Tim Winton: "Atem"


Tim Winton gilt als einer der erfolgreichsten Autoren Australiens. Im Juni 2008 erschien im Verlag Luchterhand sein Roman "Atem".

Der fiktive Ich-Erzähler erzählt aus seiner Kindheit und Jugend in Sawyer, einem australischen Dorf in Küstennähe. Der aufgeweckte Junge findet einigen Spaß am Wagemutigen und lernt so schließlich Loonie kennen, der zu seinem besten - und einzigen - Freund wird. Im Vergleich zu Loonie wirkt der Junge jedoch eher zurückhaltend und vorsichtig. Loonie hingegen scheint keine Angst zu kennen, nicht einmal den Tod zu fürchten, und mehr als einmal lässt der Junge sich von Loonie mitreißen. Die beiden entdecken ihre Liebe zum Surfen, sehr zum Missfallen ihrer Eltern, doch sie lassen sich den Spaß nicht nehmen und sind entschlossen, gute Surfer zu werden. Auf diesem Weg lernen sie "Sando" kennen, einen unglaublich talentierten Surfer, der die Jungen nach und nach unter seine Fittiche nimmt. Durch ihn und mit ihm lernen die beiden, immer besser zu surfen und bezwingen immer gefährlichere Wellen. Der Ehrgeiz der beiden und ihr Wunsch, Sando zu beeindrucken, macht sie allerdings auch zu Rivalen. Immer mehr entfremden sich die Jungen. Als Sando schließlich spontan mit Loonie allein zu irgendwelchen Inseln fährt und wochenlang verschwunden bleibt, scheint der Konkurrenzkampf für den Erzähler verloren - oder doch nicht?

Wer das Wasser liebt, wird auch "Atem" mögen. Wer sich auch noch für das Surfen begeistern kann, wird es vermutlich sogar lieben. Tatsächlich ist zumindest die Leidenschaft für das Surfen jedoch keine Voraussetzung, um sich in das Buch einzufinden und die Lektüre zu genießen. Zwar steht das Surfen bei den Erzählungen im Vordergrund, doch nebenher und im Verlauf des Buches in zunehmender Weise beschäftigt sich Winton mit ganz anderen Themen: Der Reiz der Gefahr, das Austesten von Grenzen und was ihm zu Grunde liegt, Entwicklung und Prägung junger Menschen, das abrupte Ende von Lebensführungs- und Karriereplänen und wie es danach weitergehen kann, der weite Begriff der Freundschaft und vieles mehr. "Atem" ist auch ein Roman des Erwachsenwerdens und dessen Schwierigkeiten. Die dargestellten Situationen sind auch ohne Surfbrett vorstell- und nachvollziehbar.

Die Bilderkraft, die Winton in seinem Roman heraufbeschwört, ist gewaltig. An zahlreichen Stellen fühlt man sich beispielsweise an "Im Rausch der Tiefe" von Regisseur Luc Besson, Pipín Ferraras' "Tiefenrausch" und Robert Kursons "Im Sog der Tiefe" erinnert. Die Schönheit, Gewalt und Macht der Natur gleich neben der Obsession und der Mischung aus Sport und Leichtsinn. Wen diese Themen ansprechen, der sollte auch bei "Atem" unbedingt zugreifen!

(Tanja Thome; 07/2008)


Tim Winton: "Atem"
(Originaltitel "Breath")
Übersetzt von Klaus Berr.
Luchterhand Literaturverlag, 2008. 236 Seiten.
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