Jacques Berndorf: "Der Kurier"


Weiß und Grau zwischen den Fronten

Bereits im Jahr 1996 veröffentlichte der "Ullstein-Verlag" diesen Titel, nur nannte sich der Autor damals noch Michael Preute. In "Der Kurier" verlässt er wieder einmal die Eifel und begibt sich zuerst nach Bann, von dort nach Berlin und schafft es dann noch weiter weg.

Der Reporter Jobst Grau hat von seinem Leben und Arbeiten im beschaulichen Bonn die Nase voll, und auch die anstehende Reise nach Teneriffa mit seiner aktuellen Lebensgefährtin vermag ihn nicht gerade aufzuheitern. Da trifft es sich gut, dass ihn noch rechtzeitig der Anruf des DEA-Agenten Al White erreicht, den er im Zusammenhang mit dem Drogentod seiner Tochter kennengelernt hat. Er erzählt Grau von einem deutschen Diplomatenkurier, der nach der Rückkehr aus Südamerika in Berlin mit einem Koffer voller Dollarnoten und einem anderen Koffer voller Kokain verschwunden ist. Im inoffiziellen Auftrag des DEA und des BND, die eigentlich beide im deutschen Inland über keinerlei Befugnisse verfügen, soll er nach Berlin fahren und dort den verschwundenen Kurier sowie die beiden skandalträchtigen Koffer wieder aufspüren.

Nach einer tiefergehenden Einweisung durch White und einen Vertreter des BND bricht Grau in Bonn alle Brücken ab und begibt sich in die im Umbau befindliche Hauptstadt der noch zusammenwachsenden Republik, um dort in die Drogenszene einzusteigen und zu recherchieren. Neben einer Menge Handgeld bekommt er eine Schusswaffe und eindringliche Hinweise zur überlegten Gewaltanwendung mit auf den Weg. Der vorsichtshalber eingestellte ehemalige jugoslawische Soldat Milan erweist sich bald als überaus nützlich und sorgt dafür, dass der Lernprozess für Grau nicht übertrieben schmerzhaft wird.

Immer tiefer und umfänglicher taucht er in die Berliner Szene ein, lernt ungewöhnliche Charaktere kennen und stürzt von einer brenzligen Situation in die nächste. Schließlich treibt ihn seine Suche sogar auf einen anderen Kontinent.

Fazit:
Die Motivation des Protagonisten ist weder durchwegs nachvollziehbar noch glaubwürdig; genauso wenig, wie einige der Dinge, die er so vollbringt. Einige andere Charaktere wirken etwas besser, kommen aber insgesamt nicht immer so richtig plastisch zur Geltung. Die Geschichte ist derart von unwahrscheinlichen Wendungen durchzogen, dass es fast schon wieder schön ist, so dass man sich am Ende trotz einiger Widersprüche durchaus gut unterhalten fühlen kann.

Bei "Der Kurier" handelt es sich, wie eingangs erwähnt, um einen frühen Roman mit Anlehnungen an das Werk John Le Carrés, den Berndorf/Preute in diesem Buch auch an einer Stelle ganz konkret erwähnt. Und man kann anhand dieses Titels deutlich erkennen, welche Entwicklungen der Autor seitdem bis zu "Ein guter Mann" oder "Bruderdienst" durchlaufen hat: Zum Beispiel hat die Tendenz der Figuren, sehr lange Erklärungen abzugeben, deutlich abgenommen:

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2009)


Jacques Berndorf: "Der Kurier"
Grafit, 2009. 409 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen