Hartwig Berger: "Der lange Schatten des Prometheus"
Über unseren Umgang mit Energie
Die
vorliegende Studie des Philosophen, Soziologen und Landespolitikers
Hartwig Berger ist eine grundlegende Geschichte des historischen
Wandels im Umgang mit Energie. Geschrieben angesichts eines
Klimawandels, verursacht hauptsächlich durch die
Verbrennung
fossiler Stoffe, will sie eine Lanze für ein Modell
eines weltweiten Emissionshandels, der sich auf eine Ethik der
Klimagerechtigkeit stützt, brechen.
Wie er eine solche Klimagerechtigkeit herstellen, wie er einen
Ausgleich zwischen den
reichen
und den armen Ländern schaffen will, dieser Frage
geht Berger genauso nach wie der, warum es immer noch nicht gelungen
ist, eine durchaus mögliche Wende zur Solargesellschaft mit
maßvollem Energieeinsatz zu etablieren.
Der Rezensent erinnert sich an ein Buch aus dem damals noch jungen und
umstrittenen Freiburger Öko-Institut, das 1981 unter dem Titel
"Energie-Wende" bei S. Fischer erschien und das er las, bevor er seinen
ersten Pfarrdienst in Biblis, dem Standort der ältesten
deutschen Atomreaktoren, antrat. Zu einem Zeitpunkt, als man in Biblis
einen dritten Reaktorblock plante und den Einstieg in die
Brütertechnologie ernsthaft diskutierte, wurde in dieser
Studie schon damals überzeugend und wissenschaftlich absolut
korrekt nachgewiesen, dass innerhalb von 25 Jahren eine Wende
möglich sei, die alle Atomkraftwerke schon sehr bald obsolet
machen würde.
Man hat diese Studie nicht nur in Biblis als Produkt von
"Ökospinnern" heruntergemacht. Einer der damaligen Autoren ist
heute Vorsitzender der Reaktorsicherheitskommission. So ändern
sich die Zeiten. Aber auch: so langsam ändern sich die Zeiten.
Berger konstatiert dies auch in seinem Buch und stellt aber dennoch
optimistisch fest:
"Die technischen Voraussetzungen zur Eindämmung des
Klimawandels sind verfügbar, auch bei Vermeidung der
Risikoverlagerung etwa auf nukleare Kernspaltung oder auf die
ungebremste Nutzung von Bioenergie. Gelingen kann die Solarwende dann,
wenn sie mit dem Abbau des globalen Energieverbrauchs in seiner Summe
zusammengeht, synchron mit einem deutlichen Rückgang in
industrialisierten und einem stark abgeschwächten Anstieg in
wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern."
Den alten Mythos des Prometheus aufnehmend schlägt Berger vor,
über den Schatten eingespielter Gewohnheiten zu springen und
den Abschied von verbrennungstechnisch gewonnener Energie sofort
einzuleiten, damit sich das geweckte Feuer nicht zu einem
Flächenbrand ausweitet.
Vielleicht ist die Zeit jetzt reif für eine solche dringend
nötige Wende, sind die ideologischen Widerstände
nicht mehr so stark. Dennoch hat die Finanzkrise in den letzten Monaten
leider gezeigt, wie schnell sich die Prioritäten bei den
Entscheidungsträgern (wieder) verschieben können.
(Winfried Stanzick; 05/2009)
Hartwig
Berger: "Der lange Schatten des Prometheus. Über unseren
Umgang mit Energie"
oekom verlag, 2009. 214 Seiten.
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