Paul Davies: "Der kosmische Volltreffer"
Warum wir hier sind und das Universum wie für uns geschaffen ist
Das
Leben und den Geist ernst nehmen!
Paul Davies entwirft die Version eines "partizipatorischen Universums"
Ist "die Menschheit nur ein chemischer Schaum auf einem
mittelgroßen Planeten"? Diesem Satz Stephen
Hawkings würden wohl die meisten Physiker und Wissenschaftler
zustimmen und das Leben
"als ein triviales,
zufälliges Ornament der physikalischen Welt"
einordnen, dem im Gesamtsystem des Kosmos keine besondere Bedeutung
zukommt. Paul Davies vertritt eine andere Version. Für ihn ist
Leben kein "Nebenprodukt der Natur", sondern ein "zutiefst
bedeutender Teil des kosmischen Geschichte".
Zu den größten Filmerfolgen der letzten Jahre
zählt zweifelsohne die "Matrix"-Trilogie.
Spektakulär ist die Enthüllung am Ende des ersten
Teils, als der Zuschauer erfährt, dass "menschliche Wesen" gar
nicht real existieren, sondern das Produkt einer Computersimulation
sind: eine virtuelle Szenerie, die von einer weit fortgeschrittenen
Zivilisation mit gigantischen Computerressourcen veranstaltet wird.
Science-Fiction-Szenario oder vielleicht doch eine
reale Möglichkeit? Ist unsere Welt und das ganze Universum
vielleicht nur Schwindel? Sind alle Gegenstände im Raum nur
Hirngespinst? "Oder noch schlimmer: Auch Sie selbst sind nur
ein Hirngespinst Ihrer Vorstellung. Und diese geistige Erfahrung, Ihre
'Vorstellung', wird in einem riesigen Computer zusammengebraut, der
nicht in unserem Universum steht (das natürlich auch nicht
wirklich, sondern nur virtuell existiert), sondern in einem
hypothetischen 'anderen' Universum, dem Mutter-Universum. Ist so etwas
auch nur im Entferntesten glaubhaft?", fragt sich Paul Davies.
Der 1949 geborene Physiker und Sachbuchautor, der besonders im Bereich
der Kosmologie, Quantenfeldtheorie und Astrobiologie forscht und
arbeitet sowie das "BEYOND-Forschungszentrum" zu elementaren Fragen zur
Entstehung des Universums und des Lebens an der Arizona State
University leitet, hat sich mit dieser Idee - auch wenn sie
noch so absurd klingen mag - und einer Menge anderer
Möglichkeiten befasst, um Antworten zu finden. Antworten auf
Fragen über sehr kleine Dinge wie zum Beispiel: Wie viele
fundamentale Teilchen bilden die
Welt? Ihn beschäftigen aber
auch die essenziellen, die "großen Fragen": Warum ist unser
Universum so wie es jetzt ist? Wie konnte es Leben erzeugen? Wer oder
was hat den Urknall ausgelöst? Gibt es nur ein Universum oder
eine sehr große Anzahl von parallelen Universen, ein
Multiversum?
Bausteine, die die Welt zusammenhalten
Davies diskutiert mögliche Lösungswege auf
spektakuläre, spannende und überaus interessante,
gleichzeitig jedoch äußerst tiefgreifende,
lehrreiche und intelligente Art und Weise. Einige dieser Theorien
dürften in früheren Zeiten nur als spekulativ oder
überambitioniert abgetan worden sein. Doch Verbesserungen in
den beobachtenden Methoden und Technologien haben unverhofft klare
Fenster in einigen Bereichen geöffnet. Der Autor stellt die
neuesten Entdeckungen und Kenntnisse - vor allem der letzten
fünfzig Jahre - vor, die es den Wissenschaftlern erlaubt
haben, das Puzzle der Geschichte und die Entstehung unseres Universums
in detaillierter und beispielloser Einzelheit zusammenzusetzen.
Dabei erklärt er die Dinge immer klar, frei von
unnötigen pedantischen Beschreibungen und reinem Fachjargon.
Mathematische Gleichungen beschränkt er auf ein absolutes
Minimum. Paul Davies ist sich vollauf bewusst, dass die meisten von uns
die abstrakten Details und die Welt der Quanten nicht verstehen, doch
er vermag dieses Areal mit zum Teil einfachen bildlichen Darstellungen
überraschend leicht verdaulich zu vermitteln, eine gewisse
physikalische Grundvorstellung vorausgesetzt. Er führt den
Leser durch komplexe, ungelöste Debatten, was wiederum
bedeutet, dass jener manchmal den Dingen einfach nur vertrauen muss.
Eine der großen Stärken seines Buches ist jedoch,
dass Paul Davies stets deutlich darauf hinweist, welche Ideen
umstritten oder vorläufig und welche fest etabliert sind und
als gesichert gelten. Für diejenigen, die sich tiefer
informieren wollen, platziert er viele Fußnoten, mit
weiterführenden Erklärungen und Literatur, die am
Ende seines Buches gruppiert wurden. So wird der Fluss seiner
Erzählung nicht unterbrochen. Hin und wieder schiebt er einen
Kasten ein, um das bisher gesagte zusammenzufassen oder eine etwas
kompliziertere Angelegenheit genauer zu erläutern.
Davies erzählt die Geschichte des Universums ziemlich linear.
In den ersten Kapiteln stellt er die Grundkonzepte der modernen Physik
und Kosmologie vor. Er beschreibt die Eigenschaften des Universums,
seine "Geburt", die Bausteine, die die Welt "zusammenhalten" und
diskutiert über die Verlockung einer einheitlichen Theorie.
Anschließend greift er die Gedanken der Stringtheorie und das
bizarre Verhalten von sub-atomaren Teilchen auf, die alle den Weg
für vier oder fünf anerkannte Theorien über
den Grund der Lebensfreundlichkeit unseres Universums pflastern.
Diese Theorien reichen von dem einen, einzigen und einmaligen
Universum, über das in der Führung der Hand eines
intelligenten Schöpfers, der allem den logischen Stempel
aufdrückt, indem er an seiner kosmischen
Schöpfungsmaschine sitzt und durch Drehen an deren
Knöpfen die Parameter des physikalische Universums justiert
und feinabstimmt, bis zum neuesten Stand, dass wir in einem
"Multiversum" leben, wo alle Iterationen irgendwo möglich sind.
Sein oder Nichtsein
Es ist beinahe eine Erleichterung, wenn Davies schließlich
ein Universum begünstigt, in welchem die
Entwicklung von
intelligentem Bewusstsein fest in den Gesetzen der Natur verdrahtet
ist, ähnlich wie
E=mc². Die berühmte Formel Einsteins
drückt
die Äquivalenz von Masse und Energie aus und dass Extreme von
Masse und Geschwindigkeit die Dimension der Zeit auf seltsame Art und
Weise manipulieren können. Davies spinnt den Faden noch
weiter. Er entwirft die faszinierende Möglichkeit eines
"partizipatorischen Universums", in dem sogar einige fundamentale
"Lebensprinzipien" rückwärts durch die Zeit handeln
können; sozusagen die Aufnahme eines gewissen teleologischen
Moments in die Quantenmechanik. Leben und Geist als kreative
Indikatoren in der Physik - eine radikale Idee - oder mit anderen
Worten: Wir waren in der Tat bestimmt, hier zu sein.
Vielleicht sollte sich die Wissenschaft von der allzu idealistischen
Platon'schen Sichtweise der physikalischen Gesetze lösen, sie
nicht mehr a priori setzen und sich für mehr
"Mutabilität" und Wandlungsfähigkeit öffnen,
meint der große theoretische Physiker John Archibald Wheeler,
dem Paul Davies dieses Buch gewidmet hat. Er ist einer dieser
Anti-Platoniker, dessen Gedanken zugegebenermaßen faszinieren
und auch im logischen und philosophischen Bewusstsein der Rezensentin
eine klare Favoritenrolle einnehmen.
Doch warum sollte man die atemberaubend erfolgreichen Anwendungen der
Quantenmechanik von ihrer verwirrenden Interpretation, die Gegenstand
heftigster Debatten ist, trennen und diesen Part den Philosophen
überlassen? Warum sollen nicht Leben und Geist im tiefsten
Inneren der Natur des Universums verankert sein?
"Der kosmischer Volltreffer" ist auf jeden Fall ein Buch, das lange
nach dem Zuschlagen der letzten Seite nachhallt.
Fazit:
Paul Davies dekodiert die reale Wissenschaft und trifft genau den Kern
unseres Verständnisses über das Universum: eine klare
Einführung in die moderne Kosmologie und die Grundlagen der
Physik.
Sein Buch ist eine Rückkehr zu dem, was die Wissenschaft
ursprünglich war: Neugier über unsere Welt und uns.
(Heike Geilen; 05/2008)
Paul
Davies: "Der kosmische
Volltreffer. Warum wir hier sind und das Universum wie für uns
geschaffen
ist"
(Originaltitel "The Goldilocks enigma: why ist the universe just right
for life?")
Übersetzt von Carl Freytag.
Campus-Verlag, 2008. 370 Seiten.
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Ein
weiteres Buch des Autors:
"So baut man eine Zeitmaschine. Eine Gebrauchsanweisung"
Sind Zeitreisen
möglich? Lässt sich dieser alte
Menschheitstraum
verwirklichen? Paul Davies gibt überraschende Antworten und
zeigt, wie eine
Zeitmaschine gebaut werden kann - zumindest virtuell. Der Physiker und
Kosmologe
geht sein Thema originell und mit viel Lust an. Sein Buch ist der
ultimative
Reisebegleiter für Zeitreisende: fundiert, lehrreich,
vergnüglich und
unterhaltsam. Und nebenbei lernt man viel über Raum und Zeit,
Relativität und
andere knifflige Fragen moderner Physik. (Piper)
Buch
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