Carlos Ruiz Zafón: "Das Spiel des Engels"
Geschehnisse
in einer vom diabolischen Wunsch nach ewigem Leben und Ruhm regierten
Welt
Sein voriges Buch, "Der
Schatten des Windes", war ein absoluter Erfolg. In viele
Sprachen übersetzt
und in Millionenauflagen gedruckt, ließen sich
unzählige Leser von der Welt
der vergessenen Bücher, in die Carlos Ruiz Záfon
sie entführte, bezaubern.
Auch "Das Spiel des Engels" geht es, wie könnte es anders
sein, um Bücher.
Die Handlung ist wieder in
Barcelona angesiedelt, diesmal in der Zeit vor dem Spanischen
Bürgerkrieg.
Carlos Ruiz Záfon ist ein Schriftsteller, der sich sehr
für Geschichte
interessiert und für den die Geschehnisse des Spanischen
Bürgerkrieges keine
unparteiische Haltung erlauben. In einem Interview sagte er dazu: "Wer
sich an dieses Thema wagt, macht eine große Kiste auf. Es ist
ja legitim, dass
die Angehörigen ihre Toten begraben. Aber das Problem der
spanischen
Gesellschaft ist, dass sie alles politisiert. Die Frage ist immer:
Gehört er zu
denen? Oder gehört er zu uns?"
Sein Held und Alter Ego in "Das Spiel des Engels" ist der junge David
Martín. Er arbeitet als
Redaktionslaufbursche bei einer Zeitung und bestreitet seinen
Lebensunterhalt
durch das Abfassen
von Groschenromanen. Eines Tages sagt der Chefredakteur Don
Basilio zu David Martín: "Bringen Sie mir eine
Geschichte, keine Abhandlung. Wenn ich Predigten will, gehe ich zur
Christmette.
Bringen Sie mir eine Geschichte, die ich nicht schon gelesen habe, und
wenn ich
sie schon gelesen habe, bringen Sie sie mir so gut geschrieben, dass
ich es gar
nicht erst merke."
Man hält diesen Arbeitsauftrag für eine
Erzählung für die Sonntagsausgabe
der Zeitung zunächst für etwas Ähnliches wie
das Programm von Záfons
gegenständlichem Roman. Wenn man "Der Schatten des Windes"
gelesen
hat, glaubt man die Handlung des Buches an dieser Stelle schon zu
kennen: Es
gibt einen jugendlichen Helden. Er ist in die Gefährtin seiner
Kindheit unglücklich
verliebt, und man begegnet auch erneut dem "Friedhof der vergessenen
Bücher".
Doch die Handlung des Romans geht weit zurück. Begleitete das
erste Buch noch
den Buchhändler
Daniel Sempere auf eine Entdeckungsreise in die Vergangenheit, begegnet
der
Protagonist nun dessen Großvater, der schon vor dem
Bürgerkrieg seine
Buchhandlung betreibt und als väterlicher Freund David
Martíns eingeführt
wird.
Was als Aushilfstätigkeit anstelle eines nicht eingegangenen
Manuskripts
gedacht war, entwickelt sich zu einem grandiosen Erfolg für
David Martín. Unter dem Titel "Verdammte der
Stadt" schreibt er unter Pseudonym einen insgesamt 127-teiligen
Schauerroman in Fortsetzungen, die die begierigen Leser an den Kiosken
der Stadt
einander bald aus den Händen reißen.
Doch es ist eine mörderische Arbeit, die rasch seine
Gesundheit angreift, zumal
seine Liebe zur schönen Cristina unerwidert bleibt. Nachdem
der alte Buchhändler
Sempere David den schon bekannten "Friedhof der vergessenen
Bücher"
gezeigt hat, erhält dieser, inzwischen schwer krank und vom
Tod gezeichnet, ein
sehr seltsames Angebot von einer faustischen Figur, nämlich
einem Pariser
Verleger namens Andreas Corelli, von dem sich bald herausstellt, dass
sein
angeblicher Verlag schon seit vielen Jahren nicht mehr existiert.
Einhunderttausend Francs bietet er David Martín, eine damals
nahezu
unvorstellbare Summe, für das Verfassen einer Auftragsarbeit.
David Martín soll eine neue Religion entwerfen, eine
Religion des Hasses, und die
Arbeit daran erweist sich für David als Pakt mit dem Teufel
- immer wieder begegnet er dem Tod. Zunächst verbrennen jene
beiden
Halsabschneider mitsamt ihrem Verlag, die David in einen Knebelvertrag
für
seine Groschenromane zwangen und ihn nicht zugunsten der Arbeit an
seinem Buch
daraus entlassen wollten.
Dann entdeckt David, dass er in doppelter Weise bereits einen
Vorgänger hatte.
Denn schon einmal vor langer Zeit hat jemand diesen Auftrag von Corelli
erhalten
und auch in jenem Haus gewohnt, in das David Martín gezogen
ist, weil es ihn
seit Jahren fast magisch angezogen hat. Er macht sich auf die Suche
nach diesem
mysteriösen Vorgänger. Doch jeder, der ihm
über diesen Mann Auskunft geben könnte,
wird ermordet. Natürlich gerät auch er in Verdacht
und wird wiederholt von
einem Kommissar aufgesucht und befragt.
David könnte das Geld, das ihm nun einen ganz neuen Lebensstil
ermöglicht, zurückgeben
und die Arbeit beenden, doch sein innerer Teufel sozusagen, seine
enorme
Eitelkeit als Schriftsteller, bringt ihn immer wieder dazu, die Arbeit
an dem
verfluchten Manuskript fortzusetzen:
"Die Seiten ergossen sich ohne Gewissen und Maß,
ohne weitere Absicht,
als Sinne und Gedanken zu verhexen und zu vergiften. Längst
dachte ich nicht
mehr an den Patron, seine Belohung oder seine Forderungen. Ich schrieb,
um die
Welt in Brand zu stecken und mit ihr zu verbrennen."
"Das Spiel des Engels" ist ein in viele Handlungsstränge
aufgefächertes
magisches und mythisches
Labyrinth,
in dem sich nicht nur der Protagonist verfängt , sondern auch
der atemlose
Leser, der, obwohl - oder gerade weil - ihm viel Bekanntes begegnet,
das Buch
nicht mehr aus der Hand legen kann, bis er das Ende kennt. Ein
kraftvolles Buch,
ein wunderbarer Schmöker aus
der Welt der Bücher mit vielen Anspielungen auf Barcelona und
Spanien
vor dem Bürgerkrieg.
Wer sich näher für die literarische
Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg
interessiert, dem sei an dieser Stelle Isaac Rosas Roman "Das Leben in
Rot"
empfohlen.
(Winfried Stanzick; 12/2008)
Carlos
Ruiz Zafón: "Das Spiel des Engels"
(Originaltitel "El juego del angel")
Aus
dem Spanischen von Peter Schwaar.
S. Fischer Verlag, 2008. 720 Seiten.
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Taschenbuch:
Fischer, 2012.
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Weitere
Bücher des Autors:
"Der Gefangene des Himmels"
Barcelona, Weihnachten 1957. Der Buchhändler Daniel Sempere
und sein Freund Fermín werden erneut in ein großes
Abenteuer hineingezogen.
In der Fortführung seiner Welterfolge nimmt Carlos Ruiz
Zafón den Leser mit auf eine fesselnde Reise in sein
Barcelona. Unheimlich und spannend, mit unglaublicher Sogkraft und viel
Humor schildert der Roman die Geschichte von Fermín, der "von
den Toten auferstanden ist und den Schlüssel zur Zukunft hat".
Fermíns Lebensgeschichte verknüpft die
Fäden von "Der Schatten des Windes" mit denen aus "Das Spiel
des Engels".
Ein meisterliches Vexierspiel, das die Leser rund um die Welt in Bann
hält. (S. Fischer)
zur Rezension ...
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"Marina"
"Wir alle haben im Dachgeschoss der Seele ein Geheimnis unter
Verschluss. Das hier ist das meine."
So beginnt Óscar Drai seine Erzählung. Der junge
Held des Romans sehnt sich
danach, am Leben Barcelonas teilzuhaben, und streift am liebsten durch
die
verwunschenen Villenviertel der Stadt. Eines Tages trifft er auf ein
faszinierendes Mädchen. Sie heißt Marina, und sie
wird sein Leben für immer
verändern.
Gemeinsam werden die beiden in das düstere Geheimnis um den
ehemals reichsten
Mann Barcelonas gesogen. Schmerz und Trauer, Wut und
Größenwahn reißen sie
mit sich, eine höllische Verbindung von vernichtender Kraft.
Aber auch Marina
umgibt ein Geheimnis. Als Óscar schließlich
dahinterkommt, ist es das jähe
Ende seiner Jugend.
In "Marina" beschwört Carlos Ruiz Zafón erstmals
sein
unnachahmliches Barcelona herauf, eine Stadt voller Magie und
Leidenschaft, und
erzählt in unvergleichlicher Weise die dramatische Geschichte
eines jungen
Mannes, der um sein Glück und seine große Liebe
kämpft. (Fischer)
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Ergänzende
Lektüreempfehlung:
Isaac Rosa: "Das Leben in Rot"
Der Universitätsprofessor Julio Denis und der Student
Andrés Sanchez geraten
ins Visier des spanischen Geheimdienstes, sie werden verhaftet und
verschwinden
spurlos. Weder bei der Polizei noch bei anderen offiziellen Stellen
finden sich
Unterlagen, die Auskunft geben über das Schicksal der beiden.
Was aber ist
wirklich geschehen? Immer widersprüchlichere Tatsachen
über den seltsamen
Professor Denis kommen ans Licht: ein an sich unbescholtener Professor,
der an
der Madrider Universität spanische Barocklyrik lehrt und sich
allem Anschein
nach nicht um Politisches kümmert. Doch ist er wirklich ein so
weltfremder
Mensch, wie er es nach Außen hin glaubhaft zu machen
versucht? Warum sonst
hätte er sich am Vortag der Ereignisse mit Andrés
Sanchez getroffen, dem
Rädelsführer und Mittelpunkt des Studentenaufstands?
Isaac Rosa beschreibt packend und meisterhaft, wie sich das Netz
polizeilichen
Eifers unaufhaltsam zuzieht und Schuldige ebenso wie Unschuldige in
einem
unaufhaltsamen Strudel der Ereignisse fortgerissen werden. Schicht um
Schicht
wird das Geheimnis um das Verschwinden seiner zwei Protagonisten
freigelegt und
dabei weit über den Einzelfall der brutal vorgehenden
franquistischen Diktatur
hinaus ein bestechendes Bild vom Polizeiterror repressiver
Gesellschaften
weltweit gezeichnet. (Frankfurter Verlagsanstalt)
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