Ingo Schulze: "Tausend Geschichten sind nicht genug"
In diesem kleinen Sonderdruck der edition suhrkamp sind zwei Reden enthalten, die der Schriftsteller Ingo Schulze im Jahr 2007 gehalten hat
Die erste ist eine Poetikvorlesung in Leipzig und die zweite eine Dankesrede ("Was wollen wir?") aus Anlass der Verleihung des "Thüringer Literaturpreises".
Besonders in seiner Leipziger Poetikvorlesung geht
Ingo Schulze auf die autobiografischen Hintergründe seines
Schreibens ein, erzählt von seiner Zeit in St. Petersburg,
ordnet seine ersten drei Bücher in diesen biografischen Rahmen
ein, gibt Auskunft über die Schriftsteller und Werke, die ihn
beeinflusst und inspiriert haben, und stellt immer wieder den
Zusammenhang zwischen Schreiben und gesellschaftlicher Existenz her. |
Ingo Schulze wurde 1962 in Dresden geboren, studierte klassische Philologie in Jena und arbeitete in Altenburg als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. Für sein erstes Buch "33 Augenblicke des Glücks" wurde er u. A. mit dem "Aspekte-Literaturpreis" ausgezeichnet. Für "Simple Storys" erhielt er den "Berliner Literaturpreis" mit der "Johannes Bobrowski-Medaille". 2000 erschien "Von Nasen, Faxen und Ariadnefäden" (zusammen mit Helmar Penndorf). 2001 erhielt er den "Joseph-Breitbach-Literaturpreis". 2005 wurde sein Roman "Neue Leben" veröffentlicht, und 2007 bekam er für seinen zweiten Erzählungsband "Handy" den "Preis der Leipziger Buchmesse". Ingo Schulze ist Mitglied der "Akademie der Künste Berlin" und der "Deutschen Akademie für Sprache und Dichtkunst". Seine Bücher wurden zahlreiche Sprachen übersetzt. |
Selbst wenn man vor der Lektüre der beiden Reden noch nichts von diesem erstaunlichen Autor gelesen haben sollte: danach wird man es (nachholen) wollen.
(Winfried Stanzick; 07/2008)
Ingo
Schulze: "Tausend Geschichten sind
nicht genug"
edition suhrkamp, 2008. 76 Seiten.
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Weitere
Bücher des Autors (Auswahl):
"Adam und Evelyn"
Spätsommer 1989, Ferien am Balaton - plötzlich
öffnet Ungarn die Grenze, und
der verbotene Westen mit all seinen Verlockungen ist zum Greifen nah.
In dieser
Situation entdeckt Ingo Schulze den Mythos von Adam und Eva. Entstanden
ist eine
große Tragikomödie über Verbot und
Erkenntnis und die Suche nach dem wahren
Paradies.
Die Frauen lieben Adam, weil er ihnen Kleider schneidert, die sie
schön und
begehrenswert machen. Adam liebt schöne Frauen. Wenn sie erst
seine Kleider
tragen, begehrt er sie alle, und abgesehen davon liebt er Evelyn. Die
ertappt
ihn eines heißen Augusttages 1989 in flagranti mit einem
seiner Geschöpfe.
Statt mit Adam fährt Evelyn gemeinsam mit einer Freundin und
deren Westcousin
nach Ungarn an den Balaton. Adam setzt sich mit seinem alten Wartburg
dem roten
Passat auf die Spur. Für Evelyn würde er bis ans Ende
der Welt fahren - und
vielleicht muss er das auch, denn Ungarn will die Grenze gen Westen
öffnen. Plötzlich
ist die verbotene Frucht greifbar, und alle müssen sich
entscheiden.
In der Ausnahmesituation jenes Spätsommers 1989, dem
Schwebezustand plötzlicher
Wahlfreiheit, entdeckt Ingo Schulze die menschliche Urgeschichte von
Verbot und
Verlockung, Liebe und Erkenntnis und nicht zuletzt der Sehnsucht nach
dem
Paradies.
Doch wo ist das zu finden? In der Verheißung des
Westens, der
Ungebundenheit eines endlosen Feriensommers am Plattensee oder doch im
vertrauten Amtsstubenduft einer frisch geöffneten Brotkapsel
und dem eigenen
Garten?
Im Spiel mit dem biblischen Mythos von Adam und Eva gelingt Ingo
Schulze eine
grandiose Tragikomödie. Mit seinem ironisch gebrochenen
Begriff vom
Sündenfall
findet er eine Chiffre für den Eintritt in unsere heutige
Welt. (Berlin Verlag)
zur Rezension ...
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"Die rechtschaffenen Mörder" zur Rezension ...
"Neue
Leben"
Rien ne va plus - es gibt kein Zurück, und alle Wege stehen
offen: Ostdeutsche
Provinz, Jänner 1990. Enrico Türmer, Theatermann und
heimlicher
Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei
einer neu gegründeten
Zeitung an. Scheinbar erlöst vom Zwang, die Welt zu
beschreiben, stürzt Türmer
sich ins tätige Leben. Unter der Leitung seines Mephisto, des
allgegenwärtigen
Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen
ungeahnten
Aufstiegswillen ...
Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die
Briefe Enrico Türmers,
geschrieben im ersten Halbjahr 1990 an seine drei Lieben - an die
Schwester
Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.
Während er
den
Kapitalismus für sich entdeckt und von den
Abenteuern des Geschäftsmannes
berichtet, trägt er die Schichten seines bisherigen Lebens ab.
Dabei entsteht,
wovon Türmer so lange geträumt hat: Der Roman seines
Lebens, in dessen
Facetten sich die Zeitgeschichte bricht und spiegelt. So wird die
widersprüchliche
Gestalt Türmers zur Allegorie für die
Fragwürdigkeit der alten, aber auch der
neuen Leben. Ingo Schulze erweist sich wiederum als großer
Erzähler, der es
auf unnachahmliche Weise versteht, den Irrwitz der so genannten
Wendezeit
heraufzubeschwören. Als Chronist der jüngsten
deutschen Geschichte gelingt ihm
das Panorama des Weltenwechsels 1989/90.
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"Handy
- Dreizehn Geschichten in alter Manier"
Silvester 1999 in Berlin. Frank Reichert, als ostdeutscher
Jungunternehmer
erfolgreich im Westen angekommen, begegnet auf der Silvesterfeier an
der
Schwelle zum neuen Jahrtausend Julia, seiner verlorenen
großen Liebe. Seit der
Trennung im Herbst 1989 wandelt er wie ein Fremder durchs Leben, fast
unbeteiligt erlebt er neue Beziehungen und den Erfolg seines
florierenden Geschäfts.
Nichts mehr kann ihn im Tiefsten berühren, über allem
liegt Julias Schatten
und die Möglichkeit eines anderen Lebens. So wird das Ende der
Nacht zu einem
Neubeginn, mit dem keiner gerechnet hat. Zwischen Abschied und Aufbruch
taumeln
fast alle Figuren in Ingo Schulzes Erzählungen. Oft reicht
schon ein einziger
irritierender Blick, um das scheinbar harmonische Gefüge einer
frischen Liebe,
einer nachbarschaftlichen Bekanntschaft oder eines unbeschwerten
Urlaubs aus den
Angeln zu heben. Ob im Friseurladen in Manhattan, in einer
Datscha im
Berliner
Umland - stets umgibt eine Atmosphäre diffuser Bedrohung die
selbstgeschaffenen
Fluchtorte. In diesen Heterotopien der Seligkeit behaupten sich
Schulzes Protagonisten gegen eine
ständig
beschleunigende Welt, die mit ihren Fallstricken bis in die eigenen
vier Wände
reicht. Mit untrüglichem Gespür für
tragikomische Situationen umkreist Ingo
Schulze das Wesen der Liebe, das Ringen um Würde im
Abschiednehmen
und das
Geschenk glückhafter Epiphanien mitten im Alltag. (Berlin
Verlag)
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"33
Augenblicke des Glücks"
33 Episoden erzählen von einer Stadt, die Generationen von
Schriftstellern, Künstlern,
Musikern - und Lesern - in ihren Bann gezogen hat. Auch Ingo Schulze
bleibt
davon nicht unberührt: "Piter", ein Kosename für
St.
Petersburg,
eignet sich auf vortreffliche Weise als Projektionsfläche
für seine
grenzenlosen Fantasien.
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"Der Herr Augustin"
Eine nachdenkliche Geschichte über Einsamkeit und das
Glück der Freundschaft
-
illustriert in einer ganz eigenen, eindrücklichen
Bildersprache von Julia
Penndorf.
"Habe die Ehre", grüßt Herr
Augustin stets freundlich und lüftet
seinen Hut, falls er ihn nicht gerade vergessen hat. Manchmal vergisst
Herr
Augustin auch seinen Schirm, oder wie man Hemd und Mantel ordentlich
zuknöpft.
Wenn er bemerkt, dass die Dinge sich um ihn herum
selbstständig machen, wird er
traurig. Wenn er bemerkt, dass die Kinder ihn deshalb auslachen, kann
er sehr
zornig werden, und eines Tages vergisst Herr Augustin, dass man nicht
mit
Steinen wirft ...
Vielleicht hat Herr Augustin einfach vergessen, sich etwas Wichtiges zu
wünschen?
Zum Glück gehen manchmal auch ungewünschte
Wünsche in Erfüllung. (Kinderbuch,
Bloomsbury
Berlin)
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