Lada Lusina: "Die Hexen von Kiew"


Lada Lusina ist in der Ukraine sowohl als Journalistin als auch als Schriftstellerin wohlbekannt und preisgekrönt. Im deutschsprachigen Raum ist ihr Name hingegen eher unbekannt.

Katja, Mascha und Dascha sind drei Frauen, die in Kiew leben. Sie haben nichts miteinander zu tun, kennen einander nicht und sind auch derart unterschiedlich, dass anzunehmen ist, dass sie niemals etwas miteinander zu tun haben werden.
Das Zentrum für Altkiewer Hexenkunst ändert diesen Umstand jedoch, denn Katja, Mascha und Dascha treffen genau dort aufeinander. Aus völlig unterschiedlichen Gründen suchen sie das Zentrum auf, um sich der übernatürlichen Kräfte der dort Tätigen zu bedienen, denn Hexerei ist hier (bürokratisierte) Dienstleistung, wenn auch immer noch übernatürlich und unerklärlich.
Eben so, übernatürlich und unerklärlich, ist auch das, was die drei Frauen im Zentrum erleben. Völlig ahnungslos werden sie Zeuginnen, wie eine Hexe vor ihren Augen verstirbt. Erst einige Zeit später realisieren die drei, dass diese Hexe ihnen ihre Macht vererbt hat.
Von da an ändert sich das Leben von Katja, Mascha und Dascha gewaltig. Nicht nur, dass sie sich miteinander auseinandersetzen müssen, was sie unter normalen Umständen nie getan hätten, nein, Hexenkräfte sind auch nicht allein etwas Lustiges oder Positives, wie sie feststellen müssen. Vielmehr wird Kiew von einer großen Gefahr bedroht und ausgerechnet Katja, Mascha und Dascha sind es, die mittendrin stecken und zum Handeln gezwungen sind.

Hexenromane gibt es (noch) nicht allzu viele, und wenn, dann handelt es sich mehr um Kinder- und Jugendbücher, nur gelegentlich um seichte Unterhaltung speziell für Frauen. "Die Hexen von Kiew" ist jedoch erfrischend anders und gehört weder in die eine, noch die andere Schublade.
Das Buch richtet sich zwar klar an eine erwachsene Leserschaft und sicherlich primär an Frauen, aber seichte Unterhaltung ist es nicht. Es ist zwar witzig geschrieben, aber doch auch ernsthaft. Die Kiewer Geschichte und deren Einbindung in die Geschichte heben das Niveau des Romans deutlich an, und insgesamt sind die beschriebenen Ereignisse durchaus spannend, düster, mysteriös und zuweilen auch sehr brutal.
Diese eigentümliche Mischung macht "Die Hexen von Kiew" wahrscheinlich leider nicht zum Kassenschlager, sehr wohl aber zu einer empfehlenswerten Lektüre für Leser, die eben solche Mischungen auf dem Markt vermissen.

"Die Hexen von Kiew" ist allerdings auch ein etwas anstrengendes Buch. Abgesehen von dem Umfang - der Roman umfasst stolze 522 Seiten - ist auch der Stil gewöhnungsbedürftig. So lernt man die Protagonistinnen parallel kennen, was zunächst zu dauernden Sprüngen in der Handlung führt. Die Tatsache, dass es weitere Umblendungen gibt, dass die Namen der drei Damen sich ungünstig ähneln, und dass jede von ihnen wiederum einige Namen aus ihrem jeweiligen Umfeld mit ins Spiel bringt, macht das Ganze nicht leichter. Hier am Ball zu bleiben, erfordert gerade bei den ersten hundert Seiten ein wenig guten Willen.

Insgesamt lohnt es sich dennoch, "Die Hexen von Kiew" zu lesen, und darüber hinaus bleibt zu hoffen, bald mehr Bücher in solch einem Stil lesen zu können - und auch mehr in deutscher Sprache von Lada Lusina.

(Tanja Thome; 05/2008)


Lada Lusina: "Die Hexen von Kiew"
(Originaltitel "Kievskie ved'my - meč i krest")
Aus dem Russischen von Christine Blum.
dtv premium, 2008. 522 Seiten.
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Lada Lusina wurde 1972 in Kiew geboren. Sie studierte an der Hochschule für Bauwesen und an der Theaterhochschule und arbeitete als Restaurateurin für Kiewer Architekturdenkmäler und Theaterkritikerin bei der Zeitung "Bulwar Gordona", bevor sie eine eigene Sendung im 1. Kanal des ukrainischen Fernsehens leitete. Sie wurde nicht nur als "Beste Journalistin der Ukraine" und "Beste Schriftstellerin der Ukraine" ausgezeichnet, sondern von der ukrainischen Presse auch zu einer der schönsten Frauen der Ukraine gekürt. Lada Lusina lebt in Kiew.