Reinhard Wolters: "Die Schlacht im Teutoburger Wald"
Arminius, Varus und das römische Germanien
Im
Jahr 2009 jährt sich zum zweitausendsten Mal ein Ereignis, das
wie kaum ein zweites zur Heroisierung eines falsch verstandenen
Germanentums, einer rassistisch begründeten Germanenideologie
beigetragen hat: die Schlacht im Teutoburger Wald, wo damals drei
römische Legionen unter ihrem Oberbefehlshaber Varus samt
Begleittross, insgesamt wohl mehr als 18000 Mann von den vereinigten
Germanenstämmen unter Arminius vollständig
aufgerieben worden sind. Sogar als Beginn der
deutschen Geschichte
wurde diese Schlacht nicht selten hochstilisiert. Zahlreiche Legenden
und Theorien teils völlig abstrusen Charakters, zu denen auch
zahlreiche Hobbyforscher beigetragen haben, sind zum Thema
Varusschlacht in Umlauf. Dabei steht von jeher die Frage nach dem Ort
der Schlacht im Vordergrund des Interesses. Über 700 Orte sind
von der Spekulation bereits ausgemacht worden, und es steht zu
vermuten, dass zum Jahre 2009 noch weitere hinzukommen werden. Wie zur
Bestätigung las ich gerade heute in der "Neuen
Westfälischen" die Schlagzeile "Neue Theorie zur
Varusschlacht". Danach soll sich die Schlacht zwischen Melle und Bad
Essen in Niedersachsen zugetragen haben.
Reinhard Wolters bietet uns keine neue Theorie und stellt auch keine
spektakulären Thesen zur Diskussion. Er hält sich an
die Fakten, die bislang von der Auswertung der historischen Quellen
sowie der archäologischen Forschung zu diesem Thema
zusammengetragen worden sind. Die meisten Forscher gehen inzwischen
davon aus, dass Kalkriese, nördlich von Osnabrück
gelegen, Schauplatz des Geschehens war, obwohl auch das noch keineswegs
gesichert scheint. Zahlreiche Ungereimtheiten gilt es noch, aus dem Weg
zu räumen, viele Rätsel harren noch ihrer
Lösung. Reinhard Wolters wiegt das Pro und Kontra Kalkriese
gegeneinander ab, ohne sich selbst eindeutig festzulegen. Der Autor
bleibt hier wie auch sonst stets auf der Basis eines
einigermaßen gesicherten Wissens. Und bis heute konnte ja in
einigen zentralen Punkten der römischen Germanien-Politik von
der Forschung noch kein Konsens erzielt werden. Das gesamte Wissen
über die Varusschlacht basiert auf den teils
widersprüchlichen Überlieferungen der
römischen Geschichtsschreibung. Ohne diese wüssten
wir nicht einmal, dass diese Schlacht überhaupt stattgefunden
hat.
Wolters entwirft ein lebendiges Bild der damaligen Vorgänge
und der ihnen zugrunde liegenden Umstände und
Verhältnisse im damaligen Germanien, er erläutert
Hinter- sowie Beweggründe der römischen Politik und
versucht dabei, die Dinge sowohl aus Sicht der Germanen als auch der
römischen Besatzer zu beleuchten, soweit dies heute noch
möglich ist. Auch die Porträts des Varus und des
Arminius sind sehr anschaulich und lebendig geraten. Die
identitätsstiftende Funktion, die die Gestalt des Arminius
(später zu Hermann eingedeutscht) lange Zeit in Deutschland
ausübte, beleuchtet Reinhard Wolters in einem besonderen
Kapitel, wo es auch um die
Rezeption des Helden durch Kunst und
Literatur geht. Zwischen 1676 und 1910 wurden allein 75 Opern
komponiert, deren Stoffe und Handlungen sich um Arminius bzw. Hermann,
den Cherusker rankten.
Bei Reinhard Wolters "Die Schlacht im Teutoburger Wald" handelt es sich
um ein Geschichtsbuch, wie es sich der interessierte Laie besser nicht
wünschen kann: sachlich fundiert, spannend, mit lockerer Hand
geschrieben. "Die Einhaltung der ausreichenden Distanz, die
stets erforderlich ist, um einen Gegenstand adäquat erfassen
zu können" (Reinhard Wolters’ eigene
Worte), die ist in seinem neuesten Werk jedenfalls auf vorbildliche
Weise gewahrt.
(Werner Fletcher; 09/2008)
Reinhard
Wolters: "Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das
römische Germanien"
C.H. Beck Verlag, 2008. 256 Seiten.
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Weitere Buchtipps:
Boris Dreyer: "Arminius und der Untergang des Varus. Warum die Germanen
keine Römer wurden"
Die Varusschlacht ist ein deutscher Mythos. Wo genau fand sie statt, und was
waren die taktischen Fehler des Varus? Boris Dreyer lässt die Menschen und
Ereignisse jener Tage lebendig werden.
Mit der Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr. ist ein Ereignis von welthistorischer
Bedeutung bezeichnet. Langfristig bedeutete der Sieg des Arminius über die
Legionen Roms, dass das Gebiet zwischen Rhein und Elbe sich dem Zugriff des römischen
Kaiserreichs entzog. Aber nicht nur das: Die Folge der Schlacht war eine
radikale Umorientierung der imperialen Politik Roms, Britannien geriet in den
Blick des römischen Adlers ...
Mit dem detektivischen Spürsinn des Archäologen rekonstruiert Boris Dreyer die
wahren Begebenheiten der Schlacht und erzählt sie plastisch nach. Sein Buch
zeichnet ein vollkommen neues Bild der römischen Germanienpolitik und gibt
klare Antworten auf zahlreiche Fragen, die bis heute vielen Historikern rätselhaft
blieben: Warum scheiterte der Prozess der Romanisierung zu einem Zeitpunkt, an
dem niemand mehr damit gerechnet hatte, am wenigsten die Römer selbst? Und vor
allem: Welche Bedeutung hatte die Partisanenstrategie des Arminius für den
weiteren Verlauf der Geschichte? (Klett-Cotta)
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Dirk Husemann: "Der Sturz des Römischen Adlers. 2000 Jahre
Varusschlacht"
Zum heroischen Freiheitskampf der Germanen stilisiert und im Laufe der
Geschichte von unterschiedlichster Seite instrumentalisiert, ranken
sich noch
nach 2000 Jahren zahlreiche Mythen, Rätsel und Spekulationen
um die "Schlacht
im Teutoburger Wald".
Dirk Husemann hebt den Blick über das bloße
Schlachtengeschehen hinaus. Er
beleuchtet die beiden Protagonisten Varus und Arminius und zeigt
zugleich, wie
eng die römische und germanische Kultur miteinander verwoben
waren. Er geht
Mythen und Spekulationen nach und räumt auf mit falschen
Vorstellungen, die
sich bis heute halten. Spannend und anschaulich erzählt er auf
der Basis des
aktuellsten Forschungsstands von den Ereignissen, die zu der Schlacht
führten,
und davon, wie sich der Ausgang auf die römische und deutsche
Geschichte
auswirkte. (Campus Verlag)
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Peter Arens: "Kampf
um Germanien. Die Schlacht im Teutoburger Wald"
Keine Schlacht der Antike hatte so weitreichende Bedeutung für
die deutsche Geschichte wie die Varusschlacht im Teutoburger Wald.
Peter Arens erzählt anhand neuester Forschungsergebnisse
alles, was man über die Schlachten aller Schlachten wissen
muss.
"Varus, Varus, gib mir meine Legionen zurück",
soll der römische
Kaiser Augustus ausgerufen haben, nachdem
der Cheruskerfürst Arminius im Jahre 9 n. Chr. die
römischen Truppen des Feldherrn Quinctilius Varus vernichtend
geschlagen hatte. Damit waren die Weichen gestellt: Nie wieder
würde das Römische Reich diesseits des Rheins
Fuß fassen, in Germanien mussten die Römer zum
ersten Mal die Grenzen ihrer Macht erkennen. Der Anfang vom Ende des
Römischen Reichs hatte begonnen.
2009 jährt sich das Datum der Schlacht zum 2000. Mal. Zeit,
eine Bilanz zu ziehen und vor dem Hintergrund neuester historischer und
archäologischer Forschungen das Schlachtgeschehen und die
Geschichte der beteiligten Personen zu rekonstruieren: Wie konnte es
zur Niederlage von drei ganzen Legionen kommen? Wer war dieser
Arminius, der sich anschickte, die römische Herrschaft in
Germanien zu beenden? Und trug wirklich Varus an der Katastrophe
Schuld? (Eichborn)
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Ralf-Peter Märtin: "Die
Varusschlacht. Rom und die Germanen"
Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. wurden in den Wäldern
Germaniens drei römische
Legionen von den eigenen Hilfstruppen, den Cheruskern,
überfallen und
niedergemetzelt. Der Feldherr der Römer, Varus,
stürzte sich in sein Schwert.
Die Schlacht, eine der empfindlichsten Niederlagen, die das
Römische Reich
jemals erlitt, prägte die Entwicklung Mitteleuropas. Ihr
Sieger, Arminius,
wurde als Hermann zum Nationalhelden der Deutschen. Was aber wollten
die Römer
in Germanien? Und wie konnte es geschehen, dass die beste Armee der
Welt von
Barbaren geschlagen werden konnte? Wer überhaupt war dieser
Arminius? Jenseits
vertrauter Klischees, in denen Regen und Sturm, Wälder und
Sümpfe und die Unfähigkeit
des Varus noch immer die Hauptrolle spielen, gelingt Ralf-Peter
Märtin, gestützt
auf die Originalquellen und den aktuellen Forschungsstand der
Historiker und
Archäologen, eine neue verblüffende
Erklärung der Ereignisse. (S. Fischer)
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Helmuth
Schneider (Hrsg.): "Feindliche
Nachbarn. Rom und die Germanen"
Seit der Eroberung Galliens unter
Caesar (um 50 v. Chr.)
standen sich Römer und Germanen am Rhein - und später
auch an der Donau -
gegenüber. Die Beziehungen zwischen Rom und den germanischen
Stämmen begannen
mit einer militärischen Konfrontation, waren über
lange Jahrhunderte von Krieg
und Gewalt geprägt und endeten Anfang des 5. Jahrhunderts mit
dem Einfall der
Germanen in die westlichen Provinzen des Imperium Romanum. In diesem
Gebiet gründeten
dann Vandalen, Westgoten, Burgunder und Franken ihre
Königreiche. Die Autoren
dieses Bandes analysieren die römisch-germanischen Beziehungen
in der Zeit
zwischen der Regierungszeit Caesars und der Völkerwanderung.
Sie fragen nach
den Zielen, die die Römer in ihren Kriegen östlich
des Rheins verfolgten und
wie diese sich im Lauf der Zeit änderten. Neben den
militärischen Abwehrmaßnahmen
haben die Kaiser von Anfang an auch eine friedliche Germanenpolitik
betrieben.
So geht es um Verträge, Güteraustausch und
Handelsbeziehungen. Das Bild der
Germanen in der römischen Literatur wird am Beispiel der
"Germania"
des Tacitus dargestellt. Insgesamt entsteht so ein differenziertes Bild
der römisch-germanischen
Beziehungen, deren historische Bedeutung darin besteht, dass die
Germanen
wesentlich zur Verwandlung der
spätantiken Mittelmeerwelt
beitrugen. Mit Beiträgen
von: Armin Becker, Alexander Demandt, Andreas Goltz, Jürgen
Kneipp, Volker
Losemann, Thorsten Mattern, Kai Ruffing, Helmuth Schneider, Rainer
Wiegels und
Reinhard Wolters. (Böhlau Verlag Köln)
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Tillmann Bendikowski:
"Der Tag, an dem Deutschland
entstand. Geschichte der Varusschlacht"
2000 Jahre sind vergangen seit jenem Hinterhalt, in dem Arminius und
seine Kämpfer
9 n. Chr. das römische Heer vernichtend schlugen. Doch so sehr
diese Niederlage
das römische Weltreich erschütterte - ihre
geschichtliche Wirkung entfaltete
sie erst viel später: Der Mythos von der "Erfindung der
Deutschen"
wurde seit Beginn der Neuzeit mit dieser Schlacht verknüpft.
Arminius stieg zum
deutschen Helden auf, der als "Hermann der Cherusker" die nationalen
Forderungen nach Einheit und Freiheit verkörperte. Bendikowski
verbindet die
Erkenntnisse über die Ereignisse in den Wäldern
Germaniens mit den Spuren der
Schlacht in unserem historischen Gedächtnis. Es ist an der
Zeit, die
Geschehnisse von aller Deutschtümelei zu befreien. (C.
Bertelsmann)
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