Walter Moers: "Die Stadt der Träumenden Bücher"


Walter Moers entführt den Leser in das Zauberreich der Literatur, wo Bücher nicht nur spannend oder komisch sind, sondern auch in den Wahnsinn treiben oder sogar töten können.

Der Romanzyklus spielt im fantastischen Land Zamonien, wo es verschiedene Stadtstaaten gibt, die von recht seltsamen Gestalten bevölkert werden.
Die meisten der Geschichten werden von einem Drachen namens Hildegunst von Mythenmetz erzählt, der als junger Dichter auf der Lindwurmfeste aufgewachsen ist und dort von seinem Dichtpaten ein ungewöhnlich perfektes Stück Literatur geerbt hat, dessen Verfasser er nun unbedingt kennenlernen muss - auch weil er es seinem Dichtpaten auf dem Sterbebett versprochen hat. Deshalb zieht er in die weit entfernte Stadt Buchhaim, auch bekannt als die Stadt der Träumenden Bücher.

Wie ein typisches "Landei" erlebt der Drache die Irrungen und Wirrungen der großen Stadt mit all ihren ziemlich ungewöhnlichen Bewohnern, wie den Hundlingen, den Wildschweinlingen, den Madenhaien, ... Außerdem lernt er die grausamen Kritiker kennen und auch einigen andere seltsame Gestalten. Und jeder, dem er das Manuskript zeigt, um dessen Verfasser zu finden, reagiert erstaunlich ablehnend; in zwei Geschäften wird er sogar mit Ladenverbot belegt. Nach einiger Zeit findet Hildegunst von Mythenmetz schließlich einen Helfer, der sich bereit erklärt, ihn zu unterstützen und ihn auch in die gefährlichen Labyrinthe unter der Stadt einführt, wo sonst nur die wilden Bücherjäger, die schrecklichen Buchlinge und der grausame Schattenkönig herrschen. Und in diesen Labyrinthen soll der Drache wesentlich mehr Zeit verbringen, als er ursprünglich beabsichtigte, um dort hinter einige kleinere und ein sehr großes Geheimnis zu kommen.

Das mit dem "Phantastik-Preis 2005 der Stadt Wetzlar" ausgezeichnete Buch, aus der Perspektive des Hildegunst von Mythenmetz geschrieben, beginnt ein wenig zäh, und die häufigen Exkurse in leicht angepasste Dichtung oder Mythenschreibung bremsen den Lesefluss ähnlich wie die Beschreibung zur Lanzenpflege, die einem bekannten Werk der zamonischen Literatur vorangestellt sein soll. Doch spätestens ab Seite 130 nimmt die Erzählung Fahrt auf, wenn auch danach noch einige Beschreibungen sowie Exkurse allzu weitschweifig ausfallen. Allerdings werden belesenere Rezipienten ihre Freude daran haben, herauszufinden, aus welchen realen Vorgaben Walter Moers an den jeweiligen Stellen geschöpft hat. Denn wie jemand ganz überzeugend feststellt: "Wenn man bei einem Dichter stiehlt ist das Diebstahl, wenn man bei vielen stiehlt Literatur."

Die Fußnoten und Querverweise auf andere Titel über Zamonien sind vielleicht nicht jedermanns Sache, insgesamt handelt es sich bei "Die Stadt der Träumenden Bücher" jedoch um ein Werk, das dem Leser viel Vergnügen bereiten kann, nachdem die ersten etwa einhundert Seiten überstanden sind.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2008)


Walter Moers: "Die Stadt der Träumenden Bücher"
Piper.
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Ein weiteres Buch von Walter Moers:

"Der Schrecksenmeister"

Ein kulinarisches Märchen aus Zamonien von Gofid Letterkerl. Neu erzählt von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen übersetzt und illustriert von Walter Moers.
Dank der großartigen Übersetzung von Walter Moers kann man nach Buchhaim einen weiteren abenteuerlichen Schauplatz Zamoniens kennenlernen: Sledwaya, die Stadt, in der das Gesunde krank, das Richtige verkehrt und das Falsche richtig ist - und wo der Schrecksenmeister nicht nur für das üble Wetter verantwortlich zeichnet.
In Sledwaya, der ungesündesten Stadt Zamoniens, ist Echo, das hochbegabte Krätzchen, nach dem Tod seines Frauchens in allergrößte Schwierigkeiten geraten. Es ist gezwungen, mit dem Schrecksenmeister Succubius Eißpin einen verhängnisvollen Vertrag zu schließen. Dieser gibt Eißpin das Recht, die Kratze beim nächsten Vollmond zu töten und ihr das Fett auszukochen. Als Gegenleistung muss Eißpin Echo bis dahin auf höchstem kulinarischen Niveau durchfüttern. Doch der Schrecksenmeister Eißpin hat nicht mit dem Überlebenswillen und dem Erfindungsreichtum des Krätzchens gerechnet - vor allem nicht mit dessen neuen Freunden, den Grübelnden Eiern und dem Goldenen Eichhörnchen, Fjodor F. Fjodor, dem Einäugigen Schuhu und dem Gekochten Gespenst und vor allem Inazea Anazazi, der letzten Schreckse von Sledwaya. (Piper)
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