Jakob Arjouni: "Der heilige Eddy"
Auch dieser Roman von Jakob Arjouni, bekannt geworden durch seine
Kayankaya-Romane und zuletzt mit "Chez
Max" restlos überzeugend, besticht durch spritzigen
Charme, hintergründigen Humor und lockere, temporeiche Sprache.
Eddy Stein, die Hauptfigur des Romans, lebt in Berlin. Er bestreitet
seinen eher kargen und bescheidenen Lebensunterhalt mit kleinen
Trickbetrügereien. Dazu sucht er sich in seinem Lebensumfeld
betuchte Menschen aus, die er auf den ersten Blick erkennt, und
verwickelt sie in Situationen, während derer er ihnen etwa die
Brieftasche stehlen kann. Mit der genialen Schilderung eines solchen
Betrugs beginnt das Buch und zieht den Leser sofort in seinen
humorvollen und hintergründigen Bann.
Mit seinen manchmal recht unregelmäßigen
Einkünften aus dieser halbseidenen Tätigkeit
finanziert sich Eddy ein Leben als Musiker
im linksalternativen
Kreuzberg. Keiner seiner Freunde weiß von seiner kriminellen
Nebentätigkeit, von der er hofft, dass ihm ein
"großer Fisch" einmal ein halbes Jahr kreativer Pause im
warmen Süden ermöglichen wird.
Die Beute, die Eddy dem Computerunternehmer Dregerlein zu Beginn der
Handlung abluchst, scheint dafür gerade groß genug
zu sein, und Eddy beginnt schon zu träumen, als er bei der
Rückkehr in seine kleine Wohnung in einem anonymen Wohnblock
im Treppenhaus mit einem Mann zusammenstößt, der
vergeblich versucht, bei einer Nachbarin Eddys Einlass zu finden. "Romy!
Mach auf!", ruft der elegant gekleidete Mann laut nach einer
Frau, die offenbar seine Tochter ist. In einem Gespräch stellt
sich heraus, dass kein Anderer da vor Eddy steht als der
berühmt-berüchtigte Imbissbuden-Millionär
Horst König, der auch Eddy aufgrund der jüngsten
Schlagzeilen bekannt ist, in denen König als kapitalistische
Heuschrecke beschimpft wurde, weil er ein Berliner
Traditionsunternehmen mit dem Ziel aufgekauft hatte, es nach seiner
Zerschlagung gewinnbringend weiterzuveräußern. Unter
Verlust Tausender Arbeitsplätze natürlich.
Die Unterhaltung im Treppenhaus vor der verschlossenen
Wohnungstür Romys eskaliert, und Eddy rammt König,
zwei Treppenstufen unter ihm stehend, seine Faust in den Schritt. Heinz
König gerät ins Wanken, stürzt nach hinten
und fällt mit dem Kopf unglücklich gegen ein
schwarzes Rohr.
"Es machte ein dumpfes, leicht knackendes Geräusch,
der Kopf knickte vor und drückte sich, während der
Rumpf langsam an der Kanonenhalterung zu Boden glitt, mit dem Kinn in
Königs Brust. Als König zwischen Kanone und Flurwand
liegen blieb, kippte der Kopf nach unten, bumste auf die Holzdielen,
und die Augen blieben offen."
König ist tot, und Eddy hat ein großes Problem. Er
ruft Arkadi an, seinen besten Freund und langjährigen Partner
beim Musikerduo "Lovers Rock". Den hatte Eddy zwar bisher aus seinen
beruflichen Aktivitäten jenseits des Gitarrenspiels
erfolgreich heraushalten können, doch nun versagt Arkadi ihm
seine Hilfe nicht. Er fragt nicht nach, warum Eddy so
plötzlich sein Sofa auswechseln will (in dem er
Königs Leiche verstaut hat) und deshalb neue gebrauchte
Möbel bestellt. Die Geschichte, die Eddy dazu erfindet, ist
genial, haarsträubend und gerade deshalb glaubwürdig.
Später jedoch, als Königs Leiche entdeckt wird,
zweifelt Arkadi und bricht zunächst den Kontakt zu Eddy ab.
Bei Königs Beerdigung sieht Eddy jene Romy zum ersten Mal und
nähert sich ihr in der Folge. Zunächst hofft er nur,
sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, indem er auf eine Gelegenheit
wartet, Romy den wahren Hergang der Geschichte zu erzählen,
doch dann verliebt er sich in sie, und eine schöne
Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang.
Doch die Tat schwelt weiter und lässt Eddy keine Ruhe. Was
wird aus seiner Beziehung zu Romy werden?
Fazit:
Ein Buch, das man in einem Ruck ausliest, zunehmend begeistert von
einer genial konstruierten Geschichte und einer Sprache, die wirklich
etwas zu sagen hat. Jakob Arjouni gehört auch mit diesem Buch
zu den herausragenden Autoren unserer Gegenwart.
(Winfried Stanzick; 02/2009)
Jakob Arjouni: "Der heilige Eddy"
Gebundene Ausgabe:
Diogenes, 2009. 246 Seiten.
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Taschenbuchausgabe:
Diogenes, 2010.
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