Shunryu Suzuki: "Eine Ecke dieser Welt erhellen"
Erleuchtende Augenblicke mit dem großen Zen-Meister Shunryu Suzuki
Shunryu Suzuki wird von vielen
Leuten als derjenige gesehen, der den Zen-Buddhismus in die Vereinigten Staaten
von Amerika gebracht hat. Er gründete dort den ersten Zendo in San Fransisco
und dann das erste us-amerikanische Zen-Kloster in den kalifornischen Bergen,
unterrichtete nicht nur expatriierte Japaner und andere zen-buddhistisch
erzogene Asiaten, sondern auch US-Amerikaner, die sich dieser für sie neuen
Form der Spiritualität zuwandten.
Neben seinen Seminaren (Sesshin) und seinen eigenen Büchern leben seine Lehren
auch in den Erinnerungen seiner Schülerinnen und Schüler fort, die entweder
fest mit dem Zendo verbunden waren, um dort regelmäßig zu praktizieren oder
aber nur ein oder zwei Mal im Jahr an den Sesshin teilnahmen. Ihre Erinnerungen
an Aussprüche ihres Lehrers (Roshi) Suzuki sind in diesem kleinen Büchlein
gesammelt, das sich als eine Quintessenz von Roshis Lehren versteht und das vom
Schwerpunkt her Erinnerungen des Herausgebers beinhaltet - und eine Menge Tuschzeichnungen
Roshis selbst.
Bilder und Texte ergeben zusammengenommen 141 Beiträge, wobei gerade die
Zeichnungen leider sehr klein ausfallen, was bei Zen-Malerei nach meinem
Dafürhalten problematisch ist, da gerade die Wirkung der freigelassenen Flächen
in Relation zu den gefärbten verlorengeht. Die Texte beinhalten sehr persönliche
Zeugnisse von Roshis Schülerinnen und Schülern, die stark auf deren eigenen
Befindlichkeiten beruhen und darum häufig aus dem Moment heraus für sie
Bedeutung bekommen haben; eine Bedeutung, die dem Leser wohl nicht in allen Fällen
nachvollziehbar sein wird. Hinzu kommt, dass Roshi wohl ziemlich wortkarg
gewesen sein muss, was seinen Aussprüchen in den Augen (und Ohren) seines
Publikums wohl besonderes Gewicht gegeben hat - einem Publikum, das bis zu
seinem Tod im Jahr 1971 noch nicht sonderlich viel Erfahrung mit dem Buddhismus
gesammelt hatte und über die japanische Kultur und Didaktik sehr wenig wusste.
Das bedeutet, dass diese Sammlung für den an asiatischer Philosophie
interessierten Menschen des frühen 21. Jahrhunderts, in dem viele Informationen
und Ideen wesentlich leichter zugänglich sind und auch schon starken Eingang in
die Pop-Kultur gefunden haben, nachgerade banal erscheinen muss. Die
Informationen und Ideen müssen wirklich aus der Zeit, in der sie erfahren
wurden, beurteilt werden, um sie richtig einzuordnen. Jeder, der die "Matrix"-Trilogie
gesehen hat, die stark vom Zen - und anderen Ideen - beeinflusst ist, wird
problemlos nachvollziehen können, dass Erleuchtung nur eine Stufe auf dem Weg
der Entwicklung ist und kein Endpunkt (sonst gäbe es den zweiten und dritten
Teil von "Matrix" nicht); ein Gedanke, der vielen von Roshis Schülerinnen
und Schülern große Schwierigkeiten bereitet zu haben scheint. Sie sind in
vielerlei Hinsicht wirklich Zugehörige der Blumenkinderzeit, die unter Anderem
auch immer wieder die Frage nach der Bedeutung des Sex im Zen stellen, die heute
wahrscheinlich eher überraschen würde.
Ideengeschichtlich handelt es sich beim gegenständlich besprochenen Buch um
eine interessante Sammlung, die dem absoluten Neuling des Buddhismus einige
interessante Hinweise in der Form zen-typischer kleiner Lehrgeschichten und
Koans gibt. Wer schon einmal
Thich
Nhat Hanh oder andere buddhistische Autoren gelesen hat, wird darin aber
eigentlich nichts Neues finden.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2009)
Shunryu Suzuki: "Eine Ecke dieser Welt
erhellen.
Erleuchtende Augenblicke mit dem großen Zen-Meister Shunryu Suzuki"
Übersetzt von Katja Wiederspahn.
O.W. Barth. 160 Seiten.
Buch
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Shunryu Suzuki (geboren 1904 in Japan, gestorben 1971 in den USA) gilt als der bedeutendste Zen-Meister der Neuzeit. Als einfacher Tempelpriester entschloss er sich 1959 als Meditationslehrer in die USA zu gehen. In San Francisco gründete er das erste Zen-Zentrum im Westen, später das berühmte Zen-Kloster Tassajara in den kalifornischen Bergen. In den 1960er-Jahren war er der geistige Mittelpunkt der kulturellen und spirituellen Szene an der Westküste der USA. Zu seinen Schülern und Bewunderern gehörten berühmte Künstler wie Alan Ginsberg, John Lennon und Alan Watts.