Ein
Blick hinter die Kulissen
Ob es nun der "Fußballscheich von Austria Salzburg" ist, oder
der
"Wunderwuzzi von Admira", oder aber jener geheimnisvolle Finanzguru,
der sich selbst "Mutter Theresa des österreichischen
Fußballs"
genannt hat, wer auch immer es sein mag, der österreichische
Fußball-Rasen
scheint mehr und mehr zum Tummelplatz, zur Spielwiese für
zwielichtige
Gestalten und Selbstdarsteller zu werden. Zitat Robert Prazak: "Betrüger
und vermeintlich milliardenschwere Investoren, die mit einem Bein in
der
Psychiatrie stehen, sorgen regelmäßig für
Aufregung im Inland und für
Erheiterung im Ausland." Wer sind diese
größenwahnsinnigen
Aufschneider? Wer oder was hat diese Leute auf den Plan gerufen? Warum
präsentiert
sich die österreichische Fußball-Szene als ein
Polit-Kabarett mit einer nicht
abreißenden Serie von Pleiten, Pech und Pannen? Und wie kann
diese Serie möglichst
bald gestoppt werden? Robert Prazak versucht in seinem Buch, den Dingen
auf den
Grund zu gehen und Antworten auf diese Fragen zu geben. Und er
beleuchtet nicht
nur die österreichischen Verhältnisse, sondern auch
den Weltfußball
allgemein, schwerpunktmäßig aber den
Fußball in Österreich, Deutschland und
England. Dass er den Verhältnissen in Österreich
dabei besondere
Aufmerksamkeit widmet, liegt zum einen daran, dass Österreich
ein Gastgeberland
der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft ist, zum
anderen an den
chaotischen Zuständen, die nach Meinung des Autors dort
herrschen. Prazak: "Netzwerken
und Agieren hinter den Kulissen machen sich in Österreich
meist bezahlt."
So wie unter anderem 1998 für einen gewissen Frank Stronach
(eigentlich Franz
Strohsack), eine der schillerndsten Figuren in der
österreichischen Fußball-Szene.
Dieser fadenscheinige Herr Stronach, nach Kanada ausgewanderter
Österreicher,
der dort zum Milliardär wurde, trat also im Jahre 1998 an, um
aus dem Wiener Fußballclub
"Austria" sowie aus der österreichischen Nationalmannschaft
Supermächte
des Weltfußballs zu formen. Er versprach den
österreichischen Fans damals
sogar den Gewinn der Weltmeisterschaft 2006! Was letztlich dabei
herausgekommen
ist, weiß man ja. Bleibt nun abzuwarten, wie sich das
österreichische Team
heuer bei der EM im eigenen Land schlagen wird.
Doch auch positive Tendenzen kann Robert Prazak in seinem Heimatland
ausmachen,
nicht alles im österreichischen Fußball ist so
negativ, wie es auf den ersten
Blick scheinen mag. Da ist zum Beispiel das lobenswerte Konzept des
ehemaligen
österreichischen Finanzministers Rudolf Edlinger, nunmehr
Präsident bei "Rapid
Wien", dem Lokalrivalen der "Austria". Prazak bezeichnet den
Fußballclub
"Rapid" sogar als "die letzte Bastion in Österreich
gegen die
totale Fußball-Kommerzialisierung." Kann "Rapid"
aber mit
seiner Strategie als Spitzenclub in Österreich oder gar in
Europa überleben?
Prazak setzt ein großes Fragezeichen dahinter. Klar, dass
Robert Prazak auch
den Herrn Mateschitz samt Retortenverein "Red Bull Salzburg" nicht
ungeschoren lässt, sowie auch zahlreiche
Repräsentanten kleinerer Vereine
nicht, auf die er seinen respektlos bohrenden Zeigefinger richtet.
Viele von
denen sind aber heute schon wieder in der Versenkung verschwunden, da,
wo sie
auch hingehören.
Wie ist es aber nun um den Fußball beim Nachbarn in
Deutschland oder auf der
Insel, dem Mutterland des Fußballs, bestellt? Für
meinen Geschmack beleuchtet
Robert Prazak die Verhältnisse in Deutschland und England zu
unkritisch. Fast könnte
man meinen, dass er den Top-Vereinen dieser beiden
Fußball-Nationen sogar eine
Vorbildfunktion zusprechen möchte. Aber kann diesem
ausufernden Wahnsinn einer
nur vom Profitstreben getragenen Gigantonomie überhaupt ein
Vorbildcharakter
anhaften? Das muss zumindest bezweifelt werden.
Weitere Themen in Prazaks Buch sind das Fernsehen und der
Fußball, die Bauwut
im Fußball (immer pompösere Stadien), die
Europameisterschaft 2008, das Geschäft
mit den Fußballwetten, der Dreikampf der großen
Sportausrüster "Adidas",
"Nike" und "Puma" sowie anderes. Prazaks Feder ist überall
da präsent, wo Rubel und Ball rollen. Der Autor stellt die
Dinge sehr sachlich
und emotionslos dar, er gibt keine persönlichen Bewertungen
ab, nur eben, wenn
es um das Chaos in Österreich geht, vermag er sich einer
gewissen Häme und
seines Spotts nicht zu enthalten. Wer ein paar Rubel erübrigen
kann und zudem
noch am Fußball interessiert ist, der sollte sich dieses Buch
kaufen, es gewährt
interessante Blicke hinter die Kulissen dieses lukrativen, aber nicht
immer ganz
sauberen Geschäfts.
(Werner Fletcher; 05/2008)
Robert
Prazak: "Der Rubel rollt. Die
Geschäfte rund um den Fußball"
Residenz Verlag, 2008. 248 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen
Robert
Prazak, geboren 1969, ist
Wirtschaftsjournalist.
Weitere Lektüretipps:
Günther Eisenhuber (Hrsg.): " Sprechen Sie
Fußball? Noch mehr Sprachfouls"
Ein Spiel dauert 90 Minuten, aber oft wird es erst danach richtig
lustig: Fußballer
vor dem Mikrofon im brutalen Zweikampf mit der deutschen Sprache -
Meister ihres
Fachs als Akrobaten des unfreiwilligen Wortspiels, als Virtuosen des
hinterhältigen
Sprachfouls.
"Bei so einem Spiel muss man die Hosen runterlassen und sein
wahres
Gesicht zeigen." (Alexander Strehmel)
"Wir dürfen nun nach einem Sieg in Folge nicht wieder
den Schlendrian
anbrennen lassen." (Valentin Herr)
"Ich glaube schon, dass ich in manchen Situationen
schlagfertig bin.
Schlagfertigkeit heißt, sofort das zu antworten, was ein
Schlauberger hinterher
gern hätte gesagt haben will." (Lothar
Matthäus)
"Ich sage nur ein Wort: Vielen Dank!" (Horst
Hrubesch)
(Residenz Verlag)
Büchlein
bei amazon.de bestellen
"Früher
waren mehr Tore. Hinterhältige Fußballgeschichten"
Ausgewählt von Daniel Kampa und Winfried Stephan.
Früher gab es noch Tore, heute gibt es endlose Kommentare.
Früher gab es
Stehplätze, heute Sitzplätze, die sich nur
Fußballer mit ihren Millionengagen
leisten können (aber die kommen sowieso gratis rein). Das Sofa
vor dem
Fernseher ist längst durch "Public-Viewing-Plätze"
ersetzt
worden, die Spieler mit ihren auffälligen Frisuren sind von
ihren Gattinnen
nicht mehr zu unterscheiden, und doch ist Fußball immer noch
die wichtigste
Nebensache der Welt und eine W- oder EM das Größte.
Ein Buch für alle Fußballfans
und -hasser, mit garantiert mehr Toren als in jedem Spiel.
(Diogenes)
Buch
bei amazon.de bestellen
Oliver
Noelle: "Das
runde Lexikon des Fußballs"
Spektakuläre Anekdoten - Verblüffende Rekorde -
Unvergessene Momente.
Wie hoch war der höchste EM-Sieg aller Zeiten? Wer verursachte
die
"Schande von Gijon"? Und wer sagte: "Ich verspreche, an die
Kotzgrenze zu gehen"? Hier sind sie: Die großen Stars und
ihre besten
Spiele, die Skandale, Sensationen, Peinlichkeiten, die witzigsten
Anekdoten und
die besten Sprüche. Kurz, knackig und umfassend. Mit einem
satten Schuss Humor
- und in jedem Fall immer "ganz nah am Ball". (Knaur)
Buch
bei amazon.de bestellen