Dan Hooper: "Dunkle Materie"
Die kosmische Energielücke
"Schwarze Löcher
entstehen, wenn Gott durch Null teilt." (Stephen Wright)
Was die Naturwissenschaften auszeichnet bzw. immer wieder begeistert, sind
Rätsel
und Puzzles, die noch nicht vollständig gelöst bzw. zusammengesetzt sind. Und
wahrscheinlich fühlen sich daher viele Physiker, Theoretiker und
Experimentatoren verschiedener Spezialgebiete von der
Kosmologie angezogen. Der
interessierte Leser wird es ihnen gleich tun, denn "nur wenige
Geheimnisse der Natur bereiten den Forschern so viel Kopfzerbrechen wie die
Beobachtungen der Astronomen in den letzten dreißig Jahren", ist im
Vorwort des vorliegenden Buches von Dan Hooper zu lesen, das von dem
renommierten Physik- und Astronomieprofessor Lawrence M. Krauss verfasst wurde.
Los ging es, dass die Menschheit sich von dem Gedanken verabschieden musste, der
Mittelpunkt des Sonnensystems zu sein, und letztendlich endet es damit, dass die
Erde, die Sonne und alle anderen Sterne und Galaxien wenn überhaupt, dann nur
ein Staubkorn in einem Universum sind, "das nicht von gewöhnlicher
Materie dominiert wird, sondern von Materie und Energie, die unsere irdische
Erfahrung nicht kennt."
Unsere Galaxie und auch alle für den Menschen sichtbaren Galaxien bestehen
offensichtlich aus einem nicht sichtbaren Material, von dem die Forscher
annehmen, dass es sich um noch unbekannte Elementarteilchen handelt. Hier hofft
man sich von der Inbetriebnahme des LHC in Genf vielversprechende Ergebnisse und
Erkenntnisse. Doch bis die Maschine "angeknipst" wird, verhalten sich
die Physiker und Mathematiker nicht still. Theoretiker stellen und stellten
derweil verschiedene Modelle auf.
Außer der Dunklen Materie scheint noch etwas Anderes, noch Exotischeres und Verwirrenderes
unser Universum zu beherrschen - die Dunkle Energie. "Wie auch immer
sich die Dunkle Energie im Detail verhält, eins ist ziemlich sicher: Ihr
Ursprung hängt mit dem Anbeginn des Universums zusammen, und ihre Entwicklung
ist der Schlüssel zu seiner Zukunft. Bevor wir die Natur der Dunklen Energie
nicht verstanden haben, können wir nicht hoffen, Antworten auf die uralten
Fragen der Menschheit zu finden: Woher kamen wir, und wohin gehen wir?",
so Lawrence M. Krauss.
MACHOs und WIMPs oder doch die supersymmetrischen Neutrinos?
Dan Hooper, der ähnlich wie
Max
Planck einen völlig artfremden Berufseinstieg wählte - er wollte Musik
studieren -, blieb letztendlich über verschiedene andere Zweige wie Wirtschaft,
Geschichte und Jura in der Physik "hängen". Nun hat er erstmals
publiziert und gleich einen überaus gelungenen Einstieg geschafft. Auf verständliche
Art und Weise gelingt es dem Autor, ein überaus lesenswertes, auf
hochwissenschaftlichem Niveau angesiedeltes Buch über die großen Unbekannten
in unserem All zu schreiben.
Dabei spannt er einen weiten Bogen und weiß immer anschaulich und interessant
verschiedenste Aspekte zu beleuchten und zu durchdringen. Natürlich ist gerade
in diesem Bereich vieles im spekulativen, theoretischen Rahmen angesiedelt, aber
Hooper zeigt deutlich, was bereits bewiesen und was nur auf Annahmen begründet
ist.
Er erzählt von toten Sternen,
Schwarzen Löchern und anderen "dunklen
Tierchen im Teilchenzoo", die vielversprechende Kandidaten für Dunkle
Materie sein könnten und solch exotische Namen wie MACHOs und WIMPs (Feiglinge)
tragen. Themen wie die Symmetrie, die Stringtheorie oder die
Quantengravitationstheorie bzw. die experimentelle Suche nach supersymmetrischen
Neutrinos oder der Weltformel werden aufgegriffen und diskutiert. Von Zeit zu
Zeit lockern anschauliche Modellskizzen den Text auf.
Hoopers systematische Vorgehensweise und seine Betrachtungen aller Möglichkeiten
erlauben nicht nur hervorragend der Herangehensweise der
Naturwissenschaftler
zu folgen und diese zu begreifen, sondern sie lassen zudem eine Menge anderer
"Unverständlichkeiten" und Unbekannter begreifen. Ein Zitat des
Astrophysikers Michael Turner zur Suche nach der Dunklen Materie könnte auch
stellvertretend für dieses Buch stehen: "Wir haben eine Reihe von Verdächtigen
ausgeschlossen; jetzt steht eine Festnahme unmittelbar bevor. Wer an einem
gro0en Fall arbeitet - denken Sie an JonBenet Ramsey oder O. J. - muss jeder heißen
Spur nachgehen." Genau dies vermittelt Dan Hooper dem Leser.
"Solange wir nur die geringste Chance haben, eine Theorie zu finden, mir
der sich unsere Welt erklären lässt", soll Dan Hooper ein letztes Mal
zitiert werden, "sollten wir danach suchen. Kein Chirurg bricht eine
Operation ab, weil der Patient sterben könnte; so sollten auch die Physiker
nicht aufhörne, nach einer vollständigen Theorie des Universums zu streben,
solange sie nicht vollkommen sicher sein können, dass diese Theorie nicht
existiert. Anders ausgedrückt: Wir sollten niemals aufhören zu suchen."
Fazit:
"Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder
bitter, nur scheinbar heiß oder kalt; in Wirklichkeit gibt es nichts als Atome
und leeren Raum" wusste schon Demokrit zu definieren. Gerade der leere
Raum hat es wohl explizit in sich.
Ein großartiges, sehr gut verständliches populärwissenschaftliches Buch auf
hohem Niveau über die dunklen Geheimnisse unseres Universums.
(Heike Geilen; 12/2008)
Dan Hooper: "Dunkle Materie. Die
kosmische Energielücke"
(Originaltitel "Dark Cosmos: In Search of Our
Universe's Missing Mass and Energy")
Übersetzt von Anna Schleitzer.
Spektrum Akademischer Verlag, 2008. 240 Seiten.
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Dan Hooper hat an der University of Wisconsin zum PhD promoviert und an der berühmten Traditionsuniversität im britischen Oxford gelehrt.