Wolf-Dieter Storl: "Ich bin ein Teil des Waldes"
Der "Schamane aus dem Allgäu" erzählt sein Leben
Der
Pflanzen-Flüsterer
Leben im Einklang mit der Natur. Wolf-Dieter Storl -
Geschichtenerzähler,
Philosoph, Ethnobotaniker und Anthropologe redet mit Pflanzen und
hört ihnen
zu. Der "Schamane aus dem Allgäu" hat sein
Leben in dem Buch
"Ich bin ein Teil des Waldes" veröffentlicht. Doch Entwarnung,
keine
esoterische Scharlatanerie erwartet den Leser, sondern kluge
Betrachtungen
seines eigenen Grundsatzes: "Alles, was man lernen und
verstehen möchte,
muss man erleben."
"Werter Spaziergänger!
Was Sie hier sehen, ist kein verwilderter Garten,
sondern ein Naturgarten. Die Natur ist nicht unordentlich.
Vielleicht bräuchten wir eine neue Ästhetik,
um ihre Schönheit zu begreifen. Sind sie nicht schön,
die blühenden Gräser und Wildblumen?
Sie spenden den Bienen und Schmetterlingen Nektar,
den Singvögeln wertvolles Samenfutter.
Hochachtungsvoll,
Dr. Wolf-Dieter Storl"
Diese Worte schreibt der Autor auf ein kleines Schild am Gartentor
seines
Grundstückes im ostfriesischen Moor in der norddeutschen
Tiefebene. Wegen
seines naturbelassenen Grundstückes ist er ständigen
Anfechtungen der
Nachbarschaft ausgesetzt. Im Schwimmbad geht man ihm gleichfalls aus
dem Weg,
denn dieser langbärtige zottelige Mann entspricht nicht dem
Aussehen des
"normalen" Durchschnittsmenschen der Gesellschaft. Auch wenn die wilde
Haartracht und der Bart etwas Anderes assoziieren lässt, Storl
ist weder Guru,
Esoterik-Papst, New-Age-Bewegter, kein Wandereremit,
Späthippie und auch kein
Grüner. Er ist auch kein - wie es der Untertitel des Buches
verkündet -
Schamane aus dem Allgäu. Der promovierte Anthropologe, der
bereits mehrere Bücher
geschrieben hat (u. a. "Borreliose natürlich heilen",
"Kräuterkunde",
"Der Kosmos im Garten"), beschäftigt sich höchstens
mit dem Schamanismus
verschiedenster Kulturen. Im Allgäu hat
er letztendlich seine
Heimat gefunden, nach einer Fülle von Lebensstationen rund um
die Erdkugel.
Von diesen Lebensstationen erzählt Storl, obwohl er dieses
Buch nicht als
Autobiografie sieht. Es geht ihm darum, einige Hintergründe zu
erhellen, die zu
der Naturphilosophie führten, die in anderen Werken von ihm
zum Ausdruck
kommen. Sein "verwildertes Grundstück" ist dabei nur ein Teil
dieser
Lebensphilosophie: seiner Achtung vor der Natur. "Für
mich ist die
Natur nicht etwas Äußerliches, etwas rein
Gegenständliches, das man mit kühler
Sachlichkeit analysieren und quantifizieren kann. (...) Der Mensch ist
Teil der
Natur, jedes Tier und jede Pflanze ist beseelt. Und je weniger wir das
begreifen
und zulassen, desto mehr verirren wir uns", bemerkt der Autor.
Große Liebe und Verbundenheit mit der Natur
Wolf-Dieter Storl wurde 1942 in Crimmitschau - einer
sächsischen Kleinstadt -
als Sohn eines Textilfabrikanten geboren. Als
Fünfjähriger flieht er mit
seiner Familie in den Westen. 1951 wandert die Familie in die USA aus,
und es
verschlägt sie in ein Sechshundert-Einwohner-Nest im
ländlichen Ohio. Hier
intensiviert sich seine Liebe zur Natur. Daher möchte er
Biologie studieren,
hat gar eine glänzende Wissenschaftler-Karriere in Aussicht.
Doch die nüchterne
Erkenntnis kommt rasch. "Während dieser Zeit verlor
ich immer mehr den
Kontakt zur Natur und zu meinem inneren Wesen. Ich kam mir wie
eingekerkert vor.
Es war an der Zeit sich wieder zu verbinden." Er steigt aus,
trampt an
die Westküste der USA und weiter zu den Indios in Mexiko. Die
vielen
menschlichen Lebensformen faszinieren ihn. Er studiert Anthropologie.
Es folgt eine Zeit der großen Wanderung und Suche. Der
Ethnologe betreibt
Feldforschungen unter Naturvölkern, wie den Tsistsitas oder
Cheyenne, in einer
Spiritualistengemeinschaft in Ohio, bei den Shaiva Sadhus Indiens und
Nepals,
bei den Ngangas in Zulu Natal, bei einem Bergbauern im Schweizer Jura
und langen
Rucksackreisen durch Mexiko, Burma, Thailand,
China, Japan, Österreich und
vielen anderen Ländern, bis er 1988 auf einem alten, 900 Meter
hoch gelegenen
Hof im Allgäu sesshaft wird.
Auszugsweise lässt er den Leser an seinen Erkenntnissen und
Einsichten, die ihm
den Zugang zu einer "anderen" Welt vermitteln, teilhaben. Über
alles
zu schreiben würde den Rahmen sprengen. Storl wählt
teilweise ganz konkrete
Erfahrungen, in die er dann tiefer eindringt. In allen Zeilen ist seine
große
Liebe und Verbundenheit mit der Natur zu spüren. "Die
Freude, die einen
erfüllt, wenn man die Natur mit Leib, Seele und Geist erlebt
und nicht nur mit
dem kalten Intellekt. (...) Für mich kommt alles, was nicht
durchlebt und mit
dem ganzen Wesen erfahren wird, der Gefahr nahe, eine Abstraktion zu
werden. Man
versteht nur, wenn man in das Phänomen
hineinschlüpft, wenn man es von innen
her, mit Herz und Seele durchlebt hat. Unsere Zivilisation
häuft Berge von
Wissen an, aber das tiefere Verstehen geht dabei verloren."
Der Autor ist ein weitgereister, kluger und weiser Mann. Er
weiß eine Unmenge
über einheimische Pflanzen, die wir zu nutzen
größtenteils verlernt haben. In
seiner ruhig-besonnenen, nie urteilenden Darstellung verschiedener
Weltbilder,
Religionen und Realitätskonstruktionen hat er ein kluges Buch
seines Lebens
oder besser seiner Lebensphilosophie geschrieben. All diese
Lebensabschnitte
sind, gepaart mit Anekdoten und einem beeindruckend lebendigem
spirituellen
Wissen, in diesem informativen und auch spannenden Buch vertreten.
Fazit:
Wolf-Dieter Storl hat eine einfache, aber wirkungsvolle
Aufzeichnungsart gewählt,
um dem Leser von seinem Weg zum Leben in Kontemplation mit der Natur
zu erzählen.
Er lässt viel Raum für eigene Gedanken und
Aha-Erlebnisse. Dabei will Storl
keineswegs die Zeit zurückdrehen. Aber vielleicht
öffnet er die Augen dafür,
selbst zu der Erkenntnis zu kommen, wozu unsere natürlichen
Sinne fähig sind.
Man kann nicht leben lassen, sondern man muss selber leben.
(Heike Geilen; 11/2008)
Wolf-Dieter
Storl: "Ich bin ein Teil des Waldes. Der 'Schamane aus dem
Allgäu' erzählt
sein Leben"
Ansata, 2008. 333 Seiten.
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Nana
Nauwald: "Das Lachen der Geister. Meine Reise zu den
Schamanen - Magie
und Rituale am Amazonas"
Schamanen, Magie, Geister und Zauberpflanzen - all das erlebt die
Künstlerin
und Autorin Nana Nauwald auf ihrer Reise in das peruanische
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ihrem fesselnden Erfahrungsbericht erzählt sie von ihrer Zeit
mit den
Schamanen, die sie in die Geheimnisse ihrer Rituale, Heilzeremonien und
Visionen
einweihen. Grenzerfahrungen, geistige Herausforderungen und die
gefahrvolle
Natur des Dschungels beginnen ihre Vorstellungswelten zu sprengen ...
Der offene, spannungsvolle Bericht über eine Reise in das Herz
des Schamanismus.
Seit acht Jahren reist Nana Nauwald in das peruanische Amazonasgebiet
und lebt
dort mit indigenen Gemeinschaften. Sie lernt von Schamanen,
Kräuterfrauen und
den Alten, dass alle Erscheinungen des Lebens einen Geist haben und
dass es möglich
ist, mit diesem Geist in Verbindung zu treten. Je vertrauter ihr die
äußere
Dschungelwelt wird und je mehr sich die Freundschaften vertiefen, desto
weiter
öffnen sich Nana Nauwald die geistigen Welten der Schamanen.
Sie erfährt die
Wirkung und Kraft ihrer Rituale, Heilgesänge,
visionären Heilpflanzen und ihre
Welt der Geister. Vertraute Weggefährten wie der alte Schamane
Benito und seine
Schwester Mañuca, der junge Schamane Ernesto und sein Bruder
Betto, und vor
allem Javier begleiten sie auch auf ihrer Reise, von der dieses Buch
erzählt.
Trotz aller äußeren Exotik erlebt sie vor allem eine
innere Reise zu sich
selbst. Das Hinterfragen gewohnter Denkmuster, Zweifel an der eigenen
Wahrnehmung und vor allem großes Staunen und Dankbarkeit
bestimmen diesen
inspirierenden Erfahrungsbericht voller Zauber und Magie. (Ullstein)
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Wolf-Dieter
Storl: "Pflanzendevas. Die geistig-seelischen Dimensionen der Pflanzen"
Wolf-Dieter Storl macht Pflanzen in ihren geistig-seelischen
Dimensionen fühlbar
und erlebbar: Er beschreibt sie als göttliche Wesenheiten, die
kosmische
Aufgaben erfüllen und mit denen man kommunizieren kann. Seine
praktischen
Anleitungen und Meditationen bringen uns wieder in Einklang mit der
Natur. Ein
Muss für alle, die Pflanzen lieben. (Knaur)
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Alberto Villoldo: "Mutiges
Träumen. Wie Schamanen
Realitäten erträumen"
Unser Leben ist nichts als ein Traum, und die Welt ist, was wir durch
unsere
Gedanken und Vorstellungen ins Dasein hinein träumen.
Schamanen traditioneller
Naturvölker wussten dies, und sie erfanden Techniken, um ihre
Realität zu verändern.
Alberto Villoldo lebt in Los Angeles und ist klassisch ausgebildeter
medizinischer Anthropologe. 25 Jahre lang bereiste er die
Hochländer der Anden
und des Amazonas und studierte die
schamanischen Heilpraktiken. (Arkana)
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Mircea
Eliade: "Schamanismus und archaische
Ekstasetechnik"
Das religiöse Phänomen des Schamanismus hat seine
deutliche Ausprägung bei
den Völkern Zentralasiens und Sibiriens gefunden, doch auch in
Afrika und
Australien, in Nord- und Südamerika ebenso wie bei den
Griechen und den
Germanen hat man ähnliche Erscheinungen verzeichnet. Eliades
Darstellung des
Schamanismus war bei ihrem Erscheinen der erste Versuch, dieses
Phänomen
umfassend darzustellen.
Mircea Eliade wurde 1907 in Bukarest geboren. Er studierte von 1925 bis
1931 in
Bukarest und Kalkutta; längerer Aufenthalt im Himalaya-Gebiet,
ausgedehnte
Asien-Reisen. Seit den 1950er-Jahren bis zum seinem Tod im Jahr 1986
war er
Professor für Religionswissenschaft in Chicago. (Suhrkamp)
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