Klaus-Jürgen Grün: "Angst"
Vom Nutzen eines gefürchteten Gefühls
Wenn
man vielen Zeitungsmeldungen
der letzten Jahre Glauben schenken darf, dann leidet eine immer
größere Zahl
von Menschen in weiten Teilen Westeuropas unter Ängsten und
Angstzuständen
verschiedenster Art. Viel ist darüber spekuliert worden, woran
das liegt, etwa
an den immer komplexer und für den Einzelnen undurchsichtiger
werdenden
gesellschaftlichen Verhältnissen oder an einem Verlangen,
alles kontrollieren
zu wollen, um der Komplexität Herr zu werden, dabei
natürlich zu scheitern und
Ängste erst recht zu mobilisieren (vgl. hierzu: Bernd
Sprenger, "Die
Illusion der perfekten Kontrolle", Kösel 2009).
Der Autor des vorliegenden Buches, der als Management-Berater und
Hobbypilot
selbst mit vielerlei Risiken des Lebens vertraut ist, beschreitet beim
Umgang
mit der Angst einen ganz anderen Weg. Er nähert sich ihr nicht
therapeutisch,
sondern phänomenologisch. Quer durch die Geschichte, die
Literaturgeschichte
und auch die Geschichte der psychoanalytischen Erklärungen und
der
psychotherapeutischen Reaktionen auf die Angst versucht er zu zeigen,
dass die
Angst nicht ein erfolgreiches und glückliches Leben
verhindert, wie das leider
Abertausende von Betroffenen tagtäglich erleben
müssen, sondern dass ihre
Anerkennung und ihr Ernstnehmen geradezu die Voraussetzung
dafür sind.
Klaus-Jürgen Grün zeigt anhand vieler bekannter und
unbekannter Beispiele, wie
wir mit unseren verschiedenen Ängsten so umgehen
können, dass sie uns nicht
mehr lähmen, oft tödlich lähmen, sondern
dass sie sozusagen als Frühwarnindikatoren
für dringend notwendige Veränderungen in uns
Potenziale für solche Veränderungen
freisetzen können.
Nach einem meisterhaften enzyklopädischen Marsch durch die
verschiedenen
Erscheinungsformen der Angst listet der Autor am Ende viele hilfreiche
Überprüfungsmöglichkeiten auf, mittels derer
man seinen Umgang mit der
eigenen Angst überprüfen kann.
Die Regeln des "WHO-Angstberaters" Isaac Marks seien hier wegen ihrer
Prägnanz abschließend zitiert:
"Angst ist unangenehm, aber selten gefährlich.
Vermeiden Sie Flucht.
Fördern Sie die Begegnung mit der Angst.
Je länger Sie sich der Angst aussetzen, desto besser.
Je schneller Sie sich mit dem Schlimmsten konfrontieren, desto rascher
wird Ihre
Angst nachlassen."
Wer allerdings unter einer wirklichen Angststörung leidet,
sollte einen
Therapeuten aufsuchen, der ihm über einen längeren
Zeitraum professionell
helfen kann, diese Regeln erfolgreich ins eigene Leben zu integrieren.
(Winfried Stanzick; 11/2009)
Klaus-Jürgen
Grün: "Angst. Vom Nutzen
eines gefürchteten Gefühls"
Herausgeber: Michel Friedman.
Aufbau Verlag, 2009. 324 Seiten.
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Klaus-Jürgen
Grün lehrt als
Privatdozent an der Frankfurter Universität und berät
als Leiter des
Philosophischen Kollegs Führungskräfte aus Politik,
Medien und Wirtschaft.
Weitere Buchtipps:
Thomas Kisser, Daniela Rippl, Marion Tiedtke (Hrsg.): "Angst.
Dimensionen
eines Gefühls"
Heute gehört Angst gepaart mit
Depression
zur vierthäufigsten Todesursache in westlichen
Industriestaaten. Diese
Auswirkungen des Arbeitsalltags auf die Psyche verweisen auf eine
existenzielle
Erschütterung und Verunsicherung, und es führt kein
Weg an der Erkenntnis
vorbei, dass Angst heute zu einer festen gesellschaftlichen Konstante
geworden
ist.
Angst
bezeichnet das Gefühl der Enge, einen
Zustand des Beengt-, des Bedrohtseins, in dem sich das Subjekt in
seinem
wesentlichen Sein selbst gefährdet sieht. Während die
Furcht sich auf ein
Objekt bezieht, das die Gefahr in sich birgt, bezeichnet die Angst eine
Grundbefindlichkeit der menschlichen Existenz. Der Begriff der Angst
stammt aus
dem Neuen Testament (Johannes 16, 33). Dort heißt es: "In
der Welt seid
ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt."
Ist uns
dieser Trost heute genommen? In diesem Horizont gibt der Band Antworten
auf
folgende Fragen: Welche Formen nimmt die Angst in der
zeitgenössischen
Gesellschaft an? Gibt es universale Momente in diesen Formen? Was haben
Philosophie, Philologie, Psychologie, Soziologie und andere
einschlägige
Wissenschaften dazu zu sagen?
Mit Beiträgen von:
Jan
Assmann, Dirk Baecker, Laszlo Földenyj, Eveline
Goodman-Thau, Johannes
Heinrichs, Sibylle Krämer, Peter Widmer. (Wilhelm Fink)
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Thomas Chorherr: "Das
Angst-Dilemma. Warum wir mit
Angst nicht leben und ohne Angst nicht überleben
können"
Wir leben in einer Angstgesellschaft. Es ist nicht nur die Finanzkrise,
die
Panikanfälle verursacht, auch
Klimawandel,
Schweinegrippe und
Meteoriten
auf Kollisionskurs lassen uns befürchten, dass das Ende naht.
Die Frage, von
den Medien gestellt und von den Menschen bange wiederholt, lautet immer
wieder:
Wann kommt der nächste Untergang?
Es gibt Urängste, seit es den Menschen gibt: vor Hunger,
Krankheit,
Naturgewalten. Gleichsam als Überangst lastet die Furcht auf
den Menschen, die
Existenz zu verlieren. Die Religionen drohen mit Hölle,
Tod und
Teufel.
Und heute ist die
Terrorangst allgegenwärtig.
Aber hat die Angst nicht auch ihre guten Seiten? Ist sie nicht
letztlich
Triebfeder jeder menschlichen Entwicklung und jedes Fortschritts?
Motiviert uns
nicht gerade Angst zu Höchstleistungen?
Die Angstforscher haben Hochkonjunktur. Es gibt so viele
Ängste, wie es
Menschen gibt. Und es gibt ebenso viele Mittel, die Angst zu
bekämpfen.
Dieses Buch soll Sie nicht die Angst lehren. Im Gegenteil. Angst kann
eine
positive Kraft in Ihrem Leben werden. Und vergessen wir eines nicht: Zu
Tode gefürchtet
ist auch gestorben. (Ecowin)
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Michael Balint: "Angstlust und Regression"
Michael Balint beschreibt zwei unterschiedliche Verhaltensweisen
gegenüber der
Welt: die "oknophile" und die "philobatische". Diese
Unterscheidung hat zu interessanten Schlussfolgerungen geführt
im
diagnostischen und therapeutischen Bereich, im Blick auf die
Objektbeziehungen,
den Umgang mit Angst und Aggressivität, die Autoerotik, Liebe
und Hass sowie
die Fähigkeit zur Realitätsprüfung.
Michael Balint, der durch seine Untersuchungen über die
Arzt-Patient-Beziehung
weithin bekannt geworden ist, legt hier eine neue psychologische
Typenlehre vor.
Er unterscheidet zwei Hauptverhaltensweisen gegenüber der
Welt, die oknophile
und die philobatische. Die erstere ist dadurch gekennzeichnet, dass der
Mensch
sich an seine Liebesobjekte anklammert und in dieser Anklammerung
Schutz und
Wonne des Gehaltenseins sucht, zugleich aber beständig
gepeinigt wird von der
Angst, das Liebesobjekt zu verlieren - die zweite geht darauf aus, die
Objekte
zu wechseln, sich von ihnen zu lösen und in der
Überwindung der "freundlichen
Weiten" zwischen ihnen immer neue Spannung und Angst-Lust zu suchen und
zugleich eine beständige Neubestätigung der eigenen
Geschicklichkeit, die es
ermöglicht, immer neue Objekte zu unterwerfen.
Balint geht in seiner Arbeit aus von einer Analyse des
Angst-Lust-Gefühls, wie
es etwa auf Jahrmärkten gesucht und genossen wird, und dessen
tiefenpsychologischer Bedeutung. Sprachetymologische Untersuchungen
unterstützen
ihn in der Herausarbeitung der beiden neuen Begriffe. Letzten Endes,
weist
Balint nach, liegt beiden Verhaltensweisen dasselbe Trauma zugrunde,
die Loslösung
vom geliebten Urobjekt der "primären Liebe", der
Mutter, sowie
der
Wunsch, dieses Trauma zu überwinden und den spannungs- und
angstlosen Zustand
der Urharmonie wiederherzustellen. Diese neue Typenlehre erhellt eine
Fülle
physischer und psychischer Phänomene und eröffnet
ganz neue Aspekte für die
medizinische Praxis und für das Wissen vom Menschen
überhaupt. (Klett-Cotta)
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Scott Scossel: "Angst"
zur Rezension ...
Wie sie die Seele lähmt und wie man sich befreien kann