Ross King: "Machiavelli"
Philosoph der Macht
Auf
der Suche nach dem echten Machiavelli
Der 1962 geborene Kanadier Ross King studierte Literatur und
Kunstgeschichte in London und Toronto. Im englischen Sprachraum machte
er sich einen Namen mit einer Reihe historischer Monografien, die auch
im Begriff sind, den deutschsprachigen Markt zu erobern. Die
italienische Renaissance, heißt es im
Umschlagstext, sei die Leidenschaft Ross Kings. Leidenschaft ist ein
großes Wort, doch wer einmal ein wenig tiefer
in
die Zeit der
italienischen Renaissance eintauchte und der intellektuellen
Leidenschaft fähig ist, kann dies durchaus nachvollziehen.
Bei Machiavelli handelt es sich um eine jener historischen Figuren, die
einerseits in aller Munde sind, deren öffentliche Wahrnehmung
andererseits aber einem Zerrbild näherkommt als dem Original.
Das rührt wohl auch daher, dass beispielsweise Cromwell,
Napoleon
und Hitler
sich dazu bekannten, Machiavelli studiert zu haben.
Doch ist das hinreichend für Machiavellis schlechten Ruf?
Gewissermaßen die Krönung dieser
Fehleinschätzungen begegnete dem Rezensenten übrigens
vor Kurzem in einer Biografie Carl Schmitts, in der Bezug genommen
wurde auf den Historiker Hans Freyer, der sich während des
Dritten Reiches sogar dazu verstiegen haben soll, Hitler in seiner
Machiavelli-Biografie in Machiavelli selbst literarisch gespiegelt zu
haben. Doch wer war dieser Mann, der als geradezu
rücksichtsloser Theoretiker und Apologet der Macht gehandelt
wird?
In media vitae beginnt das erste Kapitel im 30. Lebensjahr Machiavellis
mit dem Tode Fra Savonarolas im Mai 1498, dessen Gottesstaat den
Florentinern am Ende dann doch ein wenig zu weit gegangen war. Und so
taucht man in die Welt des späten venezianischen Quattrocento
und frühen Cinquecento ein.
Der am 3. Mai 1469 geborene Machiavelli erhielt eine umfassende
humanistische Bildung, die auch der Zeit angemessen die sieben Freien
Künste umfasste. Von 1498 bis 1512 war er
Staatssekretär in Diensten der Republik Florenz und mit
Aufgaben der Verteidigung sowie mit diplomatischen Diensten betraut.
Die Rückkehr Giuliano de' Medicis im Jahre 1512 bedeutete
jedoch das Ende von Machiavellis aktiver politischer Laufbahn. Im
November 1512 "wurde ihm sogar für ein ganzes Jahr
untersagt, einen Fuß in den Palazzo della Signoria zu setzen",
während ihm gleichzeitig auch verboten war, das Florentinische
Herrschaftsgebiet zu verlassen. Im Februar 1513 wurde er inhaftiert,
wohl auch gefoltert, und drei Wochen später im Rahmen einer
Generalamnestie anlässlich Giulianos Papstwahl entlassen. Im
April verließ er Florenz und begab sich auf sein Gut in
Percussina. Dort verfasste er seine Hauptwerke und wurde auch hin und
wieder mit politischen Aufträgen betraut. 1527 verstarb er
58-jährig. Es gehört auch zu der Vita des
Machiavelli, dass dieser nicht nur in staubigen Amtsstuben und
Arbeitszimmern verweilte, sondern auch in Kneipen und
Bordellen
anzutreffen war.
Es ist dem Autor gelungen, Machiavelli im Kontext seiner Zeit zu
schildern. Schon die relative Ruhe zu Zeiten
Lorenzos war einem
fragilen Gleichgewicht geschuldet, das immer wieder durch kleinere
militärische Auseinandersetzungen unterbrochen wurde. Da der
Vatikan jedoch während einmütiger Phasen nicht
gedieh, verbündete er sich regelmäßig mit
ausländischen Kräften, um die Harmonie aufzubrechen.
Doch spätestens 1494 zerbrachen mit dem Einmarsch der
Franzosen die lokalen Allianzen. Dass Friede eine notwendige Bedingung
von Ruhe und allgemeinem Wohlstand war, wusste Machiavelli schon ein
Jahrhundert vor Hobbes. Und so muss man den Doktrinen des Machiavelli
stets voranstellen: Wenn Krieg oder Unrecht herrschen, dann ...
Insofern kann man Machiavelli wohl als friedfertigen Republikaner
betrachten. Da Frieden in der Republik Florenz jedoch nie von Dauer
war, enthielt sein politisches Konzept auch Verhaltensregeln
für den Fall kriegerischer Auseinandersetzungen, und nur die
haben im öffentlichen Bewusstsein überlebt.
Fazit:
Es stellt sich durchaus die Frage, ob man in Sachen Machiavelli eine
tiefschürfende Werkschau und eine authentische Biografie
zusammen in einem Opus präsentieren kann. Möchte man
die Werkschau, muss man, wie Münkler das tat, bei den Eleaten
anfangen und darf erst in der Neuzeit enden. Will man hingegen die
Biografie dieses Mannes schreiben, so muss man ihm gelegentlich auch
auf seinen nächtlichen Ab- und Umwegen folgen. Und beides
zusammen dürfte zwischen zwei Buchdeckeln kaum gelingen. So
haben wir in der deutschsprachigen Buchwelt das Glück,
Herfried Münklers brillante philosophische Analyse lesen zu
können und Ross King bei seinen persönlichen und
ereignisgeschichtlichen Streifzügen durch die Welt
Machiavellis folgen zu dürfen. Münkler interessiert
sich kaum für den Menschen hinter den Machiavelli'schen Ideen,
und Ross schwächelt ein wenig hinsichtlich des Opus und seiner
geistesgeschichtlichen Einordnung. Ein Rezensent des britischen "Independent"
begrüßte es allerdings auch, dass der Autor es
vermied, den Haufen der
Machiavelli'schen Interpretationen zu vergrößern.
Vielleicht ist das Fehlen geistesgeschichtlicher Momente dem englischen
Markt geschuldet.
Solange das umfassende und alles überragende Machiavelli-Buch
noch immer seines Autors zu harren scheint und dies vielleicht auch
muss, erfordert eine Annäherung an den facettenreichen
Florentiner einen persönlichen Leseplan, dessen biografischen
Teil man allerdings getrost Ross King und dem vorliegenden Band
anvertrauen darf.
Das Buch umfasst 288 Seiten und enthält 14 monochrome
Abbildungen. Der Anhang ergänzt mit Anmerkungen, Zeittafel,
Literaturhinweisen, Bildnachweis sowie einem Personenregister.
(Klaus Prinz; 10/2009)
Ross
King: "Machiavelli. Philosoph der Macht"
(Originaltitel "Machiavelli")
Deutsch von Stefanie Kremer.
Albrecht Knaus Verlag, 2009. 288 Seiten.
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Skrupellosigkeit, bemühen sich die Anderen um deutliche
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(Fischer)
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Die weltberühmten Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle im
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ihre Entstehung einer erbittert geführten Auseinandersetzung
zwischen dem
Auftraggeber Papst Julius II. und dem genialen Künstler
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Fünf Jahre lang recherchierte Ross King die Geschichte dieses
Kunstwerks, das
den Betrachter bis heute fesselt und seinen Schöpfer
unsterblich machte. (Pantheon)
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Ross
King: "Zum Frühstück ins Freie. Manet, Monet
und die Ursprünge der modernen Malerei"
In der Manier eines Romanciers und mit dem Scharfsinn eines Historikers
bringt
Ross King dem Leser die großen französischen Maler
des 19. Jahrhunderts nahe.
Einst als "Impressionisten" geschmäht, gehören sie
heute zu den
wichtigsten Künstlern der Moderne, ihre Werke erzielen
Rekordsummen auf
Auktionen. Ross King erzählt anschaulich von ihren
Kämpfen, ihren Niederlagen
und späten Triumphen und malt das facettenreiche
Gesellschaftsbild einer Zeit
im Umbruch. (btb)
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