Nicolas Fargues: "Die Rolle meines Lebens"
"Splitternackt,
ohne Haargel und Strom sind wir alle gleich"
Nicht nur ein Schauspieler muss sie im Laufe seines Berufslebens
möglichst überzeugend spielen, auch im wahren Leben
ist das Hineinschlüpfen in eine Rolle unumgänglich.
Dabei geht es nicht um signifikantes Verbiegen, sondern darum, den Kern
seiner Persönlichkeit darzustellen. Das ist alles Andere als
leicht, denn auf verschiedensten Lebensgebieten gilt es, die eigene
Identität zu finden, die dann summa summarum die eigene
Gesamtidentität, d. h. das eigene Selbst ausmacht.
Antoine, der Protagonist und Ich-Erzähler in Nicolas Fargues'
Roman "Die Rolle meines Lebens" verkörpert dieses Rollensuchen
gleich auf doppelte Art und Weise. Zum Einen ist er Schauspieler und
hat es gerade durch einen filmischen Überraschungserfolg, in
dem er die Hauptrolle spielt, zu mittelmäßiger
Bekanntheit, zum "halben Star" gebracht. Jedenfalls
erkennt man ihn von Zeit zu Zeit auf der Straße, man
lädt ihn in Frühstücksfernsehsendungen ein,
und alte Klassenkameraden wollen ihn als Berühmtheit ihrem
näheren Umfeld vorstellen. So geschehen bei seinem ehemaligen
Mitschüler Bernard Mélikian, seines Zeichens
Lehrer, der Antoine zu einem Auftritt vor seiner Klasse bewegen
möchte. Zum Anderen jedoch sucht der narzisstische Frauenheld
auch ganz explizit nach der eigenen Identität, die ihm - und
das wird im Laufe des Buches immer ersichtlicher - offensichtlich ganz
und gar abhanden gekommen ist bzw. die Antoine offensichtlich noch nie
gefunden hat. Der "Möchtegern-Star" hat
einen schwarzen Vater, der mit seiner Familie in der Karibik lebt.
Antoine ist dessen uneheliches Kind mit einer blonden
Französin. Die genetischen Einflüsse seines Vaters
sind jedoch nicht zu übersehen.
Trotz der schmeichelhaften Rolle, die Fargues' Protagonist in der
Öffentlichkeit und in seiner Familie spielt, kämpft
jener mit Selbstzweifeln und hadert mit seiner
französisch-karibischen Herkunft. Auch wenn sein ehemaliger
Schulkamerad Mélikian "mit seiner krummen Haltung
und seinen grau melierten Haaren", nicht so schön,
nicht so groß und dessen Haut nicht so straff wie die seine
ist, so hat dieser doch offensichtlich seinen Platz im Leben gefunden,
was Antoine nach einem gemeinsamen Abendessen und dem darauffolgenden
Tag bei dessen Schulklasse feststellt.
Suche nach der eigenen Identität
Offensichtlich hat der französische Autor zwei Aspekte seiner
eigenen Biografie in diesem Roman verklausuliert, die ihm ganz
mutmaßlich zu schaffen machen. Denn auch Fargues hat diese
Identitätssuche am eigenen Leib erfahren; er wuchs in Kamerun
auf. In einem Interview erzählte der 37-Jährige, der
sich eher als Weltbürger denn als Franzose sieht, dass dadurch
die Frage des von Missverständnissen und
Verdächtigungen geprägten Verhältnisses
zwischen Schwarzen und Weißen ganz natürlich Eingang
in seinen Roman fand. Sein Held Antoine fühlt sich verloren,
nicht anerkannt von der feinen Pariser Gesellschaft. Zum karibischen
Teil seiner Familie, die er im Laufe des Romans besucht,
gehört er ebenfalls nicht dazu. Dort wird er als
verwöhnter Weißer stigmatisiert.
"Die Rolle meines Lebens" erzählt von der Suche nach der
eigenen Identität und wie man dabei die Aufrichtigkeit
gegenüber sich selbst und seiner Umwelt bewahren kann. Nicolas
Fargues' Protagonist scheint dieses Rollenspiel, die Klaviatur des
Lebens, noch nicht gekonnt zu spielen. Antoine erliegt der in der
heutigen Gesellschaft immer mehr um sich greifenden
künstlichen und illusorischen Suche nach Berühmtheit.
Der Autor wirft einen ironischen Blick auf die blinde Faszination
für Ruhm und Startum. "Ich
wollte zeigen, wie künstlich die Beziehungen zwischen den
Menschen sind und wie einsam man letztlich ist",
erzählte Fargues. "Mein Buch ist ein Manifest der
Einsamkeit."
Leider gelingt dem Autor die Umsetzung nicht schlüssig und vor
allem nicht durchgängig. Trotz einiger durchaus lesenswerter
Passagen ist das Buch in seiner Gesamtheit wenig konsistent.
Seitenlange Monologe "ohne Punkt und Komma" und Antoines
ständiges "Ich dachte" oder "Ich
hätte" zeugen von einem sprachlich unambitionierten
Werk. Fargues lässt seinen Protagonisten am Anfang des Romans
sinnieren, "dass die wahre Vollendung von Coolness in einer
gewandten Sprachbeherrschung liegt." Diese verweigert der
Autor dem Leser jedoch selbst ein wenig.
(Heike Geilen; 08/2009)
Nicolas
Fargues: "Die Rolle meines
Lebens"
(Originaltitel "Beau rôle")
Deutsch von Christian Kolb.
Rowohlt Reinbek, 2009. 221 Seiten.
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Bouvet, Gérard
Curozoi: "Paris 1919-1939. Kunst, Leben & Kultur" Danyel
Couet: "Das Paris-Kochbuch.
Kulinarische Weltreise durch die Quartiere" Rudolf
Chimelli:
"Lesereise Paris. Lokaltermin bei Mona Lisa"
Zwischen 1919 und 1939 erlebte Paris einen kulturellen und
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anzog. In den "années
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Hemingway und
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machten die Pariser Nächte unsicher, die
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mit ihren Bars und Cafés - wie dem berühmten "La
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versammelte so unterschiedliche Maler wie Soutine oder Van Dongen, die
abstrakte
Kunst fand hier mit Mondrian und
Kandinsky ihren ersten
Höhepunkt. Ganz zu
schweigen von der Haute Couture oder den intellektuellen Disputen der
Literaten,
Gide, Valéry, Mauriac und Malraux schrieben für ein
internationales Publikum.
Nach dem Börsenkrach von 1929 blieb Paris als kulturelles
Zentrum aktiv, jedoch
reflektierten Architektur und Kunst nun die wachsende politische
Instabilität.
Das urbane Gefüge wurde in den Fotos von Kertész
und Brassaï für die
Ewigkeit gebannt. (Brandstätter)
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Paris ist immer eine Reise wert, auch eine kulinarische! Wo sonst gibt
es
Süßkartoffelbällchen aus Ghana neben
Pastrami, Boeuf Bourguignon neben
Couscous und indischem süßen Lassi? Das Viertel La
Chapelle bietet
indische,
La Goutte d Or afrikanische, Saint-Michel griechische
Köstlichkeiten. Im Marais
genießen wir jüdische Spezialitäten, im
Barbès arabische, im 13.
Arrondissement asiatische. Und wenn wir
typisch französisch
essen wollen,
suchen wir ein Bistro auf oder kaufen auf einem der Märkte
für ein Picknick in
den Tuilerien ein. Danyel Couet nimmt den Leser in diesem Buch auf
einen
Spaziergang durch sein Paris, das Paris der Küchen aus aller
Welt, mit. Die
Speisen- und Straßenfotos von David Loftus fangen das
internationale Flair der
Metropole ein. (Gerstenberg)
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Die Concièrges von Paris sind eine vom Aussterben bedrohte
Art. Jährlich
müssen 2000 Häuser mehr ohne diese "Institution"
auskommen. Mit
ihnen geht ein schrullig-charmanter Teil der berühmten Pariser
Lebensart
verloren. In mehr als sechzig Prozent der Fälle ist der
Concièrge übrigens
weiblich und ... portugiesisch! Die französische Metropole ist
anders, als man
sie sich den Klischees entsprechend vorstellt, nicht nur, weil die
Concièrges
langsam verschwinden. Man trägt keine Baskenmütze
mehr, die alten Bistros
gehen ein, und es ist schwer geworden, irgendwo Musette-Musik zu
hören. Aber
der Eiffelturm steht noch, und Paris bleibt - auch wenn es sich in der
Substanz
und an der Oberfläche verändert - eine atemberaubend
schöne Stadt. Wer, zum
Vergnügen und aus professionellem Interesse, in ihr schon so
lange spazieren
geht wie Rudolph Chimelli, kann Brigitte Bardot begegnen oder dem
letzten
Henker, japanischen Malern am Montmartre, die von hinten wie Manet
aussehen,
oder den Strategen der Mode und des industrialisierten Luxus. Rudolph
Chimelli
zeigt dem Leser Typisches und Verborgenes, Wichtiges und Nichtigkeiten,
Vordergrund und Hintergrund, Reportagen und Analysen, Essays und
Splitter zu dem
immerwährenden Thema Paris. (Picus)
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