Helena Papandreous (Hrsg.): "Viktor, der Himmel weint nicht mehr"
Ein
Mann gründet einen Verlag.
Er nennt ihn "Verlag der neuen Zeit", weil er in seinem tiefsten
Inneren davon überzeugt ist, dass eine neue Zeit anbrechen
muss, sollen die
Erde und die Menschen nicht untergehen. Rainer Fuchs, so
heißt der Mann, von
dem der Rezensent im Übrigen nichts weiß, auch
nichts Näheres über die wohl
auch sehr persönliche Geschichte, die zu diesem gigantischen
Projekt führte,
will keinen netten Verlag, er will nicht unterhalten mit den
Büchern, die er
plant zu veröffentlichen, er will aufrütteln. Seine
Bücher sollen, genau wie
das erste, vorliegende, das er publizierte, eine Anleitung zum Schreien
sein,
zur R/Evolution, wie er durchaus paradox schreibt.
Rainer Fuchs will Bücher von Menschen publizieren, die
außen stehen, die von
der Gesellschaft ausgestoßen und missachtet werden, weil er
der Überzeugung
ist, dass genau diese Menschen uns etwas zu sagen haben. Ja, er geht,
für den
Rezensenten doch arg befremdend, so weit, dass er diesen Menschen und
ihren
Lebenserfahrungen einen Wahrheitsgehalt und eine Deutungskompetenz
zuspricht,
die kein Mensch für andere haben kann bzw. haben sollte,
außer in der Sphäre
der Religion vielleicht, wo der menschgewordene Gottessohn Jesus von
Nazareth
eine Lehre in die Welt gebracht, hat, von der der Rezensent immer noch
denkt,
dass sie die Menschheit weiter bringen könnte.
"Elend ist längst kein Schicksal mehr",
schreibt Rainer Fuchs
in seiner Promotion zu dem vorliegenden Buch, die er mit Verve
betreibt, "und
hinter jedem Opfer steht ein Täter. Es ist höchst an
der Zeit, über diesen
Wahnsinn offen zu reden und die Welt zur Umkehr zu zwingen (!). Was in
den 70
ern begann und in den 90 ern verstummte, ist in neuer, lauter Gestalt
zu
benennen. Es gilt bewusst hinzusehen und
Eigenverantwortlichkeit
zu erkennen. Es
gilt für das Recht jedes Menschen auf Leben und Glück
und für das Recht auf
Würde zu kämpfen und sich aus den Enklaven des
kapitalistischen Glücks, das
den Geist nur in
Richtung Ignoranz und Egoismus hin verwirrt,
herauszubewegen."
So schreibt und treibt ein entweder Bekehrter oder einer, der aus
lauter hehrer
Überzeugung Andere zu der Erkenntnis "zwingen" will, die er
gewonnen
zu haben glaubt. Ich habe Hochachtung vor Rainer Fuchs' Engagement, von
dem ich,
wie gesagt, gerne mehr wüsste, von seinem bisherigen Leben und
seinen
Erfahrungen, aber ich habe aus leidvoller Erfahrung die
Befürchtung, dass auch
hier wieder aus lauter Gutwilligkeit und Radikalität das Kind
mit dem Bade
ausgeschüttet wird. Die Welt kann nicht gezwungen werden, zu
nichts und gar
nichts. Es sind einzelne Menschen, die ihr Denken und Handeln
verändern
können. Darauf, das spürt man, setzt er schon seine
Hoffnung, dieser
engagierte Verleger, und auch der Autor seines ersten Buches, jener
Viktor, der
seiner Freundin Helena Papandreous, 75, mit der Zeit immer
länger werdende
Briefe geschrieben und sich darin zu allen möglichen Fragen
des Lebens und der
Existenz geäußert hat.
Viktor ist ehemaliger Jungunternehmer des Jahres in Österreich
und sowohl
beruflich als auch privat vollständig gescheitert. Seine Firma
ist in den
Konkurs geschlittert, seine Ex-Frauen (!) machen gegen ihn mobil und
hetzen auch
seine acht (!) Kinder gegen ihn auf. In diesem Dilemma erkennt Viktor
in seinen
E-Mail-Briefen, die er nach seinem Verschwinden an seine Seelenfreundin
Helena
schreibt, die Wiederholung seiner Familiengeschichte.
Väterlicherseits ist er
jüdischer Abstammung, die Mutter stammte aus einem alten
ungarischen
Adelsgeschlecht.
Kaum mehr bei Kräften, geben die
E-Mails
an seine Freundin Leni Viktor wieder
neue Kraft, und er kommt zu erstaunlichen Erkenntnissen. Mehr soll dem
neugierigen Leser nicht verraten werden.
Der Rezensent ist sehr gespannt auf weitere Bücher aus Rainer
Fuchs' Verlag,
den er mit diesen ersten Buch noch nicht einzuschätzen vermag.
(Winfried Stanzick; 07/2008)
Helena
Papandreous (Hrsg.): "Viktor, der Himmel weint nicht mehr"
Rainer Fuchs Schriften, 2008. 694 Seiten.
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