Barbara Barberon-Zimmermann: "Frankreich hören. Das Frankreich-Hörbuch"

Eine musikalisch illustrierte Reise durch die französische Kulturgeschichte von den keltischen Sagen bis in die Gegenwart
(Hörbuchrezension)


Frankreich mit den Ohren entdecken

"Hinter dem Hügel von Gergovia ging die Sonne auf. Sanftes Licht bricht sich in den Rüstungen einer gigantischen Armee. Langsam schiebt sich das Heer Julius Caesars in Richtung Stadt. Hinter den Mauern verbergen sich die aufständischen Kelten. Hörner rufen zum Kampf. Auf die römischen Soldaten stürzen sich die keltischen Krieger, fast unbekleidet, bewaffnet nur mit Speer und Schild, der Helm mit Hahnenfedern geschmückt. " So beginnt das Hörbuch "Frankreich hören" aus dem Silberfuchs-Verlag.
Irgendwie kommt einem die Gegebenheit bekannt vor: Julius Caesar, Gergovia? Genau Frankreich, 52 v. Chr., Gallischer Krieg, das Heer des römischen Feldherren wird in die Flucht geschlagen. Aber wieso Kelten?

Gallier sind Kelten. Den Begriff Gallier prägten die Römer - Kelten heißen auf Lateinisch Galli. Und da kommt auch gleich deren bekannteste Figur ins Spiel - die berühmte Comicfigur von René Goscinny und Albert Uderzo mit Namen Asterix, die diesem letzten großen Sieg der Kelten unter ihrem Anführer Vercingetorix über ihre Besatzer ein modernes Denkmal setzten.
Auch in das nationale Symbol Frankreichs haben die ruhmreichen Kämpfer Einzug gefunden: "Der gallische Hahn verkündet stolz und eigensinnig das Vermächtnis der Unbeugsamkeit", intoniert Dietmar Mues, der Sprecher des Hörbuches, mit sonorer und empathischer Stimme.

Vom Zauberer Merlin und den Druiden, den Gelehrten der keltischen Stämme, bis in die Neuzeit des 21. Jahrhunderts spannt sich der Bogen französischer Historie, Kunst und Kultur, der in dieser wunderschönen CD eine großartige auditive Renaissance erfährt. Alle wichtigen Meilensteine in der wechselvollen Geschichte Frankreichs und ihrer prägenden Herrscher, aber vor allem seiner Philosophen und Künstler sind hier noch einmal vereint und "flanieren" mit entsprechender musikalischer Umrahmung vor dem Hörer.

Karl der Große, das Massaker an den Hugenotten - die "Bartholomäusnacht" am 24. August 1572 -, der "Sonnenkönig" Ludwig XIV., die Französische Revolution und Napoleon werden in Erinnerung gerufen. Wir hören von der unerfüllten und dennoch unerschütterlichen Liebe des Philosophen Pierre Abaelard zu seiner Schülerin Heloise, vom tragischen Schicksal der Johanna von Orléans und den berühmten Philosophen Voltaire, Rousseau und Sartre sowie ihren bedeutenden Schriften.
Aber auch die damals revolutionäre gotische Architektur mit ihren zum Himmel strebenden Kathedralen und deren riesigen Kreuzgewölben findet Erwähnung.

Und was wäre ein Land wie Frankreich ohne seine schönen Künste. Seien es nun die literarischen eines Denis Diderot, Honoré de Balzac, Charles Baudelaire, Victor Hugo, Marcel Proust, Albert Camus oder einer George Sand und Simone de Beauvoir. Oder aber die musischen von solch klingenden Namen wie Claude Debussy, Edith Piaf; oder die in Szene gesetzten eines Jean-Paul Belmondo lassen Erinnerungen aufleben. Natürlich findet auch das Wahrzeichen von Paris schlechthin, die Errichtung des Eiffelturmes 1889 zur Pariser Weltausstellung anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Französischen Revolution, Erwähnung.

All diese wichtigen kulturhistorischen Momente werden das Herz des Frankreich-Liebhabers oder -Kenners höher schlagen lassen oder aber dem interessierten "Frischling" dieses wunderschöne Land näherbringen und auch "manche Eigenheit der heutigen deutsch-französischen Beziehungen (...) beleuchten", wie Jean-Pierre Tutin, der Leiter des französischen Generalkonsulats in Hamburg, im Vorwort des überaus reichhaltigen Beihefts feststellt.

Apropos Beiheft: Nicht nur der Inhalt der von Roswitha Rösch künstlerisch gestalteten CD, eine wohltuende Mischung aus Musik (50 Musikbeispielen des französischen Kulturraumes) und Wort, vorgetragen von einem großartig intonierenden Dietmar Mues, offenbart Opulenz und Vielfalt, auch das sechzehnseitige Begleitheft überrascht mit einem zusammenfassenden Geschichts-"Stakkato", ausgewählten Zitaten und Abbildungen von Gemälden oder Skulpturen großer Künstler wie Delacroix, Monet, Renoir oder Rodin.

"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar." Mit diesen Worten des Autors Antoine de Saint-Exupéry leitet Dietmar Mues die letzten Takte des Hörbuchs ein. Sein berühmtes Buch "Der kleine Prinz" behandelt die Einsamkeit und die Freundschaft. "Und die", so Mues, "hält auch die kleinen gallischen Helden zusammen, die unermüdlich gegen die Kulisse der Großen ankämpfen. Die Botschaft ist universell. Lautlos rennt die Zeit dahin. Die Geschichte ist eine Momentaufnahme, aber jeder Einzelne in ihr ist unendlich wichtig: Daran erinnert uns Frankreich. "

Fazit:
Erneut ist dem Silberfuchs-Verlag in seiner Länderreihe, vor allem jedoch der für diese Produktion verantwortlich zeichnenden Kulturwissenschaftlerin Barbara Barberon-Zimmermann ein großartiger Wurf gelungen.
Das Hörbuch, veröffentlicht anlässlich der fünfzigjährigen Städtepartnerschaft zwischen Marseille und Hamburg, lädt ein zu einer klingenden Reise durch die französische Kulturgeschichte, der man sich, einmal begonnen, nicht mehr entziehen kann.

(Heike Geilen; 07/2008)


Barbara Barberon-Zimmermann: "Frankreich hören. Das Frankreich-Hörbuch"
Sprecher: Dietmar Mues.
Künstlerisch gestaltete CD-Edition von Roswitha Rösch mit sechzehnseitigem Beiheft.
Silberfuchs-Verlag, 2008. 1 CD; Spieldauer 80 Minuten.
Hörbuch-CD bei amazon.de bestellen

Einige Buchtipps:

Gabriele Kalmbach: "KulturSchock Frankreich"

Die Franzosen gelten als geistreich, charmant und wohlerzogen, als Genussmenschen und Lebenskünstler, als prunkliebend und etwas sorglos, aber auch als überheblich und snobistisch. Charme, Esprit, Savoir vivre, Nonchalance und Manieren sind nicht ohne Grund zu festen Begriffen auch im deutschen Sprachgebrauch geworden. Der Frankreich-Band der "KulturSchock"-Reihe stellt auf unterhaltsame Weise Achillesfersen und heilige Kühe der Franzosen vor, erläutert Fallstricke und Fettnäpfchen für Reisende. Das Buch liefert zugleich Orientierungshilfe und fundierte Hintergrundinformationen über die Vielfalt und Unterschiedlichkeit des gesellschaftlichen Lebens im Frankreich von heute.
Aus dem Inhalt: Die glorreiche Nation: historische Epochen, Ereignisse und Personen; Paris und der Rest der Welt: die Hauptstadt und die Regionen; Airbus und Atomkraft: die französische Wirtschaft; Emanzipation ohne Feminismus: Frauen in Frankreich; Die Basken: Volk mit rätselhafter Sprache; Französische Ängste: Amerikanisierung; Immigrationsland Frankreich: Einwanderer aus Afrika, Asien und der Karibik; Immer noch ein "Schlager": das Chanson; Tour de France: Sport, Freizeit und Urlaub; Sterneköche, Bistro-Klassiker und Bodenständiges: die französische Küche. (Reise Know-How Verlag Rump)
Buch bei amazon.de bestellen

Johannes Willms: "Gebrauchsanweisung für Frankreich"
Französische Lebensart, haute cuisine und toujours l’amour, Zentralismus und Nationalstolz: Johannes Willms, der wie Gott in Frankreich lebt, weiht den Leser in die Geheimnisse von la douce France ein.
Die typische Pariserin ist verführerisch und kapriziös, und zu einem waschechten Franzosen gehören die Boulekugeln ebenso wie Baskenmütze oder Weißbrotstange ... Adieu cliché! Johannes Willms, seit Jahren mit Frankreich verbunden, blickt hinter die Kulissen. Mit den Tücken des Linksabbiegens und der Hundeliebe seiner Nachbarn ist er so vertraut wie mit der Pünktlichkeit ländlicher Handwerker und dem Erfolgsrezept für die einzig wahren Pommes frites. Er weiht den Leser in das Wunderwerk TGV ein, zeigt ihm die verwunschenen Weinberge des Languedoc und den waldreichen Luberon - und die ethnische Vielfalt der Metropolen, die in der Fußballnationalmannschaft ihren vollkommenen Ausdruck findet. (Piper)
Buch bei amazon.de bestellen

Hans Georg Bauner (Hrsg.): "Literarischer Führer Frankreich"
Wo wohnten Stendhal und George Sand, wo ging Kommissar Maigret in Paris auf Verbrecherjagd, wo verbrachte Marcel Proust seine Ferien, und was hatten Touristen wie Henry James und Edith Wharton über die Provence zu sagen? Literaturfreunden und Frankreichfahrern wird in übersichtlicher Form ein literarisches Profil französischer Städte dargeboten: Nach Regionen gegliedert, informiert der Band über Lebens- und Reisestationen von Dichterinnen und Dichtern und die Schauplätze ihrer Werke. Der Leser lernt literarische Zentren kennen, folgt den Figuren aus Balzacs "Menschlicher Komödie" und trifft auf die Romanwelt Zolas und jene George Sands.
Ein Anhang verschafft schnell Orientierung über literarisch relevante Museen, Schlösser und Bibliotheken in den verschiedenen Reiseregionen des Landes. (Insel)
Buch bei amazon.de bestellen

Manfred Hammes: "Erzähl' mir vom Süden ... Eine literarische Reise durch Languedoc, Provence und Côte d'Azur"
In Südfrankreich fand Marquis de Sade zwischendurch Zeit zu Literarischem, van Gogh schrieb an Gauguin, Cézanne an Zola, die Marquise von Sévigné ihre berühmten Briefe. Es werden die erwähnt, die es aus Vorliebe, persönlichem oder politischem Schicksal hierher verschlagen hat, die hier geboren, gestorben sind, heute noch hier leben. Daraus wurde ein äußerst anregendes Buch, in dem auch praktische Empfehlungen zu finden sind: der Hinweis auf ein besonderes Restaurant, ein kindgerechtes Museum, einen Schattenplatz am Bach.
Auf unterhaltsame Weise wird der Bogen geschlagen vom Boulespiel über die Katharer bis zu Stierkampf und Sprachautonomie. Die Reise führt durchs Rhônetal, über Nîmes, Montpellier, Carcassonne an die spanische Grenze. Von Marseille geht der Weg entlang der Côte d'Azur, dann über die Haut Provence zurück nach Aix, Arles und Avignon. Das Buch hat einen ausführlichen Anhang mit Museums-, Personen- und Ortsregister und Bibliografie. (Wunderhorn Verlag)
Buch bei amazon.de bestellen

Pierre Nora (Hrsg.): "Erinnerungsorte Frankreichs"
Mit einem Vorwort von Etienne François.
"Das Gedächtnis klammert sich an Orte wie die Geschichte an Ereignisse."
In insgesamt sechzehn Essays beschreiben die Autoren ausgewählte zentrale Erinnerungsorte Frankreichs: der Nation, der Republik und des Landes mit seinen vielfältigen Facetten. Der Bogen spannt sich vom königlichen Hof, Jeanne d’Arc und den Errungenschaften der Französischen Revolution über Verdun und Vichy bis hin zu Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" und der Tour de France. Dabei geht es nicht um Ereignisgeschichte, sondern um eine Symbolgeschichte, die nach dem Fortleben dieser "Orte" im kollektiven Gedächtnis (nicht nur) der Franzosen fragt.
Glänzend geschrieben, bieten diese Beiträge ein lebendiges Panorama der Erinnerungslandschaft der Franzosen und zeigen, dass diese bemerkenswerte Form der Geschichtsschreibung stets über nationale Grenzen hinausblickt. (C.H. Beck)
Buch bei amazon.de bestellen

Stefan Janson (Hrsg.): "Frankreich. Reise-Lesebuch"
Dieses Lesebuch lädt dazu ein, Frankreich mit Schriftstellern aus Vergangenheit und Gegenwart zu erkunden. Seien es Landschaften und Orte, Schlösser und Kathedralen, sei es das brodelnde Paris oder der "berauschende kosmopolitische Gestank von Marseille" - ganz zu schweigen von der berühmten Küche Frankreichs oder den Badefreuden in Biarritz.
Ob zur Vor- oder Nachbereitung einer Reise, ob als Begleiter ins Land der Gallier oder zur vergnüglichen Lektüre am Abend - für Anregungen und Überraschungen, aber auch für Déjà-vu-Erlebnisse ist bestens gesorgt. (dtv)
Buch bei amazon.de bestellen

Gisela Fichtl: "La Belle Époque"
Erzählungen aus dem friedlichen Frankreich zwischen 1871 und 1914, in französisch-deutschem Paralleldruck.
Ein Dutzend unterhaltsame Texte aus dem rauschhaft friedlichen Frankreich zwischen 1871 und 1914: Erzählungen, Anekdoten und Feuilletons. Weltausstellung, Café Concert, Landpartie. Operette, Jardin de Luxembourg, Moulin Rouge. Femme fatale und Femme fragile, Dandy und Flaneur, Grisette und Concierge.
Die Autoren: Alphonse Allais, Guillaume Apollinaire, Jules-Amédée Barbey d'Aurevilly, Colette, Georges Courteline, Anatole France, Jean Giraudoux, Comte de Lautréamont, Pierre Loti, Octave Mirbeau, Marcel Proust, Émile Zola. (dtv)
Buch bei amazon.de bestellen

Juliette Gréco: "So bin ich eben. Erinnerungen einer Unbezähmbaren"
Die Grande Dame des französischen Chansons erzählt ihr Leben.
Juliette Grécos Leben ist ein Roman. Als sie 16 ist, werden ihre Mutter, ein Mitglied der Résistance, und ihre Schwester ins KZ deportiert. Juliette kommt "nur" in ein Frauengefängnis. Alle drei überleben. Nach dem Krieg geht sie nach Paris. Sie wird Schauspielerin. Im "Café de Flore" trifft sie auf die Dichter und Philosophen von Saint-Germain: Boris Vian, Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir. Sie begegnet Charlie Parker und Miles Davis. Mit ihnen lernt sie wieder zu lachen. Sartre animiert sie zum Singen, schreibt ihr erstes Chanson. Jacques Prévert, Françoise Sagan, Jacques Brel, Charles Aznavour, Serge Gainsbourg, alle erliegen ihrem Charme und lieben ihr Aussehen - ganz in Schwarz mit blassem Teint und Pagenkopf. Die Stil-Ikone der Existenzialisten ist geboren. Die Gréco tourt durch Europa und die USA. Sie dreht Filme in Hollywood. Sie hat ein ausschweifendes Liebesleben und bleibt doch immer ihrer ersten Liebe treu: dem Chanson.
Juliette Gréco, geboren 1927 in Montpellier, wuchs bei den Großeltern und in der Obhut von Nonnen auf, weil ihre Mutter in der Résistance aktiv war. Mit Chansons wie "Les feuilles mortes" oder "Déshabillez-moi" wurde sie stilprägend. Noch heute, mit 85 Jahren, füllt sie überall auf der Welt riesige Konzertsäle und wird von einem Publikum aller Altersklassen verehrt. (C. Bertelsmann)
Buch bei amazon.de bestellen

Digitalbuch bei amazon.de bestellen