Assaf Gavron: "Hydromania"
Im
März 2009 veröffentlichte die Sammlung Luchterhand
diesen Roman des israelischen Autors Assaf Gavron im Taschenbuchformat.
Auf 286 Seiten entführt der Autor den Leser in ein Israel der
Zukunft.
Mitte des 21. Jahrhunderts herrscht Dürre auf der Welt, und
die Wasservorräte sowie das Wasser werden von China, Japan und
der Ukraine kontrolliert. In diesem Umfeld lebt auch die Israelin Maja,
und als die nächsten Regenfälle um mehrere Monate
nach hinten verschoben werden, weiß sie keinen Rat,
außer sich den Chip eines Toten
implantieren zu lassen, um zu überleben. Der Mann, dessen
Identität sie im Hinblick auf Wohnsituation, Finanzen,
Abonnements und derlei mehr annimmt, starb aus ungeklärten
Gründen, doch mit solchen Details kann Maja sich zuvor nicht
befassen, denn sie fühlt sich schwach und durstig.
Die illegale Implantation des Chips verbessert ihr
Leben drastisch, und endlich ist Wasser keine Mangelware mehr
für Maja, die nicht nur für sich allein Verantwortung
tragen muss.
Doch dann wird Maja verhaftet und des Mordes bezichtigt ...
Utopien und Dystopien sind recht rar geworden in der literarischen
Landschaft. So ist es erfreulich, mit "Hydromania" einen Titel dieses
Genres wieder einmal in den Händen halten zu können,
umso mehr, weil dieser Roman von einem israelischen Autor stammt und
somit einen etwas anderen Blick als die gewohnten Titel des Bereiches
bietet.
"Hydromania" zeigt anschaulich, dass Ressourcenknappheit nicht nur
zum Thema Öl von Interesse ist. Während
Filme wie "Waterworld" und Figuren wie "Tank
Girl" unter Anderem den Aspekt des Wassermangels behandeln,
das Problem aber nicht in den Vordergrund stellen, sondern es eher am
Rande einer reißerischen, aus verschiedenen Aspekten heraus
dystopischen Geschichte behandeln, stellt Gavron die Wasserknappheit in
den Mittelpunkt. Fast schon umgekehrt zu vorgenannten und anderen
Titeln zeigt er dem Leser auf dieser Basis eine durchweg technisierte
Gesellschaft, die - zusammen mit illegalen Implantationen
beispielsweise - durchaus in den Rahmen des Cyberpunks
zu setzen sind. Gavron verzichtet jedoch auf das Plakative, das dem
Genre zumeist anhaftet, und trotz der immer wieder eingebrachten
"Weltveränderungsideen", wie sie etwa Majas Mann Ido im Roman
an verschiedenen Stellen anbringt, fehlt dem Roman auch sonst der etwas
pathetische moralische Zeigefinger.
Eben diese eher lakonische Darstellung, die dennoch von Majas Emotionen
und ihren Ängsten begleitet wird, erzeugt eine gewisse
Spannung. Bei der Lektüre dieses Romans will man einfach alles
wissen: Wie verlaufen die persönlichen Geschichten weiter, und
wie enden sie? Wie kam es zur Wasserknappheit, welche politischen
Konsequenzen sind tagtäglich (für die israelische
Protagonistin) sichtbar? Welche technologischen Entwicklungen
gehören zum Alltag, und wie verbringt man einen solchen Alltag
eigentlich? Ständig fragt man sich solche Dinge, und der Autor
versteht es, den Leser mit eben solchen Informationen immer wieder
"anzufüttern", so dass man unbedingt wissen will, wie sich
alles entwickelt und schließlich endet bei diesem Roman.
"Hydromania" ist ein wirklich sehr guter Roman, der sich
flüssig lesen lässt und vor allem Freunden von
Dystopien und auch des Cyberpunks gut gefallen
dürfte. Von diesen Subgenres hebt sich der Roman allerdings
auch noch sehr angenehm von einem Großteil ab und
unterhält auf intelligente Art und Weise, die neben der
Kreativität des Autors auch dessen Fähigkeit
offenbart, Politisches sehr subtil und scharfsinnig einzubringen.
"Hydromania" ist nicht nur ein Roman über die schlechten
Dinge, die sich entwickeln können, sondern zugleich auch eine
persönliche Geschichte, die zeigt, dass nur Vogel
Strauß nichts ändern kann, und dass sich allen
Anderen Chancen bieten.
(Tanja Thome; 04/2009)
Assaf
Gavron: "Hydromania"
(Originaltitel "Hydromania")
Aus dem Hebräischen von Barbara Linner.
Sammlung Luchterhand, 2009. 286 Seiten.
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Assaf
Gavron wurde 1968 geboren, wuchs in Jerusalem auf und studierte in
London und Vancouver. Er lebt
in
Tel Aviv.
Weitere Bücher des Autors:
"Ein schönes Attentat"
Eitan Einoch ist jung und erfolgreich. Er hat eine feste Freundin, eine
eigene Wohnung, einen kreativen Arbeitsplatz: In einer Technikfirma in
Tel Aviv arbeitet er an der Entwicklung von Computerprogrammen, die
dabei helfen sollen, weltweit Zeit zu sparen. Als er eines Morgens mit
dem Minibus zur Arbeit fährt, steigt ein verdächtig
aussehender Mann zu. Aber nein, beruhigt er sich und den Sitznachbarn,
man wird ja noch paranoid, wenn man in jedem Dunkelhäutigen
einen Selbstmordattentäter
vermutet. Trotzdem verspricht er
dem Mann neben sich, dessen Freundin zu benachrichtigen, im Falle des
Falles. Am Arbeitsplatz erfährt er es dann: Kurz nachdem er
ausgestiegen ist, ging die Bombe hoch. Eitan ist verstört, er
hat Schuldgefühle, und als er den Namen seines Sitznachbarn
herausbekommt, macht er sich auf den Weg, sein Versprechen
einzulösen - und entgeht kurz nacheinander zwei weiteren
Attentaten. Rasch wird er zur nationalen Berühmtheit, tritt in
Plaudersendungen im Fernsehen auf, erlebt aber auch, wie schnell die
Liebe der Medien in Hass umschlagen kann, und bald entgleitet ihm das
Leben, wie er es kannte, vollkommen ...
Fahmi Sabih liegt unterdessen im Krankenhaus und hadert mit seinem
Schicksal. Alles hat ihm sein Bruder beigebracht: wie man Bomben baut,
welche Ziele man auswählt, auch dass die Rache gegen
diejenigen, die einem Land und Lebensmöglichkeit nehmen,
gerechtfertigt ist. Und jetzt fragt er sich: Warum überlebt
dieser eine Mann all seine Anschläge? Während
draußen Demonstranten fordern, den Terroristen nicht zu
behandeln, rekapituliert er sein Leben, darunter auch die Begegnung mit
Eitan Einoch ... (Luchterhand Literaturverlag)
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"Auf fremdem Land" zur Rezension ...
Noch
ein Buchtipp:
Silvia Feist (Hrsg.): "Weltmacht Wasser. Weltreporter berichten"
Wasser bedeckt mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche, aber nur
2,6 Prozent
davon ist Süßwasser. Das lebensnotwendige Gut ist
gefährlich ungleich
verteilt. Der Klimawandel
verschärft die prekäre Lage
und politische
Kurzsichtigkeit macht es oft vielerorts schwer, die kostbare Ressource
nachhaltig zu schützen. Fünfzehn
Weltreporter brechen auf, um die Krisensituationen, die
Wassermangel
oder auch
-überfluss bewirken, in ausgewählten Ländern
rund um den Globus zu
untersuchen. Sie berichten vom Kampf gegen die Fluten in den
Niederlanden, von
folgenschweren Versäumnissen der jemenitischen Regierung und
von Hoffnung
versprechenden Lösungsansätzen regionaler
Behörden in Ägypten. Sie schildern
den verzweifelten Kampf der Armen in Südafrika gegen den
Machtmissbrauch der
Wasserwirtschaft, erzählen von Ingenieuren in Ländern
wie den USA, China oder
Indonesien, die versuchen, mit moderner Technik gegen Trinkwassermangel
und
Überschwemmungen anzukommen. Sie besuchen Wissenschaftler in
den Philippinen,
wo fieberhaft nach einem Reiskorn geforscht wird, das extremer
Trockenheit
ebenso widersteht wie wochenlangen Überschwemmungen.
Während die Weltreporter
von den einzelnen Brennpunkten der Erde informieren, richtet der
Wasser- und
Klimaexperte Pavel Kabat, ehemaliger Wissenschaftsdirektor der UNESCO,
den Blick
auf die globale Bedeutung und den immensen Machtfaktor der Wasserfrage:
Nur
nationenübergreifende politische als auch technische Modelle
können
sicherstellen, dass die gesamte Menschheit ausreichend mit Wasser
versorgt wird.
Ansonsten verspielen wir die Chance auf eine friedliche Zukunft.
(Herbig)
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