Andreas
Blühm: "Meister
des Impressionismus"
Die
Kölner Sammlung -
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Eine Malereigeschichte von 1874 bis 1926
"Alle
Kunst ist der Freude gewidmet."
Diese Worte Friedrich
Schillers können als
Leitmotiv über dem wunderschönen Bildband "Meister
des
Impressionismus" stehen, denn es ist fürwahr eine Freude,
dieses
prachtvolle Werk aus dem Hause Hatje Cantz anzuschauen und in den
farbenfrohen
Gemälden aus der Zeit des Impressionismus zu versinken.
Auf 344 großformatigen Seiten mit 290 farbigen Abbildungen
werden dem Leser und
Betrachter die Türen des Kölner
Wallraf-Richartz-Museums geöffnet, das wohl
einzigartig in Deutschland (und weit darüber hinaus) die
Geschichte dieser
Malerei in Breite und Tiefe so gut erzählen kann. Einzigartig
vor allem daher,
da das ganze Panorama des Impressionismus vor dem Betrachter
ausgebreitet werden
kann, beginnend mit den Vorläufern, Hauptmeistern, Nachfolgern
sowie deutschen
und niederländischen Sonderwegen.
Alle zweihundertsiebzig Gemälde, die im Bestand des Museums
sind, werden in
diesem Band vorgestellt. Ein Feuerwerk an Farben und Impressionen.
Apropos Impressionen: Der Begriff Impressionismus leitet sich von dem
lateinischen Wort impressio ab, was Eindruck,
Sinnesempfindung bedeutet.
Namensgeber war das Landschaftsbild "Impression, soleil levant" (1872)
von Claude Monet (befindet sich heute im Musée Marmottan
Monet in Paris).
Das inzwischen berühmteste Gemälde des
Impressionismus fiel allerdings in seiner
ersten Ausstellung beim Publikum durch, für uns heute kaum
vorstellbar. Ebenso
wie die Bilder von Monet, Cézanne, Pissaro, Renoir, Degas
und anderen "Impressionisten".
Aufgrund ihrer Maltechnik bezeichnete man sie als "Intransigeants"
("Die Eigensinnigen"), und sie ernteten nur Spott und Kritik. Im Jahre
1874 veranstalteten die Künstler auf eigene Initiative eine
Kunstausstellung,
wiederum mit einer katastrophalen Resonanz beim Publikum und den
"Offiziellen". Der Kritiker Louis Leroy beschimpfte Claude Monet als
"Impressionisten" (Künstler des "flüchtigen
Augenblicks")
und bezichtigte ihn der Oberflächlichkeit. Nach dieser
Ausstellung sprach jeder
nur noch von den "Impressionisten", was anfangs sehr abwertend gemeint
war.
"Ich will ganz Auge sein" (Édouard Manet)
In Frankreich lag der Ursprung dieser
Kunst, etwa ab dem Jahre 1870.
"Die Epoche
von der ersten Impressionisten-Ausstellung bis zum Tod Monets 1926 war
dank der
Franzosen eine Blütezeit der Malerei", schreibt der
Herausgeber und
Direktor des Kölner Wallraf-Richartz-Museums Andreas
Blühm in seinem Vorwort.
Denn trotz der anfänglichen Häme und Misserfolge
ließen sich die Maler nicht
entmutigen und malten weiter. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fanden
sie dann
endlich die ihnen gebührende Beachtung. Endlich wurden Hohn
und Spott durch
Anerkennung ersetzt und entwickelte sich zu einem internationalen
Phänomen, zu
dem in Deutschland Maler wie Max Liebermann, Max Slevogt und teilweise
Lovis
Corinth gezählt werden.
Betrachtet man heute diese wunderschönen, meist mit wenigen,
lockeren, groben
und eher kurzen Pinselstrichen eingefangenen flüchtigen
Augenblicke, die größtenteils
bis zur Skizzenhaftigkeit verschwommen dargestellten Objekte in zumeist
hellen
und kräftigen Farben, erfährt man geradezu einen
Glücksrausch. Nicht mehr das
erzählende Thema, sein Wesen oder gar das abstrakte Ding an
sich stehen im
Vordergrund, sondern die leuchtenden Farben und deren subjektive
Wahrnehmungen:
eine neue Art des Einfangens und Malens sensueller
"Eindrücke", des
Festhaltens von Sinneseindrücken auf der Leinwand.
Aus der Entfernung
verschwimmen die Farben und erzeugen mit Hilfe des Gehirns des
Betrachters einen
Eindruck über das Detail. Dadurch wird dessen Fantasie mit
einbezogen, der
Schauende nimmt aktiv an der Wirkung eines Bildes teil. Komposition,
räumliche
Wirkung und Linien treten zurück. Gegenstände, Licht
und Schatten werden durch
das Spiel von Licht und Farben auf der Oberfläche dargestellt.
Treffend formulierte dies der französische Lyriker Jules
Laforgue: "Das
impressionistische Auge ist der menschlichen Entwicklung am weitesten
voraus, es
ist das Auge, das die kompliziertesten Verbindungen von Nuancen und
Farbtönen
erfasst und wiedergegeben hat ... Die Impressionisten gaben die drei
großen
Illusionen auf, nach denen sich die akademischen Maler richteten -
Linie,
Perspektive und Atelierbeleuchtung. Wo der eine nur die Konturen der
Objekte
sieht, sieht der andere die wirklich lebendigen Linien, die sich nicht
aus
geometrischen Formen, sondern aus tausend
unregelmäßigen Strichen
zusammensetzen, die aus der Entfernung zum Leben erweckt werden. Wo der
eine die
Dinge auf Grund seiner theoretischen Komposition perspektivisch in
regelmäßig
gestaffelten Ebenen sieht, sieht der andere, wie die Perspektive aus
tausend
hingetupften Nuancen und Pinselstrichen und durch den sich wandelnden
Zustand
der Atmosphäre geboren wird."
"Welche Freiheit. Welche Leichtigkeit in der Fraktur!" (Louis
Leroy)
Und zu ergötzenden Betrachtungen lädt
dieser Bildband ein. Nach einem Vorwort und einer kurzen
Einführung in die
Geschichte des Impressionismus durch Eva-Maria Klother - beide
zweisprachig
(deutsch, englisch) -, werden die Türen der
Museumsräume weit aufgestoßen und
geben den Blick auf ihre bezaubernde Sammlung frei.
Gegliedert in die einzelnen Abschnitte dieser Epoche wandert der
Betrachter von
den Vorläufern (u. a. Daubigny, de la Pena, Courbet oder
Boudin), über die Anfänge,
die Reifezeit, die Moderne bis zur jüngeren Generation dieser
zauberhaften
Malereiform auf einem imaginären Zeitenstrahl entlang. Namen
wie Paul Gauguin,
Camille Pissaro, Claude Monet, Édouard Manet, Auguste
Renoir, Paul Cezanne oder
Vincent
van Gogh klingen in den Ohren.
Aber auch weniger bekannte Künstler und Künstlerinnen
werden dem Betrachter
dargeboten und stehen keinesfalls im Schatten ihrer berühmten
Kollegen. So zählten
zweifelsohne die beinahe zu leben scheinenden Landschaftsimpressionen
von
Gustave Caillebotte (z. B. "Die Ebene von Gennevilliers, gelbe Felder"
[1884] oder "Nebenarm der Seine, Herbststimmung" [1890]), Henri Morets
"Heidelandschaft von Saint-Guinolé bei Pont-Aven" [1900],
Maxime
Maufras "Winterlandschaft" [1890] oder die "Blühenden
Apfelbäume"
[ca. 1900] oder der grandiose "Sonnenuntergang bei Croisic, bretonische
Landschaft" [1895] von Fernand Loyen du Puigaudeau zu den Favoriten der
Rezensentin, obwohl es wahrlich schwer fiel, zu werten.
Fazit:
Ein wahres Feuerwerk an Farben strömt auf den Betrachter ein.
Ein Bild schöner als das andere.
Auf jeden Fall sind
die Neugier und der unbedingte Wunsch geweckt, die Werke auch im
Original zu
betrachten.
(Heike Geilen; 06/2008)
Andreas
Blühm: "Meister
des Impressionismus.
Die Kölner Sammlung -
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud.
Eine Malereigeschichte von 1874 bis
1926"
Hatje Cantz Verlag, 2008. 344 Seiten.
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