeichnete Buch.
(Heike Geilen; 09/2009)
Manjit
Kumar: "Quanten. Einstein, Bohr
und die große Debatte über das Wesen der
Wirklichkeit"
(Originaltitel "Quantum")
Übersetzt von Hainer Kober.
Berlin Verlag, 2009. 540 Seiten.
Buch
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