Albrecht Hagemann: "Mahatma Gandhi"
Mahatma
- die "Große
Seele"
Albrecht Hagemann zeichnet das Porträt einer der
faszinierendsten Persönlichkeiten
des 20. Jahrhunderts - Mahatma Gandhi (1869-1948).
"Wir müssen die Veränderung selbst sein, die
wir in der Welt sehen
wollen."
Der dieses sagte, hat das, was er damit meinte, der Welt als seine
Botschaft
vorgelebt. Er hat damit ein Weltreich - Großbritannien - in
die Schranken
gewiesen. Aber wirklich verändert hat er die Welt nicht. Nicht
einmal sein
eigenes Land. Dennoch lebt seine Kernidee in den Köpfen und
Herzen der Menschen
fort: die Idee der Gewaltlosigkeit.
Seine Anhänger verehren ihn fast wie einen Heiligen und nennen
ihn Mahatma -
die "große Seele", weil er sich mit ganzer Seele für
sein Land
Indien einsetzt und es von der Kolonialmacht Großbritannien
befreien will.
Am 30. Januar 2008 jährt sich zum 60. Mal der Tag, an dem
Mahatma Gandhi von
einem Hindu-Fanatiker ermordet wurde. Die tödlichen
Schüsse galten einem Mann,
der, als um die Unabhängigkeit Indiens gerungen wurde, gegen
die Teilung des
Subkontinents und für ein friedliches Zusammenleben von
Hindus
und Muslimen
eintrat.
Sein Name gilt heute als Synonym für gewaltlosen Widerstand
für die Freiheit
und die Wahrung der
Menschenrechte
und macht ihn zusammen mit seiner daraus
resultierenden Lehre zu einem der wichtigsten Vorbilder der Menschheit.
Unzählige
Menschen - nicht zuletzt den us-amerikanischen Bürgerrechtler
Martin
Luther King - hat er inspiriert.
Bereits als Anwalt in Südafrika, wo Mohandas Karamchand Gandhi
für die Rechte
der eingewanderten Inder kämpfte, entwickelte er die
Prinzipien des "Satyagraha";
dem unbedingten Festhalten an der Wahrheit. Das Wort ist ein Kunstwort,
eine
Wortschöpfung Gandhis, welches sich aus den beiden Begriffen Satya
und Graha
zusammensetzt. Satya heißt die Wahrheit,
das Wirkliche und Ursprüngliche,
während Graha ein Verb ist, das so viel
bedeutet wie "auf etwas
bestehen, beharren". Satyagraha heißt also wörtlich
an der Wahrheit
festhalten und bezeichnet in Gandhis Sinn die Kraft, die aus der Suche
nach
Wahrheit, Liebe und Gewaltfreiheit geboren wird.
Am 23. Dezember 1919 ruft Mohandas Karamchand Gandhi seine Landsleute
zum
Widerstand gegen die englische Krone auf. Und er tut dies auf
ungewöhnliche
Weise: Indische Kinder werden von Schulen genommen, Staatsdiener
hören auf zu
arbeiten, in allen Städten gibt es Sitzstreiks. Gandhi
kämpft für die Unabhängigkeit
Indiens von Großbritannien - und das vollkommen ohne Gewalt.
Zum Symbol des Widerstands wird gleichfalls das Spinnrad, welches noch
heute die
Nationalflagge des Landes ziert. Es steht als Zeichen dafür,
dass die Inder
sich ihre Kleider selbst weben und keine englischen Hosen und Hemden
mehr
tragen. Gandhi selbst ging als gutes Beispiel voran. Er, der in jungen
Jahren
die Kleidung der Briten getragen hatte, bekleidete sich nur noch mit
einem Dhoti,
einem einfachen traditionellen indischen Tuch.
Höhepunkt des zivilen Ungehorsams ist zweifelsohne sein
berühmter
"Salzmarsch" am 12. März 1930. Hunderttausende folgen Gandhi
und
laufen gemeinsam über 200 Kilometer weit, um das wertvolle
Mineral selbst aus
dem Meer zu gewinnen. So protestieren sie gegen die teure Salzsteuer
der Briten.
Viele werden von britischen Soldaten verhaftet und niedergeschlagen -
aber
niemand schlägt zurück.
Gandhi
landet mehrfach im Gefängnis. Doch waren die Haftzeiten
für ihn so manches Mal
Erholungsphasen in einem rastlosen Leben, das von Einsamkeit,
Niederlagen und
Enttäuschungen begleitet war und das ihn oft genug an den Rand
der Erschöpfung
führte. Kaum wieder in Freiheit, kämpft er weiter
für Frieden und Unabhängigkeit.
Manchmal hungert er wochenlang, um seine Ziele zu erreichen.
Gandhis größter Wunsch wird 1947 Wirklichkeit:
Großbritannien entlässt
Indien in die Unabhängigkeit.
Doch die Teilung Indiens, die Flüchtlingstragödien
und den Ausbruch von
Kampfhandlungen zwischen Indien und Pakistan vermochte Gandhi nicht
mehr zu
verhindern. Letztlich scheiterte er nicht an den Briten, sondern an
seinen
eigenen Landsleuten.
Der Detmolder Gymnasiallehrer Albrecht Hagemann, der schon eine
Biografie von
Nelson Mandela und ein Porträt Fidel Castros
vorlegte, hat die politische
Lebensgeschichte Mahatma Gandhis nachgezeichnet.
Mit zahlreichem Bildmaterial, einem hilfreichen Glossar, einer
Zeittafel und
einer ausführlichen Bibliografie im Anhang bietet diese
kompakte Biografie aus
der Reihe "dtv-Porträt" einen tiefgreifenden
Überblick über das
Biografische hinaus und gibt eine ziemlich umfassende Darstellung der
letzten
hundert Jahre indischer Zeitgeschichte. Zahlreiche Zitate und
Textauszüge
Gandhis und seiner Weggefährten ergänzen dieses
umfassende Kompendium.
Trotz der Gefahr, "in der Flut der Ereignisse zu ertrinken", gewinnt
der Leser einen guten Eindruck, mit welcher Unermüdlichkeit
und Zähigkeit
dieser zerbrechliche Mann, den Winston Churchill einmal
verächtlich als "halbnackten
Fakir" bezeichnete, im Dreieck Indien - Südafrika -
Großbritannien
umhergereist ist, um Anhänger für seine Staatsidee
des "Satyagraha"
zu gewinnen.
Fazit:
Albrecht Hagemann ist ein umfassendes Buch über diesen
kleinen-großen Mannes
gelungen, der von ihm nicht nur heroisch, sondern durchaus auch
kritisch
betrachtet wurde.
(Heike Geilen; 01/2008)
Albrecht
Hagemann: "Mahatma Gandhi"
dtv Porträt, 2008. 192 Seiten.
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