Hauke Brunkhorst, Regina Kreide, Cristina Lafont (Hrsg.): "Habermas-Handbuch"
Man
kann den am 18. Juni 1929 in Düsseldorf geborenen deutschen
Sozialphilosophen Jürgen Habermas getrost als einen der
wichtigsten zeitgenössischen Philosophen bezeichnen, dessen
Lebenswerk, das kann man jetzt schon voraussagen, lange über
seine eigene Lebenszeit Bestand haben wird, weil er neben vielen
Einlassungen und Reflexionen zu jeweils aktuellen Phänomenen
und Themen so viel Grundlegendes über die Organisation der
Gesellschaft sowie den Charakter und die Qualität menschlicher
Kommunikation geschrieben hat, wie kein anderer Zeitgenosse des
späten 20. Jahrhunderts.
Wie auch der andere, ebenfalls 1929 geborene Intellektuelle
Hans Magnus Enzensberger (vgl. dessen Sammlung "Über
Literatur" bei Suhrkamp) hat Jürgen Habermas die
politischen und gesellschaftlichen Debatten in der alten und der neuen
Bundesrepublik geprägt. Unvergessen sein großes
Engagement in der von ihm angezettelten Debatte, die schon bald als
"Historikerstreit" in die Annalen einging, unvergessen auch seine
zunächst vorsichtige, dann immer intensiver geführte
Diskussion um die Dialektik der Wiederkehr der Religion, wo er unter
Anderem in einer langen Diskussion mit dem späteren
Papst Benedikt XVI. davon sprach, die "knappe
Ressource Sinn" nicht zu missachten, und in diesem
Zusammenhang auch eine zarte Neubewertung der Religion in der
Gesellschaft und ihrer Bedeutung vorgenommen hat, bei der ihm viele
seiner ehemaligen Schüler und Mitstreiter nicht folgen
konnten, die der Rezensent aber sehr überzeugend fand.
Diese aktuelle Beschäftigung mit der Religion fehlt allerdings
in dem vorliegenden, vom langjährigen Mitarbeiter Habermas',
Hauke Brunkhorst, und Anderen herausgegebenen Band mit dem Titel
"Habermas-Handbuch". Das Stichwort "Religion" fehlt auch bei der im
Übrigen hervorragenden Zusammenstellung von insgesamt 33
Grundbegriffen der Habermas'schen Philosophie, die im vierten Teil des
Buches erläutert werden.
Zuvor haben Hauke Brunkhorst und Stefan Müller-Dohm eine
eindrückliche "Intellektuelle Biografie" vorgelegt, im zweiten
Teil haben unterschiedliche Autoren, darunter auch bekannte Philosophen
wie etwa Manfred Frank, unter dem Titel "Kontexte" den weiten Rahmen
abgesteckt, in dem sich Jürgen Habermas mit seinem Denken
bewegt (von "Geschichtsphilosophie und Marxismus" bis hin zu
"Monotheismus"). Im zentralen dritten Teil haben verschiedene Autoren,
die für dieses einzigartige Projekt gewonnen werden konnten,
insgesamt siebzehn zentrale Texte von Jürgen Habermas von 1954
bis zum Jahr 2004 vorgestellt und interpretiert. Hier gibt es nun einen
Verweis zum Thema Religion, weil das 2001 erschienene kleine Buch
"Glauben und Wissen" vorgestellt wird, in dem es um "Religion,
Metaphysik und Freiheit" geht.
Alles in allem ist das "Habermas-Handbuch" eine unverzichtbare
Einführung in das Werk Habermas' auf der einen und ein
hervorragendes Nachschlagewerk auf der anderen Seite. Nicht nur
für Philosophiestudenten wichtig, sondern für alle,
die sich an der öffentlichen Debatte in Deutschland und auch
in anderen westlich orientierten Ländern beteiligen.
Den Herausgebern und den vielen Mitarbeitern aus dem großen,
mittlerweile über die ganze Welt verstreuten
Schülerkreis von Jürgen Habermas kann man
für diese editorische Leistung nur die
allergrößte Anerkennung aussprechen. Das Werk
gehört in jede öffentliche Bibliothek, und es ist zu
wünschen, dass es lange, vielleicht auch irgendwann in einer
preisgünstigeren Taschenbuchausgabe, im Handel bleibt.
(Winfried Stanzick; 11/2009)
Hauke
Brunkhorst, Regina Kreide, Cristina Lafont (Hrsg.): "Habermas-Handbuch"
J.B. Metzler Verlag, 2009. 290 Seiten.
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Weitere
Buchtipps:
Axel Honneth, Hans Joas (Hrsg.): "Kommunikatives Handeln.
Beiträge zu Jürgen
Habermas' 'Theorie des kommunikativen Handelns'"
Jürgen Habermas' systematisches Hauptwerk hat seit seinem
Erscheinen eine Fülle
von Reaktionen und Debatten ausgelöst. Viele Stellungnahmen
sind deutlich geprägt
von der Schwierigkeit, auf ein so überaus komplexes und
anspruchsvolles,
gedankliche Ansätze verschiedenster Herkunft
bündelndes Werk angemessen
einzugehen. Dieser Materialienband versucht, eine Bilanz des
philosophischen und
soziologischen Ertrags zu ziehen. Die Neuausgabe bietet weitere
Aufsätze und
eine aktualisierte Bibliografie. (Suhrkamp)
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Jürgen
Habermas: "Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus"
Die Arbeit von Jürgen Habermas versteht sich als Beitrag zur
Diskussion über
den Spätkapitalismus. Ihre Ausgangspunkte sind die Marxsche
Krisentheorie und
die in ihrem Gefolge entstandenen sozialwissenschaftlichen Theoreme.
Ihre erklärte
Absicht ist die Rekonstruktion des Begriffs der Systemkrise.
Der Band enthält eine Argumentationsskizze, die verschiedene
Interpretationen
der ökonomischen Krise, der Rationalitätskrise, der
Legitimationskrise und der
Motivationskrise darstellt und kritisch abwägt. (edition
suhrkamp)
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Jürgen Habermas: "Strukturwandel
der Öffentlichkeit"
Aufgabe der vorliegenden Untersuchung ist die Analyse des Typus
"bürgerliche
Öffentlichkeit". Um dieser komplexen Aufgabe gerecht zu
werden,
integriert Habermas Aspekte aus soziologischen, ökonomischen,
staatsrechtlichen, politologischen sowie sozial- und
ideengeschichtlichen
Untersuchungen. "Bürgerliche Öffentlichkeit" begreift
er als eine
epochaltypische Kategorie, die sich nicht aus der spezifischen
Entwicklungsgeschichte der im europäischen Hochmittelalter
entspringenden
"bürgerlichen Gesellschaft" herauslösen
lässt. "Öffentlichkeit"
fasst er als eine historische Kategorie und zeigt beispielsweise, dass
in einem
präzisen Sinn etwa von "öffentlicher Meinung" erst im
England des späten
17. und im Frankreich des 18. Jahrhunderts die Rede sein kann.
(Suhrkamp)
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Jürgen
Habermas: "Philosophische Texte"
Studienausgabe in fünf Bänden.
"Ich habe zu Themen, auf die sich meine im engeren Sinne
philosophischen
Interessen richten, keine Bücher verfasst - weder zu den
sprachtheoretischen
Grundlagen der
Soziologie, noch zur formalpragmatischen Konzeption von
Sprache
und Rationalität, noch zu Diskursethik oder politischer
Philosophie oder zum
Status des nachmetaphysischen Denkens. Dieser merkwürdige
Umstand wird mir
selbst erst aus der Retrospektive bewusst; und ich weiß
nicht, ob ich ihn nur
als Defizit betrachten soll." (Aus dem Vorwort zur
Studienausgabe)
Am 18. Juni 2009 feierte der Philosoph und Soziologe Jürgen
Habermas seinen 80.
Geburtstag. Zu diesem Anlass hat er eine systematische Auswahl von
wichtigen
Texten zusammengestellt, einige davon bislang
unveröffentlicht, die den
philosophischen Kern seines umfangreichen Werks freilegen.
Jürgen Habermas hat
zu jedem Band eine ausführliche Einleitung verfasst, in der er
die Grundzüge
und Motive seines philosophischen Denkens zu Themen wie Sprache und
Wahrheit,
Vernunft und Moral, Recht und Demokratie umreißt, wie sie
sich in
Auseinandersetzung mit den Einzelwissenschaften herausgebildet haben.
Die Bände,
die auch einzeln erhältlich sind, können somit an die
Stelle ungeschriebener
philosophischer Monographien treten und bieten einen umfassenden
Einblick in ein
Denken, das die Geistesgeschichte der Gegenwart wie kaum ein zweites
geprägt
hat. (Suhrkamp)
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Hans Magnus Enzensberger:
"Über
Literatur"
Herausgegeben von Rainer Barbey.
Jahrzehntelang blieben sie unveröffentlicht: Hans Magnus
Enzensbergers
Frankfurter Poetikvorlesungen aus dem Wintersemester 1964/65. Ausgehend
von
diesem umfangreichen Text werden Enzensbergers Schriften zur Literatur
aus einem
halben Jahrhundert erstmals in einem Band zusammengeführt.
Lückenlos
versammelt sind seine Essays und die vielen freundlichen, traurigen und
bösen
Auseinandersetzungen mit Klassikern und Zeitgenossen - manches davon
bisher
ungedruckt. Aus der Vielzahl der Rezensionen hat der Autor selbst eine
Auswahl
getroffen.
Vom ausgreifenden Essay bis zur Fußnote und Randbemerkung
(Scholien) reicht das
Spektrum. In offener Feldschlacht mit breitgefächerter
Aufstellung so gut wie
im geschickt inszenierten Scharmützel entfaltet Enzensberger
seine ästhetischen
Positionen und Mutmaßungen und führt sie bis zur
Synthese von Poesie und
Wissenschaft. (Suhrkamp)
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