Martha Gellhorn: "Das Wetter in Afrika"
Novellen
Krieg auf allen Ebenen
Am 8. November 2008 wäre Martha Gellhorn 100 Jahre alt geworden. Hierzulande
ist sie hauptsächlich als Ehefrau von Ernest Hemingway (1940-1944) bekannt.
Ganz anders dagegen im angelsächsischen Raum, wo ihre zahlreichen Romane,
Prosastücke und Reportagen zu modernen Klassikern zählen und die ehemalige
Kriegsberichtsreporterin nicht nur als "die Fußnote im Leben eines
anderen" (Zitat M. Gellhorn) wahrgenommen wird.
Nun bietet der Dörlemann Verlag dem deutschsprachigen Publikum in neuen,
eleganten Übersetzungen von Miriam Mandelkow einen Einblick in die Prosa der
Autorin, die sich stets durch messerscharfe Beobachtungen politischer und
menschlicher Kriegsschauplätze auszeichnete. Den Auftakt der hochwertig
gestalteten Reihe machte "Paare: Ein Reigen in vier Novellen", gefolgt
von "Muntere Geschichten für müde Menschen" und dem vorliegenden
Band "Das Wetter in Afrika". In allen darin enthaltenen Novellen
schwingt immer der gleiche Grundtenor mit: die Welt der Gegensätze. Sei es nun
die zwischen Frau und Mann, Krieg und Frieden oder aber Schwarz und Weiß.
Afrika war
Martha Gellhorns große Liebe. Nicht nur zahlreiche Reisen führten sie dorthin,
sondern sie besaß zeitweise selbst ein eigenes Haus in Kenia. Diese Zuneigung
merkt man auch den drei Novellen dieses Buches an. Wunderschöne
Landschaftsbeschreibungen zeichnen ein stimmungsvolles Bild dieses von
politischen Umbrüchen geprägten Schwarzen Kontinents. Noch regieren die Weißen,
haben die reichen Farmer das Sagen, doch die politische Unabhängigkeit steht
kurz bevor. Alle drei Novellen spielen in den 1950er- und 1960er-Jahren in
Ostafrika. Gellhorn verlagert die politischen Konflikte, die latent zu spüren
sind, zumeist in offene Geschlechterkämpfe.
Den Auftakt gestaltet "Auf dem Berg". Hier geht es um die obsessive,
demütigende, sexuelle Beziehung einer blondgelockten, hellhäutigen, hübschen,
aber arroganten und verwöhnten Tochter eines Hotelierehepaares zu einem
korrupten schwarzen Beamten, aus der letztendlich beide als Verlierer
herausgehen.
Auch die längste Novelle des Bandes "Im Hochland" erzählt von einer
beinahe ruinösen Beziehung eines jungen kriegstraumatisierten Engländers zu
einer sich nach der Ehe schnell von einer liebenswürdigen zu einer keifenden
Gattin wandelnden Frau. Der kalte Krieg zwischen beiden lässt ihm den
Seelenfrieden an seiner Farm, die er einst heruntergewirtschaftet übernommen,
nun jedoch zu einem blühenden "Wirtschaftsunternehmen" gewandelt hat,
beinahe nehmen. Erst die Zuwendung zu einem kranken und vernachlässigten
farbigen Kleinkind gibt ihm die innere Ruhe zurück. Seine Gattin tut es ihm
gleich, auch wenn das von ihr adoptierte Mädchen keinen größeren Kontrast
darstellen dürfte. Diese beiden so ungleichen Kinder geben letztendlich der
Geschichte die entscheidende Wende.
Die Novelle "Am Meer" spart hingegen den Geschlechterkampf aus. Hier
ist eine alleinreisende Engländerin die "Heldin". Sie will in einem
ostafrikanischen Luxushotel den Verlust ihres eigenen Kindes, das an Leukämie
starb, und ihre sich daraus entwickelte akute Depression "behandeln".
Doch muss sie einen weiteren tragischen Verlust hinnehmen, der sie endgültig
aus der Bahn wirft.
Neben wunderschönen, facettenreichen und schillernden Landschaftsbeschreibungen
ist der zentrale Konflikt zwischen Schwarzen und Weißen stets allgegenwärtiges
Thema und Spannungsfeld in Martha Gellhorns Erzählungen. In kurzen, knappen,
geschliffenen Sätzen, manchmal beinahe stakkatoartig, bringt sie Fremdheit, Träume,
Zerwürfnisse und verlorene Illusionen auf den Punkt. Glaubhaft schildert sie
die postkoloniale Zeit in Ostafrika. Aus scheinbar harmlosen Alltagssituationen
können mit einem Mal messerscharfe Konfrontationen entstehen, die manchmal gar
in tragische Katastrophen münden.
Fazit:
Martha Gellhorn zeichnet mit schnörkellosem Sarkasmus ein kluges und kritisches
Bild der Atmosphäre auf dem Schwarzen Kontinent zwischen Kolonialherrschaft und
Unabhängigkeit.
(Heike Geilen; 12/2008)
Martha Gellhorn: "Das Wetter in Afrika.
Novellen"
(Originaltitel "The Weather in Africa")
Übersetzt von Miriam Mandelkow.
Dörlemann Verlag, 2008. 387 Seiten.
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Martha Gellhorn wurde am 8.
November 1908 in St. Louis geboren. Sie studierte in Bryn Mawr, ging 1930 nach
Paris. 1937 folgte sie
Ernest Hemingway in den Spanischen Bürgerkrieg. Bis zum
Ende des Kalten Krieges war sie bei jedem wichtigen internationalen Konflikt an
vorderster Front dabei, um als Kriegsreporterin darüber zu berichten. Martha
Gellhorn starb auf eigenen Wunsch am 16. Februar 1998 im Alter von 90 Jahren in
London.
Weitere Bücher der Autorin:
"Muntere Geschichten für müde Menschen"
Mrs. Lingard ist ein altmodischer Mensch: "Sie nimmt
Freundschaften ernst." Und so hilft sie unermüdlich ihren Freunden,
Claud Roylands jedoch kann sie nicht vor seinem Liebesglück bewahren.
Theodore erklimmt mühelos die Karriereleitern von Paris, London und New York.
Sein Herz aus Eis schmilzt erst, als er in Anne Farleigh seine Schneekönigin
findet.
Mrs. Hapgood bekämpft ihren Ehekummer mit Wein und exzessiven Einkäufen. Auch
die selbstauferlegte Ausbildung zum "leichten Mädchen" führt sie
nicht ins Glück. Doch Rettung naht - wenngleich von unerwarteter Seite - aus
der staubigen Tiefe des Bücherschranks. (Dörlemann)
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"Paare - Ein Reigen in vier Novellen"
Vier Paare, vier Novellen, ein Versprechen: "In guten
wie in schlechten Tagen", "In Reichtum und Armut", "In
Gesundheit und Krankheit", "Bis der Tod uns scheide".
Martha Gellhorn lotet in vier ironisch eleganten, zutiefst berührenden Novellen
Varianten von Paarbeziehungen aus. Eine junge US-Amerikanerin
in Italien
beobachtet an ihrem hochblütigen Prinzen späte Anzeichen von Selbstständigkeit,
die Gesellschaftslöwin treibt ihre lethargischen Männer zu immer neuen
karrieristischen Höhenflügen, die ewig Kranke tyrannisiert Umwelt und Ehemann,
und der rastlose Kriegsfotograf gibt auch im Tod das Geheimnis seiner großen
Liebe nicht preis. (Dörlemann)
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