Yvonne Heistermann: "Weinland Ungarn"
Neu entdeckt
In der Tat eine Neu- und
Wiederentdeckung
Weine aus Ungarn? Bei diesem Stichwort denkt der deutschsprachige Konsument im
Allgemeinen an billige und wenig attraktive Supermarktware. Dieser Eindruck
stammt noch aus der Zeit des Sozialismus, als staatliche Betriebe einer
Entwicklung hin zur Dominierung der Qualität gegenüber der Quantität im Wege
standen.
Im vorliegenden Buch wird Ungarn als Weinland vorgestellt, insbesondere
hinsichtlich der Entwicklung der letzten Jahre. Diesbezüglich hat sich
offensichtlich viel getan; Familien bemühen sich, ihre angestammten Güter zurückzukaufen
und dem ungarischen Wein seinen seit Jahrhunderten bestehenden Ruf zurückzugeben.
Das Buch informiert sowohl über Grundsätzliches, etwa darüber, wie ein
ungarisches Weinetikett zu lesen ist, als auch über Details. Weinfeste sind
ebenso ein Thema wie die einzelnen Weinbauregionen, die von der fachkundigen
Autorin detailliert vorgestellt werden. Der Leser kann sich in diesem Abschnitt
über die Böden, den Ausbau und die einzelnen in der jeweiligen Region
angebauten Rebsorten informieren. Auch präsentiert die Autorin einzelne Weingüter,
insbesondere solche, die in der Vergangenheit prämiert wurden.
Hier seien die ungarischen Weingebiete aufgeführt: die ungarische Tiefebene,
Nordtransdanubien, Südtransdanubien, das Nord-Mittelgebirge (Mátraalja, Eger,
Bükk) und nicht zuletzt Tokaj, denn
der Tokajer steht letztlich für sich, wie
auch die Beschreibung der Produktionsschritte beweist.
Im Buch werden zudem die in Ungarn angebauten Rebsorten einzeln vorgestellt,
sowohl autochthone als auch eingeführte, rote und weiße. Das ungarische
Weingesetz, an die EU angepasst, ist ebenso ein Thema wie das Klima in Ungarn,
das je nach Region stark differieren kann. Im letzten Kapitel geht es um die
ungarischen "Winzer des Jahres" seit 1991, die auch in den Kapiteln zu
den Regionen vorgestellt werden.
Ein sorgfältig angelegtes Glossar schließt das Buch ab.
Wer in einem guten ungarischen Restaurant oder beim Besuch eines Weinguts den
einen oder anderen einheimischen Wein verkostet hat, weiß, dass Ungarn
wesentlich mehr zu bieten hat als lediglich billige, von der Qualität her erträgliche
Tafelweine, wie man sie aus deutschen oder österreichischen Supermärkten
kennt. Selbst wenn man vom Tokajer absieht, der seinen Ruf niemals verloren hat,
kann Ungarn mit einer ganzen Reihe bemerkenswerter Weine aufwarten, die den
internationalen Vergleich nicht scheuen müssen.
Die renommierte Sommelière Yvonne Heistermann präsentiert fachkundig und
dennoch nicht zu trocken - das eher zwangsläufige Wortspiel sei erlaubt -
unterschiedliche Lagen und Reben, Weingüter und Böden, Ausbaumethoden und
Vermarktungsstrategien. Weinfreunde, die neugierig sind auf Entdeckungen, werden
in diesem Buch eine Fülle von Anregungen finden und möglicherweise sogar alte,
autochthone Sorten zu schätzen lernen. So ist das Buch wirklich wertvoll, auch,
was das Bewahren wertvoller Sorten betrifft, die an lokale Böden und
klimatische Verhältnisse angepasst sind.
Etwas bedauerlich erscheint die Fülle an Druckfehlern; ein gründlicheres
Lektorat hätte dem Buch durchaus gutgetan. Dies ändert jedoch nichts am
inhaltlichen Wert.
Das Buch ist reich bebildert; Weingüter, verschiedene Rebsorten, Persönlichkeiten
aus dem Bereich des Weinbaus und typische Landschaften werden realistisch
vorgestellt. Statistiken geben relevante Daten in komprimierter Form wieder.
Fundierte, interessante und kurzweilige, sehr ansprechend dargebotene Lektüre für
Weinfreunde, und dies zu einem durchaus angemessenen Preis.
(Regina Károlyi; 09/2008)
Yvonne Heistermann: "Weinland Ungarn. Neu
entdeckt"
DLG-Verlag, 2008. 119 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen
Sommelière Yvonne Heistermann ist Dozentin an der Deutschen Wein- und Sommelier-Schule Koblenz. Darüber hinaus ist sie beratend und journalistisch in Sachen Wein unterwegs.