Renate Berger: "Paula Modersohn-Becker"
Paris - Leben wie im Rausch
Am
20 November 2007
jährte sich der Todestag einer der großen
Pionierinnen der
modernen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts zum einhundertsten
Mal:
Paula Modersohn-Becker.
Renate Berger, ausgewiesene Spezialistin der Kunstgeschichte und als
Professorin für Kunst- und Kulturwissenschaften an der
Universität der Künste in Berlin, zeigt in ihrer
ebenso
empfehlenswerten wie beeindruckenden Biografie, dass diese
Künstlerin, neben anderen ihrer Zeit, über einen
langen
Zeitraum hinter den Lichtgestalten der männlichen Avantgarde
wie
Cézanne, Gauguin,
van
Gogh, Munch,
Picasso oder Rodin zu Unrecht bisher kaum in ihrer
Größe und Bedeutung wahrgenommen wurde.
In ihrer ansprechend gestalteten und mit zahlreichen
Schwarz-Weiß- und Farbbildern ausgestatteten Biografie zeigt
Renate Berger etwas von der wahren kunstgeschichtlichen Bedeutung des
Lebens und des Werkes von Paula Modersohn-Becker auf. Sie
beschränkt sich dabei auf einen bislang in seiner Bedeutung
für die Künstlerin noch nicht richtig gewichteten
Aufenthalt
in Paris von 1900 bis 1907. Diese Phase sollte die aufregendste und
produktivste im Leben von Paula Modersohn-Becker werden.
Der Aufenthalt in der Stadt an der Seine mit ihren Szenen und
Subkulturen erlaubte der aus der deutschen Provinz stammenden Frau
nicht nur eine Menge Abenteuer und Experimente in jeder Hinsicht,
sondern auch den Ausbruch aus der bisherigen provinziellen Enge ihres
Lebens und Denkens.
Sie findet in Paris in der Begegnung und den Auseinandersetzungen mit
den zeitgenössischen Künstlern, Literaten und
Philosophen
ihre ganz eigene Sprache und entwickelt sie später in
Worpswede
weiter. Paris wird so für Paula Modersohn-Becker nicht nur der
Brennpunkt und Scheidepunkt ihrer Kunst, sondern auch die Wende in
ihrem eigenen Leben.
So gesehen, und Renate Berger möchte es so gesehen wissen, ist
Paula
Modersohn-Becker eine der ersten Frauen, die sich auf den
immer noch aktuellen und entschiedenen Weg der Selbstbefreiung gemacht
haben.
Besonders beeindruckend geschildert, auch in literarischen Zeugnissen,
ist die intensive Freundschaft der Künstlerin mit dem Dichter
Rainer Maria
Rilke, der ihr nach ihrem allzu frühen Tod ein
Requiem widmete.
(Winfried Stanzick; 01/2008)
Renate
Berger: "Paula Modersohn-Becker. Paris - Leben wie im Rausch"
Lübbe, 2007. 320 Seiten.
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