Elisabeth Tworek: "... und dazwischen ein schöner Rausch"
Dichter und Künstler aus aller Welt in München
Bier,
Bayern und Boheme
Nach der "Kleinen
Geschichte Münchens" von Reinhard Bauer und Ernst
Piper offeriert der Deutsche Taschenbuch Verlag anlässlich des
850-jährigen Stadtjubiläums allen Münchnern,
Zugereisten oder der Stadt anderweitig Verbundenen nun einen weiteren
München-Band. Beinhaltete ersteres Werk mehr eine Sammlung
trockener Fakten und Daten zur Bevölkerungsentwicklung und
politischen Geschichte Münchens, so vermittelt Elisabeth
Tworeks "... und dazwischen ein schöner Rausch" dem Leser ein
Stück echten Münchner Flairs. Man sollte es sich also
in seinem Lesesessel bequem machen, dieses Buch aufschlagen und dann
Texte und Bilder auf sich wirken lassen, vielleicht dabei auch die eine
oder andere Flasche guten Münchner Bieres genießen,
welchem Getränk, Nahrungsmittel oder gar Medizin in diesem
Band immerhin ein ganzes Kapitel gewidmet ist.
Das vorliegende Buch ist sozusagen als Begleitband für eine
gleichnamige Ausstellung gedacht, die vom 2. Juni bis zum 25. Oktober
2008 in der "Monacensia" zu sehen sein wird, dem Literaturarchiv der
Stadt München, dessen Leiterin Elisabeth Tworek ist. Der Titel
"... und dazwischen ein schöner Rausch", den die Herausgeberin
für ihr Buch wählte, ist einem Zitat Franziska
Reventlows entlehnt, einer jener illustren Persönlichkeiten,
die sich in diesem Band durch mehr oder weniger originelle
Beiträge die Ehre geben, ihre persönlichen
Eindrücke von München wiederzugeben.
Die einzelnen Beiträge der Dichter und Künstler, die
München besucht oder dort eine Zeit lang gelebt haben, und
nicht zuletzt das hervorragende Bildmaterial lassen vor den Augen des
Lesers das München vergangener Tage in Momentaufnahmen wieder
lebendig werden. Er wird unter anderem Zeuge manch
denkwürdiger Begegnung, wie beispielsweise der zwischen Karl
Valentin und
Samuel
Beckett, oder derjenigen zwischen Olaf Gulbransson
und einer Prinzregentenente. Mehr noch als die Texte aber haben mich
die historischen Fotografien und Stadtansichten überzeugt, mit
denen der Band reich ausstaffiert ist. Sie machen einen
Großteil des Reizes aus, der von diesem Buch ausgeht. Die
zumeist kurzen Wortbeiträge zeichnen im Großen und
Ganzen ein Bild der Stadt, das als einzigartig, luxuriös,
offen, als von Lebensfreude geprägt, aber auch als extravagant
und ein wenig exhibitionistisch verstanden werden kann. Die meisten der
in München weilenden Künstler und Literaten liebten
augenscheinlich, oder mochten zumindest diese Stadt. Doch gab es auch
andere Stimmen. Einer dieser Miesmacher war der Schweizer
Schriftsteller Anti-Tissot (eigentlich Victor Tissot), der
über München und die Münchener unter anderem
schrieb: "Kein Erfindungsgeist, keine Originalität
ist da (in München) zu Hause; sein Kennzeichen ist ein
beständiges Plagiat. Die Bayern sind Fässer, mit
Armen und Beinen versehen. Der Kopf des Münchners hat die Form
eines Trichters. Der Bayer ist unkultiviert und raufsüchtig.
Im Café stecken die Gäste den gebrauchten
Zahnstocher wieder an seinen alten Platz. München, die
Hauptstadt des Rheumatismus."
Der Rezensent teilt diese Ansicht nicht, er kommt gern zu Besuch nach
München, und allen denen, die das ebenfalls tun, sei dieses
Buch empfohlen, das einen gelungenen Beitrag zum Stadtjubiläum
darstellt. Ein idealer Geschenkband für alle München-Fans.
Zwölf Kapitel stellen jeweils ein besonderes Thema in den
Vordergrund, wie beispielsweise München als Residenzstadt,
München als Kulturstadt, das Oktoberfest, die
Münchener Kaffeehaustradition oder das bereits
erwähnte Münchner Lebenselixier, das Bier. Im Anhang
finden sich die Quellennachweise, ein Verzeichnis der verwendeten
Literatur sowie eine Übersicht der Autoren, die ihren Beitrag
zu diesem Werk geleistet haben.
(Werner Fletcher; 04/2008)
Elisabeth
Tworek: "'... und dazwischen
ein schöner Rausch' Dichter und Künstler aus aller
Welt in München"
dtv, 2008. 288 Seiten.
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Elisabeth
Tworek, Jahrgang 1955,
Dr. phil, leitet die "Monacensia", Literaturarchiv und Bibliothek der
Stadt München. Sie ist Literaturwissenschaftlerin und freie
Mitarbeiterin beim
"Bayerischen Rundfunk" und hat bereits einige
Veröffentlichungen zur Literatur in
Bayern vorgelegt.
Weitere Buchtipps:
David Clay Large: "Hitlers München"
München war und
ist berühmt für seinen Kunstsinn und die Lebenskunst
seiner Bürger. Warum
wurde ausgerechnet diese "Welthauptstadt der Gemütlichkeit"
zum
Geburtsort und ideologischen Zentrum des Nationalsozialismus? Beginnend
mit der
Jahrhundertwende schildert David Clay Large Münchens Weg ins
Dritte
Reich und seine schillernde Karriere als "Hauptstadt der
Bewegung".
Er verweist manches Klischee von der vermeintlich so liberalen und
freizügigen
Atmosphäre Münchens ins Reich der Legende und
beschreibt die Stadt als
Mikrokosmos der Kräfte und Ideologien, die in Deutschland zur
Herrschaft des
Nationalsozialismus geführt haben. Das Buch zeigt, wie
München zu einer
einzigartigen Bühne für Genies, Exzentriker und
Verbrecher und zum
exemplarischen Schauplatz der deutschen Katastrophe wurde. (dtv)
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Gerd Holzheimer: "München.
Ein Reisebegleiter"
München ist eine Stadt der Lebensfreude, Kunst und Leben sind
nicht zu trennen.
Jesuiten im Barock und die Wittelsbacher, die Bohème und
revolutionäre
Schriftsteller haben eines gemeinsam: sie machten die Siedlung
"Munichen"
zur heimlichen Hauptstadt Deutschlands, zu einem Anziehungspunkt
für Touristen
aus aller Welt.
Auf den Spaziergängen in diesem Buch geht es durch die
Altstadt, in der
Brentano
und Heine
wohnten, später Michael
Ende und Rainer Werner Faßbinder; es geht durch die
Straßensäle des
Klassizismus auf den Spuren von Wedekind, der
Familie
Mann, Rilke und dem George-Kreis. Über die Wiesn und
die Schwanthaler Höhe
schrieben Arbeiterschriftsteller wie August Kühn. Im
Lehel wurde Lion
Feuchtwanger geboren, der den München-Roman "Erfolg" ersonn.
Die
Spaziergänge münden wieder in der Innenstadt. (Insel)
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Dirk
Heißerer: "Wo
die Geister wandern. Literarische Spaziergänge durch Schwabing"
Schwabing war das legendäre Münchener
Künstlerviertel, "wo Geister
noch zu wandern wagen" (Stefan
George). Aus dem alten Dorf vor den Toren der Stadt wurde
eines der
quirligsten Quartiere mit einer ausgeprägten
Bohème. Dirk Heißerer führt in
seinem berühmten literarischen Stadtführer durch
Straßen und an Plätze, die
Erinnerungen an Künstler und Dichter wachrufen: an die
Zeitschrift
Simplicissimus mit ihren vielen prominenten Mitarbeitern, die
Brüder Mann, die
Künstler des Blauen Reiter,
Rilke,
Brecht,
Wedekind und viele Andere. Das Buch ist ein Stadtführer und
eine kompakte
Literatur- und Kulturgeschichte in einem. (C.H. Beck)
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Simone Hirmer, Marcel Schellong: "München
lesen"
Zum 850. Geburtstag Münchens schließen die
Herausgeber von
"München lesen" eine Lücke der Forschung zur Stadt im
Text, die sich
im deutschen Bereich bisher vor allem auf Berlin konzentriert hat. Die
Essays
beleuchten Texte von Thomas Mann, Karl Valentin,
Uwe
Timm, Lena Christ,
Carl
Amery, Friedrich
Ani, Helmut
Krausser, Heinrich Heine, Lion Feuchtwanger u.v.A.
Eine Auswahl: O. Jahraus: Liebe Terror Medien. Ulrike Draesners Roman
Spiele -
S. Kyora: München als Wörterstadt. Paul
Wührs Gegenmünchen - U. Draesner:
Valentin und die Kunst der Umrundung - N. Roßbach:
Marie
Luise Kaschnitz literarische Zeit-Räume. Zum
Beispiel München - W. Fromm:
Die Bohème als Lebenskunst.
Franziska zu Reventlow im
Spiegel von Briefen,
Tagebüchern und Erinnerungen - S. Schukowski:
Identität schreiben. Zafer
Senocaks Gefährliche Verwandtschaft als dritter Ort - S.
Hirmer: Stadt als
Text, Fiktion als Wirklichkeit. Erinnerungen von Uwe Timm, Grete Weil
u.A. - A.
Gerigk: Dynamik der Zeichen-Werte. Koeppens Tauben im Gras als
Semiologie der
Nachkriegsstadt - C. Conter: Stadtfluchten oder: München als
Antinarrativ.
Weitere Beiträge stammen von Wolfgang Frühwald,
Barbara Vinken, Dirk Heißerer,
Erika Greber, Dietz-Rüdiger Moser, Daniela Rippl, Sven
Hanuschek, Brigitte Rath, Elisabeth Buchholtz, Hans-Joachim
Ruckhäberle,
Marcel Schellong, Christian Ude. (Königshausen &
Neumann)
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Gisela Dialer, Waltraud
Volger: "Schwabinger Gisela. Eine gebildete Dame mit stark
unzüchtigem
Charakter"
Nicht salonfähig? Die wilden Jahre einer jungen Frau im
Schwabing der Fünfziger-
und Sechzigerjahre, die Verehrer aus aller Welt in ihr kleines
Nachtlokal
lockte, mit ihren Chansons die Tugendwächter auf den Plan rief
und ein
wunderbares Stück Münchner Stadtgeschichte schrieb.
Jeden Abend betrat sie die Bühne ihres kleinen Lokals, neben
der krummen
Schwabinger Laterne, und sang mit ihrer verruchten Stimme von Liebe und
Leid,
von Träumen und Verzweiflung. Mit dem Chanson "Aber der Nowak
lässt mich
nicht verkommen ..." wurde sie zur zwielichtigen Berühmtheit
Schwabings in
den Fünfziger- und Sechzigerjahren - alle wollten sie
hören: Studenten und Künstler,
Literaten und Sänger, Politiker und Prominente wie
Erich
Kästner und Prinzessin Soraya, Franz Josef
Strauß und Kirk Douglas, der
sich sogar ihr Auto auslieh. Denn für sie alle war die
Schwabinger Gisela, wie
Christian Ude es trefflich beschreibt, eine "poetische
Institution in
der Occamstraße".
Charmant erzählt die Schwabinger Gisela aus ihrem bewegten
Leben und einer
Zeit, die das Flair des berühmten Münchner Stadtteils
bis heute beeinflusst
hat. (LangenMüller)
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