Anna Gavalda: "Alles Glück kommt nie"


Drei Jahre ist es jetzt her, dass Anna Gavaldas Roman "Zusammen ist man weniger allein" eine ungewöhnlich lange Zeit (50 Wochen) auf der deutschen Verkaufsbestenliste stand. Unzählige Leser waren begeistert von jenem Großstadtmärchen, das, mit viel Witz und Charme erzählt, die Geschichte von vier Verlierertypen dokumentiert, die zusammen ein neues Leben beginnen.

Entsprechend groß waren die Erwartungen an ihren neuen Roman, der es auch schnell wieder in die Verkaufsbestenliste schaffte und vor Weihnachten 2008 eines der meist verkauften Bücher war. Ob "Alles Glück kommt nie" auch so oft gelesen wurde wie sein Vorgänger, sei dahingestellt, denn Anna Gavaldas Schreibstil ist dieses Mal sehr gewöhnungsbedürftig. Kurze, oft abgehackte Sätze dominieren, und scheinbar wild durcheinander verbinden sich Wörter und Sätze zu einem Geflecht, das über lange Strecken des Buches undurchschaubar wirkt, wenn man sich nicht darauf einlässt. Tut man das allerdings, wird man spätestens in der zweiten Buchhälfte vollends entschädigt.

Das Buch handelt von dem 46-jährigen Architekten Charles Balanda. Erfolgreich ist er und arbeitswütig zudem, und er vernachlässigt über seiner Arbeit, die ihn quer durch die Welt jetten lässt, seine Lebensgefährtin und seine Tochter. So weit, so gut. Doch sein Leben gerät aus den Fugen, als er eines Tages während einer Familienfeier einen Brief erhält, in dem nur drei Wörter stehen: "Anouk ist tot."
Anouk war eine Nachbarin, als Charles ein Kind war, die Mutter seines Freundes Alexis, eine alleinerziehende Mutter, sein Zufluchtsort bei Problemen, die, obwohl 20 Jahre älter als er, so etwas wie seine große Liebe wurde. Die Nachricht von ihrem Tod wühlt ihn auf, auch für ihn selbst völlig unverständlich, doch es treibt ihn regelrecht auf eine Spurensuche, bei der er schlussendlich herausfindet, wie kläglich Anouk gestorben ist.
Bei dieser rastlosen Suche lernt Charles Kate kennen. Mit ihr erfährt der Erfolgsmensch Charles, der damals Anouks Liebe ausgeschlagen hat, eine zweite Lebens- und Liebeschance.

Anna Gavalda erzählt auch in "Alles Glück kommt nie" auf ihre schon bekannte komisch-melancholische Art von Menschen in Krisen, von den Momenten, in denen das Leben eine neue Wendung nehmen kann, sie erzählt von der Sehnsucht, sein Leben zu ändern und es - endlich - zum Guten zu wenden. Doch Gavaldas Themen und ihre Sprache werden trotz dieser Romantik nie kitschig, düster oder gar pathetisch.

"Alles Glück kommt nie" liest sich bis auf den schon erwähnten gewöhnungsbedürftigen Anfang gut. Seine Figuren sind mit großer Zärtlichkeit gezeichnet, doch das Buch erreicht trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Länge nie die Qualität und die Intensität des vorigen Romans.
Vielleicht liegt es auch daran, dass man Gavaldas typischen Sprachklang einfach nicht angemessen übersetzen kann, obwohl sich Ina Kronenberger alle erdenkliche Mühe gegeben hat.

(Winfried Stanzick; 01/2009)


Anna Gavalda: "Alles Glück kommt nie"
(Originaltitel "La Consolante")
Aus dem Französischen von Ina Kronenberger.
Gebundene Ausgabe:
Hanser, 2008. 605 Seiten.
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Taschenbuchausgabe:
Fischer, 2010.
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Hörbuch:
Hörbuch Hamburg, 2008.
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Anna Gavalda wurde am 9. Dezember 1970 geboren. Sie studierte Literaturwissenschaften in Paris und arbeitete vor Entdeckung ihres schriftstellerischen Talents als Französischlehrerin.

Ein weiteres Buch der Autorin:

"Ein geschenkter Tag"

Frühling, irgendwo in Frankreich, die Geschwister Simon, Garance und Lola auf dem Weg zu einer Hochzeit: Schon die Autofahrt mündet in einen handfesten Streit mit der Schwägerin. Kurzerhand machen sich die Drei aus dem Staub, lassen die gediegene Familienfeier sausen und besuchen stattdessen den Bruder Vincent, der in der Provinz auf einem Schloss in der Touraine lebt. In ihrer heiteren, spritzigen Frühlingslektüre erzählt Anna Gavalda von einer überraschenden Landpartie, die den Geschwistern ein Stück Kindheitsglück zurückgibt: einen geschenkten Tag, fernab von Geplauder und Förmlichkeiten, voller Erinnerungen - und ohne nervende Schwägerin. (Hanser)
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