Lin Jun: "Mein deutscher Geliebter"
Deutschland
ist aus vielerlei Gründen
für die Chinesen wichtig, und das ist auch einer der
Gründe, warum man in den
letzten Jahren immer mehr von ihnen auf deutschen Straßen
antrifft. Sie haben
ihre ganz eigene Einstellung zu Deutschland und den Deutschen, den
Einwohnern
von De Guo (dem Land der Tugend).
Lin AnAn hatte darüber nie sonderlich viel nachgedacht, bevor
sie sich
entschied ihr heimatliches Schanghai zu verlassen und zum Studieren
nach
Deutschland zu gehen. Aus verschiedenen Gründen musste sie
China den Rücken
kehren, und in Deutschland war es damals noch möglich ohne
Bezahlung von
Studiengebühren zu studieren, was es gegenüber
England wesentlich attraktiver
machte. Außerdem hatte ihr eine Wahrsagerin mitgeteilt, dass
sich ihr Leben
fern von Zuhause erfüllen werde.
Nach einem erfolgreichen Studium und dem Erhalt einer Anstellung ist
sie nun
unter dem Namens Vivian eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben und
auch mit
der Tatsache, dass sich ihre Beziehungen zum anderen Geschlecht fast
ausschließlich
auf das Geschlechtliche beziehen, was sie sehr pragmatisch handhabt -
sehr zum
Leidwesen der Männer, die sich in sie verliebt zu haben
glauben. Und auch
teilweise zum Neid ihrer deutschen Geschlechtsgenossinnen. Doch dann
lernt sie
Max kennen, und der weigert sich, sie wie eine exotische asiatische
Blume zu
behandeln - was sie irritiert, genau wie die neuartigen
Gefühle, die sie auf
einmal empfindet und die ihr ganzes Leben auf den Kopf zu stellen
scheinen.
Und so entwickelt sich die Beziehung zwischen Max und Vivian,
während zwischen
die in Ich-Form geschriebenen Passagen immer wieder personal
erzählte Rückblicke
auf Lin AnAns Leben eingeschoben sind, die zeigen, wie sie aufgewachsen
ist und
was sie bewegt hat, in Deutschland jenes Leben zu führen, das
sie schließlich
da führt.
Das Buch schlägt ab der ersten ernsthaften
Beschäftigung mit Lin AnAn einen
seriöse Weg ein und ist dabei zwar schon eine Beschreibung
eines chinesischen
Lebensweges, vor allen Dingen aber eine Betrachtung der Frage, was
Liebe denn überhaupt
ist. Unterschieden wird hierbei zwischen Freundesliebe, Eltern- und
Kinderliebe
und Partnerliebe, und einfache Antworten finden sich auf den Buchseiten
eher
nicht. Überdies ist "Mein deutscher Geliebter" auch
gleichzeitig die
Darstellung des Befreiungswegs einer Frau, die aus sehr unfreien
Grundvoraussetzungen schöpfen musste.
Fazit:
Ein nicht nur für
Asien-Liebhaber lesenswerter Roman.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2009)
Lin
Jun: "Mein deutscher Geliebter"
Droemer, 2009. 381 Seiten.
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Lin
Jun, 1973 in China geboren,
studierte Germanistik an der Wuhan-Universität. Sie arbeitete
als Ausschenkerin,
Dolmetscherin und Übersetzerin, bis sie 1997 nach Deutschland
auswanderte. Lin
Jun ist in der freien Wirtschaft tätig und lebt in Freiburg.
"Mein
deutscher Geliebter" ist ihr erster Roman.
Weitere Buchtipps:
Yu Chien Kuan, Petra Häring-Kuan: "Die
Langnasen. Was die Chinesen über uns Deutsche denken"
Mit einem Geleitwort von Helmut Schmidt.
Nach ihrem erfolgreichen Buch "Der China-Knigge", der
"Gebrauchsanweisung"
für das Reich der Mitte, wagen die Autoren mit diesem Buch
einen interessanten
Perspektivwechsel: Wie wirken die Deutschen eigentlich auf die
Chinesen? Was
denken sie über die "Langnasen"?
Das Autorenpaar Yu-Chien Kuan und Petra Häring-Kuan ist in
beiden Kulturen zu
Hause. Die Beiden beschreiben ganz konkret, wie die Chinesen die
Deutschen
einschätzen: was sie an ihnen mögen, vielleicht auch
bewundern, was sie an
ihnen merkwürdig oder gar ärgerlich finden. Dieser
Blick aus der
entgegengesetzten Richtung verrät den Deutschen nicht nur viel
über sie
selbst, sondern auch über die Chinesen und ihre Kultur. Wer
wirklich über
China Bescheid wissen will, findet in diesem Buch
überraschende und
aufschlussreiche Einsichten. (Fischer Taschenbuch Verlag)
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Klaus Brill: "Deutsche
Eiche, made in China.
Die Globalisierung am Beispiel eines deutschen Dorfes"
Die
Globalisierung lässt sich im kleinen
Maßstab am besten verstehen:
lebensnah, konkret, menschlich. Am Beispiel eines typischen deutschen
Dorfes
zeigt Klaus Brill, langjähriger Auslandskorrespondent der
"Süddeutschen
Zeitung", die "Globalisierung im Kleinen".
Denn mit den wachsenden weltweiten Informations- und
Warenströmen greift ein
neues Nomadentum um sich, und der Unterschied zwischen Stadt und Land
verringert
sich. Geschäfte, Gasthäuser, Schulen und sogar
Kirchen schließen, die
Vereinskultur schläft mangels Mitgliedern ein -
wodurch regionale
Eigenheiten und Identitäten bedroht sind. Ein
Phänomen, das sich weltweit
beobachten lässt. Dabei könnte das lebendige Dorf
für viele typische Probleme
der Globalisierung beispielhafte Lösungsansätze
bieten: Bürgerinitiativen und
ehrenamtliches Engagement sind im Dorf selbstverständlich; ein
Geflecht von
Gegenseitigkeit und persönlichen Kontakten ermöglicht
bessere Integration; die
aktive Vereinskultur verhindert Vereinzelung und bietet Jugendlichen
ein
soziales Umfeld.
Klaus Brill nimmt beispielhaft ein Dorf im seit Jahrhunderten
europäisch
vernetzten Saarland unter die Lupe, setzt das Lokale in Bezug zum
Internationalen und zeigt, dass dem Dorf, das schon lange keine
isolierte
Provinz mehr ist, auch heute noch eine zivilisatorische Stärke
innewohnt, von
der die ganze Gesellschaft profitieren kann.
Der unbeachtete Kontinent auf dem vernetzten Globus: die Welt der
Dörfer,
Keimzelle der Zivilisation. (Blessing)
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