Gustav Adolf Lehmann: "Perikles. Staatsmann und Stratege im antiken Athen"
Eine Biografie
Die
attische Demokratie
zwischen zwei Kriegen
Der Autor Gustav Adolf Lehmann ist Professor für Alte
Geschichte an der
Universität Göttingen und Direktor des
Althistorischen Seminars. Neben dem
vorliegenden Werk hat er u.a. auch eine Biografie über
Demosthenes von Athen
verfasst, die 2004 ebenfalls bei C.H. Beck erschienen ist.
Die Geburt des Perikles datiert der Autor mit 494/3 v. Chr. und weicht
damit von
einigen anderen Quellen ab, die dieses Ereignis zwischen 500 und 490
ansiedeln.
Die Anmerkungen des Autors ergeben hier nur indirekte Hinweise, so
beispielsweise dass Perikles 463 als Ankläger gegen einen
gewissen Kimon wohl
30 Jahre alt gewesen sein muss. Aber so genau wollen wir das nicht
wissen. Es
ist wesentlich interessanter zu erfahren, was er denn
Außerordentliches
bewirkte, dass man gleich eine ganze Epoche nach ihm benannte, die
perikleische
Zeit.
Im ersten Kapitel wird der Leser mit der post-perikleischen Zeit des
Endes des für
Athen dramatischen Peloponnesischen Krieges konfrontiert, in das
Perikles das
demokratische Athen geführt hatte. Der große
Perikles als Ursache eines
politischen Scherbenhaufens? Schaut man sich die verschiedenen
zeitgenössischen
Quellen an, so zeichnen diese ein unterschiedliches Bild des Perikles,
das
rangiert zwischen Wegbereiter der attischen Demokratie und Produkt
derselben,
zwischen Befürworter des Friedens und Mitauslöser des
Peloponnesischen
Krieges.
Die große Zeit des Perikles liegt zwischen 460, also noch vor
Ende der
Perserkriege, und dem Peloponnesischen Krieg, der 431 einsetzte. Aus
unserer
Perspektive des 21. Jahrhunderts heraus ist diese Zeit jedoch nicht
leicht zu
begreifen. Denn selbst der traditionelle Eid der Athener
Bürgersoldaten
beinhaltet ein: "Ich (...) werde mein Vaterland keinesfalls
kleiner
weitergeben, sondern größer und in besserem Zustand,
nach meinem Vermögen und
mit Hilfe aller Anderen." Das ist kein Bekenntnis zum
Pazifismus. Aber
dennoch lässt der Autor erkennen, dass Perikles seiner Ansicht
nach den Frieden
als Grundlage einer Gesellschaft ansah, vielleicht mit der
Einschränkung, dass
der Frieden auch ehrenvoll sein muss. So bleibt man ein wenig unsicher,
aber an
dem unversöhnlichen kriegstreibenden Kurs seiner Nachfolger
Kleon und
Alkibiades, (der Alkibiades
des Platon-Dialogs "Symposion"),
gemessen kann man ihm sicherlich friedvolle Absichten unterstellen. "Von
der Politik des Perikles vor 431 v. Chr. lässt sich also
schwerlich eine
geradlinige, historisch zwangsläufige Entwicklung bis zum
Zusammenbruch von
405/4 v. Chr. behaupten, geschweige denn belegen." Das
entschuldigt den
Perikles also. Aber: "Gleichwohl wird man den Einwand
akzeptieren müssen,
dass einige Entwicklungen und politische Impulse, die zu den schlimmen
Fehlentscheidungen seit 420 v. Chr. beigetragen haben, über
den Archidamischen
Krieg hinauf bis in die perikleische Zeit zurückreichen."
Lassen wir den Autor wieder zu Wort kommen: "Die mit Abstand
größte
Leistung des Perikles aber stellt sein persönlicher Einsatz
für die - mit
demokratischer Mehrheitsherrschaft (...) nicht notwendig verbundene -
Ausgestaltung Athens zu einem Kulturstaat dar, an dem die gesamte
Bürgerschaft,
über alle sozialen Unterschiede und Milieus hinweg, aktiv
beteiligt war und
sich dafür immer wieder einem anspruchsvollen Bildungsprogramm
unterzog. Dies
gilt für die reiche agonale Festkultur der Polis ebenso wie
für die Errichtung
der Großbauten, einschließlich der Meisterwerke der
bildenden Künste, auf der
Akropolis wie auch in den Heiligtümern in Stadt und Land.
(...) Bevor Athen
jedoch wirklich den Rang einer sicheren Heinstatt nicht nur
für die Künste,
sondern auch für die Freiheit des Geistes, gegen alle
politisch oder religiös
begründeten Vorbehalte, erlangen konnte, bedurfte es noch der
bitteren
Erfahrungen aus dem Sokrates-Prozess und der Nachwirkungen dieses
fatalen
Justizmordes an dem großen und eigenwilligen Denker und
Lehrer (399 v. Chr.)."
Der Schwerpunkt dieser Biografie liegt sicherlich auf den politischen
Leistungen
des Perikles, aber der Mensch schimmert gelegentlich doch durch. So
hatte er ein
Verhältnis zu einer ausländischen femme
fatale, der Aspasia aus Milet,
was für die Athener sehr befremdlich war. Doch ist es schwer,
Dichtung und
Wahrheit zu trennen. Andererseits ist auch ein gegenteiliges Zeugnis
Plutarchs
überliefert, denn Perikles soll dem Dichter und damaligen
Strategen Sophokles
anlässlich einer anzüglichen Bemerkung
während eines Symposions gesagt haben:
"Mein lieber Sophokles, der Stratege hat die Pflicht, nicht
nur seine Hände,
sondern auch sein Augen sauber zu halten."
Das Ende des Perikles ist teils tragisch. Wegen Untreue wurde er vor
Gericht
gestellt und schuldig gesprochen, doch als sich kein Nachfolger fand,
hofierte
man ihn wieder und setzte ihn in allen Ehren in sein Strategenamt ein.
Doch eine
Seuche raffte ihn 429 v. Chr. schließlich dahin.
Fazit:
Die Attische Demokratie vor nahezu 2500 Jahren scheint unter einer
historischen
Perspektive ein wenig unwirklich. Denn unter einem teleologischen
Aspekt
widerlegt diese Epoche jedenfalls die Theorien gleich haufenweise. Doch
ohne
eine teleologische Optik wirkt diese Zeit ungemein faszinierend,
lebendig. Man
kann eine Kultur entdecken, die im modernen Europa erst 2000 Jahre
später
wiedergeboren werden sollte, in der
Renaissance,
dem Rinascimento,
einer übrigens
ebenso faszinierenden Epoche.
Dieses Buch trägt dazu bei, einen der Protagonisten dieser
Zeit wieder auf
seinen angestammten Sockel zu stellen, und das erfreut nicht nur die
Humanisten
unter uns ...
(Klaus Prinz; 04/2008)
Gustav
Adolf Lehmann: "Perikles. Staatsmann und Stratege im antiken Athen"
C.H. Beck, 2008. 367 Seiten.
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Ein
weiteres Buch des
Autors:
"Demosthenes von Athen. Ein Leben für die Freiheit"
Gustav Adolf Lehmann hat hier den Lebensweg des athenischen Redners und
Politikers Demosthenes in einem packenden Gemälde
nachgezeichnet - den Kampf um
sein Erbe, seine Anfänge als Advokat und Redenschreiber,
seinen Aufstieg als
Politiker, seine unablässigen Bemühungen, eine Front
gegen die übermächtigen
Makedonen zu schmieden, und schließlich seinen Freitod, um
den Feinden nicht
lebend in die Hände zu fallen.
Demosthenes von Athen (384-322 v. Chr.) gilt als der bedeutendste
Redner der
Antike. Doch schwankt sein Charakterbild in der Geschichte:
Während er den Einen
als der letzte Verteidiger der athenischen, aber auch der
gemeingriechischen
Freiheit gegen die makedonischen Eroberer unter Philipp II. und seinem
Sohn
Alexander
dem Großen gilt, erscheint er den Anderen nur als
Hemmschuh der
fortschreitenden Historie auf dem Weg zum Hellenismus.
Demosthenes wird in dieser fundierten, faktenreichen und lebendig
geschriebenen
Biografie als tragische Figur gezeigt. Frühzeitig erkennt er
die Gefahren, die
für die Freiheit der Athener und letztlich für die
Freiheit aller Griechen von
den Makedonen ausgehen. Doch als es ihm endlich gelingt, die
griechischen Kräfte
zum Abwehrkampf zusammenzuführen, ist es zu spät, und
die Koalition unterliegt
den Makedonen unter König Philipp II. und dem Prinzen
Alexander in der Schlacht
bei Chaironeia (338 v. Chr.).
Demosthenes aber gibt nicht auf und versucht noch einmal, die
Verhältnisse
umzukehren. Als er scheitert, bleibt ihm nur noch der Weg in den
Freitod.
Mit Hilfe zahlreicher Ausschnitte aus den vielen erhaltenen Reden des
Demosthenes und seiner Gegenspieler zeichnet Gustav Adolf Lehmann ein
anschauliches Bild des Redners und seiner Zeit. (C.H. Beck)
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Weitere Buchtipps:
Hans-Joachim Gehrke, Ernst Steinecke: "Demokratie in Athen. Die attische Demokratie - Vorbild der modernen Demokratie"
Kern der Konzeption ist der Vergleich zwischen antiker und moderner
Demokratie. Behandelt werden:Grundlagen; Ordnung des Kleisthenes;
Perserkriege; Herrschaft des demos in der "Blütezeit"; Bauten und Feste; Peloponnesischer Krieg. (Cornelsen)
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Wilfiried Nippel: "Antike oder moderne Freiheit. Die Begründung der Demokratie in Athen und in der Neuzeit"
Die Demokratie, vor 2500 Jahren im antiken Griechenland entstanden, hat
nie ihre Faszination verloren. Die Idee von der Freiheit der Bürger
inspirierte seitdem immer wieder neu das Nachdenken über die richtige
Regierungsform für eine Gesellschaft.
In seiner konzisen Studie zeichnet Wilfried Nippel nach, wie über die
Jahrhunderte hinweg der Rückgriff auf die athenische Demokratie bis in
die Gegenwart die Diskussion über das jeweils aktuelle politische
System bestimmt hat.
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Bruno
Bleckmann: "Der Peloponnesische Krieg"
Im Peloponnesischen Krieg (431-404 v. Chr.) standen sich die
Machtblöcke
des Ersten Attischen Seebundes unter Führung Athens und des
Peloponnesischen
Bundes unter seinem Hegemon Sparta gegenüber. Dank Thukydides
sind wir über
den Verlauf dieses antiken Weltkriegs wie über kaum ein
zweites Ereignis des
Altertums informiert. Bruno Bleckmann erläutert die
Kriegsgründe, die
verschiedenen Etappen der Auseinandersetzung, den Ausgang sowie die
historische
Bedeutung dieses Konflikts. (C.H. Beck)
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Thukydides:
"Der Peloponnesische Krieg"
Stehen in Herodots "Historien" die Perserkriege im
Mittelpunkt, so widmet sich Thukydides der Auseinandersetzung zwischen
Athen und Sparta um die Vorherrschaft auf dem griechischen Festland.
Seine
Darstellung ist - wie die des dritten großen griechischen
Historikers: Xenophon
- die eines Beteiligten: Im Jahr 425/424 befehligte er als Stratege
(Heerführer) die Truppen der Athener. Nach einem Misserfolg
wurde er verbannt.
Im Exil schrieb er seine Darstellung des Krieges, die mit der
Niederlage seiner
Heimatstadt endet.
Herausgegeben und übersetzt von Georg Peter Landmann. (Artemis
& Winkler)
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Wolfgang
Will: "Perikles"
Perikles, der charismatische Redner und Staatsmann, stand, so die
allgemeine
Auffassung, mit den großen Geistern seiner Zeit - Sokrates,
Sophokles, Phidias,
Anaxagoras, Herodot - in enger Verbindung und vollendete die erste
Demokratie
der Welt in seiner Heimatstadt Athen. Auch wenn das "Perikleische
Zeitalter" mit Recht als Glanzzeit Athens und der klassischen
griechischen
Kultur gilt, die Kritik an Perikles ist nie verstummt: Schon seine
Zeitgenossen
warfen ihm vor, er habe wie ein Monarch regiert und Athen in den
verhängnisvollen Peloponnesischen Krieg geführt.
(rororo Rowohlt)
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Peter
Funke: "Athen in klassischer Zeit"
Das klassische Athen hat zweieinhalbtausend Jahre Kultur- und
Geistesgeschichte
des Abendlandes geprägt. Peter Funke schildert Entstehung und
Entwicklung der
athenischen Demokratie, die erfolgreiche Abwehr der Perser und die Zeit
des
ersten attischen Seebundes. Er stellt die attische Philosophie und ihre
Exponenten wie Sokrates und
Platon,
den Peloponnesischen Krieg, die neuerliche
Blüte Athens im zweiten Seebund und den vergeblichen Kampf um
die Freiheit
gegen die Makedonen dar, der mit der Niederlage bei Chaironeia endet.
(C.H. Beck)
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Leonhard
Burckhardt, Jürgen
von Ungern-Sternberg (Hrsg.): "Große Prozesse im antiken
Athen"
Politische Prozesse zur Ausschaltung unliebsamer Gegner, Prozesse wegen
Religionsfrevels, aber auch solche wegen Mordes und Erbstreitigkeiten
waren
keine Seltenheit vor athenischen Gerichtshöfen.
Berühmte Politiker wie
Perikles und Alkibiades forderte man ebenso vor die Schranken des
Gerichts wie
den Philosophen Sokrates. Ihre Geschichte und die von vielen weiteren
berühmten
Rechtsfällen werden im vorliegenden Band erzählt und
in ihren Besonderheiten
erläutert. Dabei entsteht ein anschauliches Bild von
Rechtsprechung, Rhetorik
und Politik im Klassischen Athen. In diesem Band begegnen uns viele
jener Persönlichkeiten
wieder, die damals die Geschicke der berühmtesten aller
griechischen Städte
bestimmten, wie etwa Themistokles, Perikles, Alkibiades und
Demosthenes. Sie
alle waren irgendwann die Helden ihrer Heimatstadt Athen und gerieten
doch
letztlich in die Mühlen ihrer - politischen - Justiz. Das
prominenteste Opfer
der athenischen Volksgerichte wurde zweifellos Sokrates, dem sein Witz
und seine
Schlagfertigkeit ebenso wenig halfen wie der Satz des Orakels von
Delphi, er sei
der weiseste aller Menschen. Aber natürlich wurden nicht nur
politisch
motivierte Prozesse in Athen geführt. Auch ganz
"bürgerliche"
Gerichtsfälle sind berühmt geworden und finden dank
ihrer überzeitlichen
Thematik noch heute unser ungebrochenes Interesse: Was tut etwa ein
braver
athenischer Ehemann, wenn er einen Ehebrecher in flagranti erwischt?
Und wie
wehrt sich eine Familie, wenn ihr Erbe ins "Rotlichtmilieu"
transferiert werden soll? In eigenen Beiträgen werden dem
Leser zudem Aufbau
und Geschichte des athenischen Gerichtswesens, aber auch wichtige
Rechtsinstitutionen wie das sprichwörtlich gewordene
Scherbengericht erklärt,
um den rechtshistorischen Rahmen der großen Prozesse zu
veranschaulichen. (C.H.
Beck)
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Martin
Dreher: "Athen und Sparta"
Athen und Sparta sind die beiden bekanntesten griechischen
Stadtstaaten. Ihre
äußere und innere Machtentfaltung und ihre
gegensätzlichen Strukturen
beeinflussten und beeindruckten bereits die gesamte griechische Welt.
Aber wo
lagen ihre grundsätzlichen Unterschiede? Wie
entwickelte sich
ihr Staats- und
Gesellschaftsaufbau - hier Demokratie, dort Aristokratie? Wer waren die
politisch und militärisch maßgeblichen
Persönlichkeiten in diesem Prozess?
Welche geschichtlichen Ereignisse waren für die beiden
Städte von prägender
Bedeutung, wie sah ihre imperiale Politik aus? Warum brachte Athen ein
blühendes Kulturleben hervor - und wie
äußerte es sich -, während Sparta
zunehmend kulturell verarmte? Welche Bedeutung kam dem Kult in beiden
Städten
zu? Und wieso war die Stellung der Frauen in beiden Gesellschaften so
verschieden? Martin Drehers moderne Einführung in die
Geschichte Athens und
Spartas gibt auf diese und viele andere Fragen erste Antworten, nennt
die
maßgeblichen Quellen und weist den Weg zu
weiterführender Literatur. (C.H.
Beck)
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