Antonia Pauly: "Der Büttel zu Cöln"
Historischer Roman
Es
ist das Jahr 1271 in der Stadt
Cöln am Rhein, und der Dombau befindet sich bereits in der
zweiten Generation.
Seit Kurzem hat die Stadt einen neuen Büttel - ein
Zwischending zwischen
Polizist und Folteraufseher mit gleichzeitiger Aufsicht über
Verstöße gegen
allgemeine Markt- und Ordnungsrechte. Der neu zugezogene ehemalige
Bäckergeselle
Florian Grimm hat sich um den Posten beworben, kurz nachdem sein
Vorgänger im
Amt zu Grabe getragen worden ist. Nun muss er auf die Einhaltung der
Gesetze
achten, und er nimmt dieses Amt auch durchaus ernst.
So treibt ihn die Suche nach illegalem Glücksspiel eines
Abends in das bekannte
"Haxenhaus", einen Restaurationsbetrieb, den man auch heute noch in
Köln
besuchen kann, wo ihm ein in der Ecke stehendes Glücksrad
auffällt. Der für
seine Leibesfülle geistig sehr wendige Wirt hat schnell eine
Ausrede für das
Vorhandensein dieses Geräts zur Hand, die Florian aber nicht
so ganz überzeugen
kann. So nutzt er das Glücksrad, das interessanterweise
genausoviele Felder
aufweist, wie das "Haxenhaus" Sitzplätze hat, um einen der
Tische auszuwählen,
dessen Umsitzende er dann zu Auffälligkeiten im Hause befragt.
Sollten sie ihm
wahrheitsgemäß antworten, sollen sie die "Freyzech"
erhalten (alles bis
dahin Verzehrte geht auf Kosten des Wirtes), sollten sie
lügen, blüht ihnen
das gleiche Strafmaß, wie demjenigen, dessen Taten sie
gedeckt haben.
Dies ist ein Spiel, das Florian in den nächsten Monaten
ständig wiederholt. So kommt er mit allerlei Cölnern
und Cölnbesuchern ins Gespräch
und erfährt allerlei aus dem Europa der damaligen Zeit.
Überdies entwickelt
sich zwischen Florian und der verwitweten Bedienung des "Haxenhauses"
schnell eine sehr
innige Beziehung.
Da das Publikum der Tische ständig wechselt und sich das Rad
Fortunas immer
wieder von Neuem dreht, hört nicht nur Florian sehr
unterschiedliche Dinge und
bekommt einen guten Eindruck vom Leben in der damaligen Zeit, sondern
auch der Leser
erhält zahlreiche Informationen vom Leben
im 13.
Jahrhundert durch alle Schichten.
Antonia Paulys "Der Büttel zu Cöln" erinnert ein
wenig an Geoffrey
Chaucers "Canterbury-Erzählungen",
allerdings vom Ziel her
gedacht, da ja auch Cöln in der damaligen Zeit ein wichtiges
Pilgerziel
darstellte, in dem Handel und Gelehrsamkeit hoch angesehen waren. Und
so verbinden das
"Haxenhaus" und die Geschichte von Florian, der Bedienung Elisabeth und
dem Wirt
Bartholomäus diese kleinen Episoden und Anekdoten zu einem
Teppich des Lebens
in vielen bunten Farben.
Neben den im Text vorkommenden Erläuterungen gibt es auch
einige einleitende
Worte der Autorin, ein Glossar zur mittelalterlichen Sprache sowie ein
Namens-
und Ortsregister, so dass man sich nach der Lektüre wirklich
umfassend
informiert und ganz nett unterhalten fühlen kann.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2008)
Antonia
Pauly: "Der Büttel zu Cöln"
Emons Verlag, 2008. 223 Seiten.
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Antonia
Pauly, 1961 in Köln
geboren, studierte
Archäologie,
Byzantinistik und Vor- und Frühgeschichte.
Ein Buchtipp:
Geoffrey Chaucer: "Canterbury-Erzählungen"
Geoffrey Chaucers "Canterbury-Erzählungen" gelten als
Höhepunkt der
englischen Literatur des Mittelalters. Den Rahmen dieses englischen
"Dekamerone"
bildet eine Pilgerfahrt von London nach Canterbury zum Grab des
heiligen Thomas
Becket. Auf dieser Reise erzählen die einzelnen Pilger, eine
bunt zusammen gewürfelte
Schar, reihum Geschichten zur Unterhaltung der ganzen Gruppe. So
entsteht vor
den Augen des Lesers ein einmaliges Zeit- und Sittengemälde.
(Manesse)
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