Hideo Okuda: "Die seltsamen Methoden des Dr. Irabu"


Japanische Geschichten aus der Psychotherapie

Dr. Ibaru ist Chefpsychiater einer neurologischen Abteilung eines etwas abgelegenen Krankenhauses, das irgendwie direkt mit seiner Familie in Verbindung zu stehen scheint. Hier arbeitet der ziemlich groß gewachsene und korpulente Japaner mehr oder weniger im Verborgenen, nur unterstützt durch eine oft sehr gelangweilt wirkende Krankenschwester. Niemand weiß wirklich viel über ihn, und das scheint auch mit einer der Gründe für seine Behandlungserfolge zu sein.

Da wäre zum Beispiel zunächst die Geschichte mit dem Trapezkunstgruppenleiter, der nach der Kommerzialisierung der japanischen Zirkuswelt Probleme damit hat, sich in den neuen Strukturen zurechtzufinden. Ihm sollen nicht nur diverse Spritzen bei seinen Problemen helfen, sondern auch der Anblick seines Psychiaters, der mit seinen über zwei Zentnern Lebensgewicht versucht, selbst am Trapez zu arbeiten - oder auch nicht.

Ein Yakuza beginnt Ängste vor scharfen und/oder spitzen Gegenständen zu entwickeln, und das ist in seinem Beruf nun wirklich nicht die beste Voraussetzung, um weiterzukommen. Aber ist eine Therapie, bei der ständig längere und dickere Nadeln in einen hineingestochen werden, während man irgendwie fixiert wurde, wirklich das Richtige in so einem Fall? Das ist eine große Frage, die man sich schon mit Verstand stellen sollte.

Auch der Baseballprofi, der plötzlich keinen geraden Ball mehr werfen kann, hat Probleme damit, sich mit Dr. Ibarus Methoden auszusöhnen, genau wie einer seiner ehemaligen Studienkollegen oder auch eine erfolgreiche Schriftstellerin, die lieber etwas Anderes schreiben würde als das, was ihre Verleger von ihr erwarten. Sie alle fragen sich regelmäßig, sobald sie in die Fänge des Dr. Ibaru geraten sind, ob die Kur nicht eventuell schlimmer ist als die Krankheit.

Psychiatrie und Psychologie in asiatischen Ländern läuft häufig nach anderen Mustern ab, als wir es im Westen gewohnt sind, und das liegt nicht nur daran, dass die Methoden an die anderen Kulturkreise angepasst wurden, sondern auch daran, dass viele Dinge auf anderen theoretischen und philosophischen Grundlagen beruhen. Dies erklärt wohl, warum einem westlichen Leser an diesem Buch so Einiges sonderbar vorkommen wird. Aber selbst wenn man das berücksichtigt, erscheinen die Figuren des Dr. Ibaru und seiner Gehilfin schon sehr ungewöhnlich, wobei sie aber leider auch in ihrer Darstellung ziemlich oberflächlich bleiben.
Die Dinge, die man in den einzelnen Geschichten wiedererkennt, sind relativ platt und sehr stereotyp, so dass diese verbindenden Charaktere eigentlich nie tatsächlich zu Charakteren werden. Was vielleicht Absicht ist, denn dadurch stehen die Fallgeschichten im Vordergrund. Das mag man nun gut finden oder auch nicht, es ist bei der Lektüre schon irritierend. Tatsächlich wären die Fallgeschichten ohne diese beiden Charaktere vielleicht sogar noch interessanter gewesen.

Conclusio:
Eine interessante Erfahrung, die ich persönlich aber nicht durch den Erwerb eines weiteren Bandes wiederholen werde.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2009)


Hideo Okuda: "Die seltsamen Methoden des Dr. Irabu"
(Originaltitel "Kuuchuu buranko / Das Trapez")
Aus dem Japanischen von Matthias Pfeifer.
btb, 2007. 236 Seiten.
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Hideo Okuda wurde 1959 in der Präfektur Gifu geboren. Bevor er die schriftstellerische Karriere einschlug, war er als Werbetexter und Redakteur tätig. 2001 erhielt er den japanischen Krimipreis, den "Oyabu-Haruhiko-Preis". Für das vorliegende Buch erhielt er 2004 den "Naoki-Preis".

Ein weiteres Buch des Autors:

"Die japanische Couch. Neue Geschichten aus der Praxis des Dr. Irabu"

Fünf neue Fälle für den eigenwilligen japanischen Psychiater Dr. Irabu: Ein Redakteur in der Lebensmittenkrise, für den alles, was er anpackt, zur Obsession wird. Ein betrogener Ehemann, der die Trennung von seiner Frau nicht überwinden kann. Eine junge Frau, die um jeden Preis ins Showgeschäft will. Ein kleiner Junge, der süchtig ist nach seinem Mobiltelefon. Und ein Reporter, dessen übertriebenes Verantwortungsbewusstsein Zwangsvorstellungen hervorruft. Sie alle landen in der Praxis von Dr. Irabu, der sie mit seinen ungewöhnlichen Methoden therapiert.
Dr. Irabu ist Kult in Japan - einige der Kurzgeschichten wurden bereits verfilmt. (btb)
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