Hermann Schreiber: "Ritter, Tod und Teufel"

Kaiser Maximilian I. und seine Zeit


Bilanz eines Autors zu Maximilian I. und seiner Zeit

Der Philologe und renommierte Sachbuchautor Hermann Schreiber wurde 1920 in Wiener Neustadt geboren, also dem Ort, an dem auch der spätere Kaiser Maximilian I. das Licht der Welt erblickte, allerdings 461 Jahre vor dem Autor. Neben dieser coincidentia loci bietet das Jahr 2008 noch ein zeitliches Jubiläum, da das Adelsgeschlecht der Habsburger diesen Namen seit mindestens 900 Jahren trägt, denn die erste urkundliche Erwähnung der Habsburg geht auf das Jahr 1108 zurück. Dem Buch liegt noch eine dritte Besonderheit zugrunde, denn der Autor beschäftigte sich bereits vor rund 60 Jahren mit diesem Thema, wie die Erwähnung einer Vorlesung Hans Rupprichs aus dem Jahr 1938 belegt.

Der Titel des Buches "Ritter, Tod und Teufel" geht auf einen Meisterstich Dürers gleichen Namens aus dem Jahr 1513 zurück, der neben 19 weiteren meist farbigen Abbildungen den Text aufwertet.

Maximilian wurde 1459 in Wiener Neustadt geboren und starb 1519 in Wels. Dazwischen lagen fast 60 Jahre in einer unruhigen Zeit, die er ab 1486 als Deutscher König und die letzten elf Jahre auch noch als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches mitgestaltete. Aus unserer heutigen Distanz und mit dem Wissen um längerfristige Strömungen haben wir ein recht deutliches Bild dieser Zeit. Das Mittelalter lag in seinen letzten Zügen, die Lichter der Renaissance flackerten bereits, doch auch das Lodern der Scheiterhaufen war noch deutlich zu vernehmen. Der thüringische Schwan begann die böhmische Gans abzulösen, um eine Metapher des Jan Hus aus dem Jahre 1414 zu verwenden.

Die Begeisterung der Europäer für die Dynastie der Habsburger und ihren Anspruch hielt sich in engen Grenzen. Der Norden Italiens beschäftigte sich - wie seit Jahrhunderten - mit sich selbst. Der Kirchenstaat mischte tüchtig mit, die Franzosen suchten der habsburgischen Umklammerung zu entfliehen, und aus dem Südosten näherten sich Türken. Die Bauernkriege brachten große Unruhe in den deutschen Südwesten, und die Reformation spaltete das halbe Regnum. Inmitten all dieser Ereignisse und Entwicklungen versuchte Maximilian I. sein Reich zusammenzuhalten und zu konsolidieren.

Schon im Vorwort schreibt der Autor: "Dissertation um Dissertation beschäftigt sich mit minutiösen Abschnitten des kaiserlichen Lebens, ehrfürchtig-verblüfft Jahres-Dissertationen genannt, weil sie nachträgliche Kalendarien eines Lebens erarbeiten, die uns in ihrer imposanten Vollständigkeit die Ratlosigkeit gegenüber jenen Zeiten offenbaren." Somit weiß man, was der Autor dem Leser nicht präsentieren möchte, nämlich eine Kalendarienschau. Und so nennt der Autor sein 300-seitiges Werk im Untertitel "Kaiser Maximilian I. und seine Zeit". Doch kann man auf 300 Seiten eine Biografie und ein stimmiges Zeitenbild unterbringen?

Der Autor hat sein Archiv durchforstet und ein großes Gemälde Maximilians I. und seiner Zeit gezeichnet. Das ist der Vorzug oder das Problem des Buches, denn es ergibt sich kein akzentuiertes und scharf konturiertes Porträt Maximilians, sondern ein Sittengemälde einer Epoche. Er kann es sich gelegentlich nicht verkneifen, dem großen Maximilian-Forscher Hermann Wiesflecker zu widersprechen, wobei er mit Wiesflecklers Gattin Inge Wiesflecker-Friedhuber wesentlich zurückhaltender verfährt. Der Rezensent betont, das Buch mit großem Interesse und großer Freude gelesen zu haben, denn der Autor ist ein überaus gebildeter Mensch und hat eine profunde Kenntnis von Ort und Zeit anzubieten. Das Problem an dieser eher essayistischen Herangehensweise ist jedoch, dass man als Leser über belastbare Vorkenntnisse verfügen muss, um Meinung von Information immer sauber trennen zu können.

Napoleon als "Genie" (auf Seite 207 gar "Jahrtausendgenius") zu bezeichnen, ist etwas bedenklich, denn dieser war ein nepotistischer und misanthropischer Egomane, der eine breite Spur von Leichen auf seinem militärischen Selbstverwirklichungszug hinterließ, ohne dass ihn dies im Geringsten kümmerte. Das milde Urteil liegt nicht an einer generellen vornehmen Zurückhaltung des Autors, denn Ludwig XI. nennt er einen "Unhold" und auf Seite 75 ein "hochbegabtes Scheusal". Doch Cesare Borgia wird wieder als hochbegabter Sohn des Papstes eingeordnet und Julius II. gar als ein großer Renaissancepapst. Größe und Genius würden die Opfer Cesare Borgias, Julius des II. und Napoleon Bonapartes wohl anders gesehen haben. Hier wäre etwas mehr Zurückhaltung angebracht gewesen.

Einige falsche Trennungen sowie vermeidbare Fehler in Rechtschreibung und Zeichensetzung stören den positiven handwerklichen Gesamteindruck des Buches.

(Klaus Prinz; 05/2008)


Hermann Schreiber: "Ritter, Tod und Teufel. Kaiser Maximilian I. und seine Zeit"
Casimir Katz Verlag, 2008. 349 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen

Weitere Buchtipps:

Sigrid-Maria Größing: "Maximilian I. Kaiser - Künstler - Kämpfer"

Maximilian I. (1459-1519) ist der Habsburgerkaiser auf der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit. Sein buntes, furchtloses Leben verbunden mit seinen weitreichenden fortschrittlichen Ideen faszinieren bis in die Gegenwart: das glücksstrahlende Liebespaar Maximilian und Marie von Burgund, die verlassene Gemahlin Bianca Maria Sforza, die prachtvolle Doppelhochzeit von Wien - Maximilians Ausstrahlungskraft überdauerte die Zeiten.
Maximilian war ein Kaiser zum Anfassen, seine Popularität, die er gezielt durch Propaganda vermehrte, blieb unerreicht. Der hochintelligente, fantasievolle und lebensfrohe Herrscher, der sein Leben lang von seinen Feinden zu Kämpfen gezwungen wurde, war selbst ein Literat und unterstützte mit Begeisterung Wissenschaftler und Künstler. Maximilian begründete mit seiner großen Reichsreform den österreichischen Beamtenstaat, der sich jahrhundertelang bewährte und bis in unsere Tage Gültigkeit besitzt.
Unzählige Geschichten und Legenden geben bis heute Zeugnis von seiner ungebrochenen Popularität. Sie haben den genialen Habsburgerkaiser unsterblich gemacht. (Amalthea)
Buch bei amazon.de bestellen

Ernst W. Wies: "Kaiser Maximilian I. Ein Charakterbild"
Kaiser Maximilian I. steht an der Wende vom Mittelalter zur neuen Zeit, jener Epoche, die wir Renaissance nennen, die schon bei seiner Geburt jenseits der Alpen längst begonnen hatte. Der "Letzte Ritter" wurde er genannt. Zu diesem Bild hat er selbst erheblich beigetragen durch die von ihm initiierten und geförderten poetischen Werke "Theuerdank", "Freydal" und "Weißkunig", die in ihrer überbordenden Fantasie an Cervantes' "Don Quijote" erinnern.
Maximilian von Habsburg, deutscher und römischer König, Kaiser des Heiligen Römischen Reises, eine strahlende Figur der Geschichte? Am Ende eher ja, aber dieses Leben war durch wenig Glück, dafür von Kampf und Enttäuschung geprägt. Das Glück, das war vor allem seine Ehe mit Maria von Burgund, der Tochter Karls des Kühnen, des wohl wirklich Letzten Ritters. Ihr frühes Vermächtnis war der Grundstein für das Weltreich des Enkels, Karl V.
Nicht zuletzt durch die unselige Reichspolitik Friedrich II. von Hohenstaufen war Maximilian ein König und Kaiser ohne Macht, stets gedemütigt durch die Kurfürsten und den Erzkanzler Berthold Graf von Henneberg, Erzbischof von Mainz. Und es fehlte an Geld zur Verteidigung der Reichsinteressen und zum Erhalt des burgundischen Erbes, im Kampf gegen die reich gewordenen Städte und die Begehrlichkeit der Könige von Frankreich. Da war auch die Zuwendung des Herzogs von Mailand und die Ehe mit dessen unglücklicher Nichte Bianca Maria willkommen.
Bei so vielen Enttäuschungen und Rückschlägen ist die Zuversicht bewundernswert, die das Leben Maximilians I. prägte. Er war ein Förderer der Künste und des Humanismus. Vor allem aber legte er durch eine kluge Heiratspolitik gegenüber Spanien, Ungarn und Böhmen das Fundament für die spätere Größe des habsburgischen Weltreichs. (Bechtle)
Buch bei amazon.de bestellen

Kaiser Maximilian I.: "Die Abenteuer des Ritters Theuerdank"
Die erstaunlichen Erzählungen des Ritters Theuerdank und seines Begleiters Ehrenhold sind das letzte große Heldenepos des späten Mittelalters. Diese mit viel Fantasie ausgeschmückte "Lebensgeschichte" Kaiser Maximilians des I. beschreibt in Person des Theuerdank das mit vielen Mühen verbundene Werben um seine zukünftige Gemahlin Maria von Burgund, seine siegreichen Kämpfe und gefährlichen Momente. Maximilian war ein bedeutender Patron der Künste und gab eine Trilogie kunstvoll illustrierter Bücher in Auftrag, die ihm Unsterblichkeit sichern sollten. "Theuerdank" ist das einzige Werk, das zu seinen Lebzeiten erschien. 118 goldverzierte Holzschnitte von Hans Burgkmair d.Ä. sowie die eigens für "Theuerdank" entworfene Schrifttype mit den markanten "Elefantenrüsseln" machen dieses Buch zu einem ganz eigenem Kunstwerk. "Theuerdank" ist sowohl von großer geschichtlicher Bedeutung, als auch von außergewöhnlicher Schönheit.
Dieser Band bietet erstmals das Gesamtwerk in fantastischer Kolorierung und Qualität. Die Vorlage stammt von einer seltenen handkolorierten Originalausgabe aus der Bayerischen Nationalbibliothek. Vervollständigt wird das Erlebnis durch ein 88-seitiges Begleitbuch mit einem Essay von Prof. Stephan Füssel von der Johannes Gutenberg Universität in Mainz. (Thorbecke)
Buch bei amazon.de bestellen

Bernd Schneidmüller: "Die Kaiser des Mittelalters. Von Karl dem Großen bis Maximilian I."
Die Entwicklungen des Römischen Kaisertums im Mittelalter sind vom Wirken herausragender Persönlichkeiten geprägt. So werden hier die entscheidenden Stationen jener 700 Jahre Kaisergeschichte ebenso beschrieben wie das aufschlussreiche Verhältnis zwischen der Institution des Kaisertums und den Menschen, die sie gestaltet haben. Ein Ausblick auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation bis 1806 beschließt den Band. (C.H. Beck)
Buch bei amazon.de bestellen

Christoph Böhm: "Die Reichsstadt Augsburg und Kaiser Maximilian I."
Die Reichsstadt Augsburg und Kaiser Maximilian I. verkörpern nicht nur ein Kapitel schwäbischer Lokalgeschichte. Bürgergemeinde und Herrscher stehen hier als herausragende Vertreter einer ereignisreichen Umbruchszeit. Habsburger Reichsherrlichkeit und städtische Unabhängigkeitsbestrebungen, Weltpolitik und Stadtidylle, der Aufstieg des Erzhauses zur Weltmacht und der Aufstieg Augsburgs zur Finanzmetropole kennzeichnen sie. Die Blütezeit der Lechstadt ist freilich genauso eng mit der Gestalt Maximilians als Mensch verknüpft. Sein Verhältnis zu ihr, seine häufigen Besuche sowie sein Bild in der Chronistik finden darum ebenfalls breitere Würdigung. (Thorbecke)
Buch bei amazon.de bestellen

Anthea Bischof: "Erziehung zur Männlichkeit. Hofkarriere im Burgund des 15. Jahrhunderts"
Auf der Suche nach männlicher Identität durchleuchtet die Autorin das soziale Gefüge und das Karrieremuster Burgunds unter Philipp dem Guten und Karl dem Kühnen. Sie untersucht dabei den Werdegang vom Pagen zum Hofmann: Wie vereinen sich individuelle Leistungen mit allgemeinen Vorgaben zur aristokratischen Karriere?
Auf der Grundlage von Geburtsrecht und Gefährtentum verbinden sich die Heranwachsenden im Hofdienst zur später herrschenden Gruppe. So bieten sich ihnen ungeahnte Karrieren, da die Ausgestaltung des wachsenden Herzogtums viele Aufgaben hervorbringt. Die Modelle für den Werdegang formen dabei ebenso den Höfling, wie dieser sich selbst wiederum dem Hof einprägt. Mit der Frage nach männlichen Rollenmustern beleuchtet die Untersuchung ein Thema, das sonst in der Geschlechterrollenforschung eher stiefmütterlich behandelt wird. (Thorbecke)
Buch bei amazon.de bestellen