Christian Mikunda: "Warum wir uns Gefühle kaufen"

Die 7 Hochgefühle und wie man sie weckt


Ästhetik und Gefühle im Dienste des Kommerz

Jeder Mensch kennt das intensive Gefühl, das einen auf dem Gipfel eines Berges oder bei einem Sonnenuntergang am Meer überkommt, den Nervenkitzel in der Achterbahn und die Ehrfurcht beim Betreten eines großartigen Bauwerks.
Christian Mikunda erläutert in seinem Buch die sieben Hochgefühle, die der Mensch erfahren kann, und wie das Wissen um diese Hochgefühle heute kommerziell genutzt wird.

Im ersten Kapitel werden die Gefühle einzeln kurz vorgestellt als "aus den Todsünden geboren", denn jedem Hochgefühl lässt sich eine der Todsünden der christlichen Ethik zuordnen, deren positive Sublimierung sie darstellt. So entspricht etwa das Hochgefühl "Joy" der Völlerei. Es folgt eine Betrachtung der Funktionsweise dieser im Prinzip mehrstufig angelegten Gefühle und von "Gefühlscocktails", wenn mehrere solche Gefühle aufeinandertreffen, was in modernen Konsumtempeln beabsichtigt wird.
Anschließend ist jedem Hochgefühl ein Kapitel gewidmet mit der dazugehörigen Psychologie, den Auslösern für das Gefühl und charakteristischen Stätten und Situationen, in denen man es erleben kann, der Dramaturgie, mittels derer es fühlbar wird, und Gefühlscocktails, deren Element es ist.
Den Abschluss bildet eine zusammenfassende Betrachtung mit dem Titel "Homo aestheticus".

Wer, das sei vorausgeschickt, "Denglisch" nicht akzeptiert, wird mit diesem damit gespickten Buch ein Problem haben. Immerhin werden die englisch benannten Hochgefühle im Inhaltsverzeichnis auch mit deutschen Pendants präsentiert. Doch sei's drum, Englisch ist ja auch im Marketing- und Design-Sektor, der die sieben Hochgefühle nutzt, Standard. So lernt der Leser also nacheinander Glory, Joy, Power, Bravour, Desire, Intensity und Chill kennen.

Da man, wie eingangs erwähnt, mit diesen Gefühlen mehr oder weniger gut vertraut ist, lassen sich die Gedankengänge des Autors gut nachvollziehen, zumal dieser den Leser häufig beispielhaft in bekannte Gebäude oder auf besondere Märkte mitnimmt und die dortige Atmosphäre derart beschreibt, dass man wähnt, wirklich unmittelbar dabei zu sein.

Und jeder, der das genussvolle, wenn nicht zwanghafte Einkaufen, das Shopping, kennt, wird Mechanismen wieder erkennen, denen er sozusagen zum Opfer gefallen ist. Der Leser erfährt aber auch, wie es heute möglich ist, dem Einkaufenden oder sich auch nur Umsehenden, dem Hotelgast, dem Vergnügungspark-Besucher genau die Gefühle zu vermitteln, die sie im jeweiligen Augenblick sozusagen brauchen (und in deren Gefolge sie am meisten Geld ausgeben).

Dank der klaren Struktur der Kapitel, den logischen und anhand von Beispielen verdeutlichten Ausführungen und den zahlreichen Bildern, die die Örtlichkeiten und Situationen aus den Beispielen abbilden, benötigt der Leser keine Vorkenntnisse auf dem Sektor der Psychologie. Er tritt eine häufig verblüffende, gelegentlich atemberaubende Reise zu den beeindruckendsten Bauten und Naturdenkmälern der Welt an und lernt, die bei deren Anblick und im unmittelbaren Erleben ausgelösten Gefühle zu analysieren.

Ziel des Autors ist es nicht einmal unbedingt, dem Leser zu zeigen, auf welche Tricks er hereinfällt, sondern ihm beizubringen, die professionell in ihm freigesetzten Gefühle verantwortlich zu genießen.
Und das gelingt ihm.

(Regina Károlyi; 11/2009)


Christian Mikunda: "Warum wir uns Gefühle kaufen. Die 7 Hochgefühle und wie man sie weckt"
Econ, 2009. 272 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:

Aaron Ben Ze'ev: "Die Logik der Gefühle. Kritik der emotionalen Intelligenz"

Warum weinen wir im Kino? Wie geht man am besten mit zerstörerischen Gefühlen wie Eifersucht um? Obwohl Gefühle unser ganzes Leben durchziehen, wurden ihre Natur, ihre Ursachen und ihre Wirkung erst in letzter Zeit von Sozialwissenschaftlern und Philosophen untersucht. Doch trotz des steigenden wissenschaftlichen Interesses an diesem Thema reichen die empirischen Ergebnisse immer noch nicht an unser intuitives Wissen heran.
Aaron Ben-Ze'ev unternimmt "eine vorsichtige Suche nach allgemeingültigen Mustern im urzeitlichen Dschungel der Gefühle". Sein Stil ist leicht verständlich und einladend, dabei stützt er sich auf eine Vielzahl theoretischer Ansätze und wissenschaftlicher Quellen: eine schlüssige Bilanz der Gefühle in all ihrer Subtilität, erläutert anhand zahlreicher Beispiele des täglichen Lebens.
Im ersten Teil betrachtet Ben Ze'ev die typischen Charakteristika und Bestandteile der Emotionen, die Unterschiede zwischen Gefühlen und anderen affektiven Formen, er behandelt zentrale Themen wie emotionale Intelligenz, geregelte Emotionen, Emotion und Moralität. Der zweite Teil beschäftigt sich mit einzelnen Gefühlen: Neid, Eifersucht, Schadenfreude, Mitgefühl, Mitleid, Ärger, Hass, Abscheu, Liebe, Lust, sexuelles Begehren, Glück, Traurigkeit, Stolz, Bedauern und Scham.
"Gefühle spielen in unserem Leben eine zentrale Rolle; sie sind von großem Interesse für uns alle. Dennoch gehören Ursache, Beschaffenheit und Konsequenzen der Gefühle in einen Bereich menschlicher Erfahrung, den wir bislang noch kaum verstehen." (edition unseld)
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