Lewis Wolpert: "Anatomie der Schwermut"
Über die Krankheit Depression
"Es war die schmerzlichste Erfahrung meines Lebens. Noch qualvoller sogar, als meiner krebskranken Frau beim Sterben zuzusehen. Ich schäme mich zu gestehen, dass sich meine Depression schlimmer anfühlte als ihr Tod, aber es ist die Wahrheit. Ich befand mich in einem Zustand, der nichts anderem ähnelte, was ich je zuvor erlebt hatte. Ich fühlte mich nicht nur sehr niedergeschlagen und deprimiert im üblichen Sinne des Wortes. Ich war schwer krank. Ich war völlig mit mir selbst beschäftigt, negativ gestimmt und dachte die meiste Zeit an Selbstmord. Ich konnte nicht richtig denken, geschweige denn arbeiten, und wollte mich den ganzen Tag nur ins Bett verkriechen. Ich konnte nicht Rad fahren oder aus eigenem Antrieb das Haus verlassen. Ich bekam Panikattacken, wenn man mich allein ließ. Und es traten zahlreiche körperlichen Symptome auf ... jedes neue physische Anzeichen löste extreme Angst aus ... die Zukunft war ohne Hoffnung. Ich war überzeugt, dass ich nie wieder arbeiten oder gesund werden würde. Ich hatte große Angst davor, verrückt zu werden."
Mit diesen Sätzen beginnt ein
eindrucksvolles Buch; Sätze, die wohl nur jenem Menschen so
richtig in die Knochen und die Seele fahren, der sich selbst einmal
in einem solchen, dem Tod näher als dem Leben verorteten
Zustand befunden hat.
Geschrieben hat dieses wirklich einzigartige Buch der
weltberühmte
Biologe Lewis Wolpert, der vor einigen Jahren trotz großen
beruflichen Erfolgs
und trotz eines glücklichen Privatlebens eine schwere
Depression durchlebte. |
Inhaltsverzeichnis: |
Der Rezensent kann dieses wunderbare Buch allen Menschen, die einmal
auch nur ansatzweise unter einer solchen
Krankheit gelitten haben oder leiden, sehr empfehlen. Aber
auch für Angehörige von akut erkrankten Menschen ist
"Anatomie der
Schwermut" eine ebenso hilfreiche wie ermutigende Lektüre, die
ihnen
vermittelt, dass sie sehr wohl etwas
tun können, und vor allen Dingen, dass es Licht am Ende des
Tunnels geben wird,
dass ein volles, glückliches, arbeitsreiches und
gefühlsbetontes sinnvolles
Leben nach einer solchen Krankheit möglich ist. Denn
während man in
der Dunkelheit befangen ist, gibt es nur Leere, man ist nicht
fähig, auch nur irgendetwas zu
arbeiten; Gefühle sind vollständig verschwunden, (was
vielleicht von allen
Symptomen das allerschlimmste ist), das Leben scheint sinnentleert, und
nur
der Suizid scheint einen möglichen Ausweg zu bieten.
Ich wünsche diesem Buch viele Leser, und denen, die betroffen
sind, Mut zur
Hoffnung, denn es gibt neues Leben nach der todesähnlichen
Starre der
Depression.
(Winfried Stanzick; 08/2008)
Lewis
Wolpert: "Anatomie der Schwermut.
Über die Krankheit Depression"
(Originaltitel "Malignant Sadness: The Anatomy of Depression")
Übersetzt von Sylvia Höfer.
C.H. Beck, 2008. 303 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen
Lewis Wolpert, geboren 1929, ist ein renommierter Entwicklungsbiologe und Buchautor. Er schrieb Wissenschaftssendungen für die "BBC" und war lange Zeit Kolumnist bei der britischen Tageszeitung "The Independent". 1980 wurde Wolpert Mitglied der "Royal Society" und 1990 "Commander of the Order of the British Empire"; 1999 wurde er in die "Royal Society of Literature" aufgenommen.
Weitere Buchtipps:
Alain Ehrenberg: "Das erschöpfte Selbst.
Depression und Gesellschaft in der Gegenwart"
Die Ausbreitung von Depressionen, der steigende Konsum von
Antidepressiva und
die Zunahme der Alkoholabhängigkeit in den westlichen
Gesellschaften sind für
Alain Ehrenberg Reaktionen auf die allgegenwärtige Erwartung
eigenverantwortlicher Selbstverwirklichung. Damit hat das Projekt der
Moderne,
die Befreiung des Subjekts aus überkommenen Bindungen und
Traditionen, eine
paradoxe Verkehrung erfahren. War die Neurose die pathologische
Signatur eines
repressiven Kapitalismus, so ist die Depression die Kehrseite einer
kapitalistischen Gesellschaft, die das authentische Selbst zur
Produktivkraft
macht und es bis zur Erschöpfung fordert. Ehrenberg untersucht
in einer
erhellenden Kombination von Psychiatriegeschichte und
Zivilisationsdiagnose,
welchen psychischen Preis die Individuen für diese Verkehrung
heute zu zahlen
haben.
Buch
bei amazon.de bestellen
Elisabeth Summer:
"Macht die Gesellschaft depressiv? Alain Ehrenbergs
Theorie des 'erschöpften Selbst' im Licht
sozialwissenschaftlicher und
therapeutischer Befunde"
Die häufigste psychische Krankheit ist gegenwärtig
laut WHO und EU die
Depression, die in ihren Konsequenzen noch vielfach
unterschätzt wird. Zu ihren
Folgen zählt nicht selten der Suizid. Ihren Ursachen auf den
Grund zu gehen,
ist also dringlich. Gleichwohl fehlt in Psychologie und Medizin noch
immer ein
einheitliches Verständnis dieser affektiven Störung,
und eine Erklärung ihrer
Genese steht noch immer aus. Der französische Soziologe Alain
Ehrenberg
durchbricht mit einer vieldiskutierten Studie "Das erschöpfte
Selbst,
Depression und Gesellschaft in der Gegenwart" die binnensystemische
psychologische Betrachtung der zahlreichen Erscheinungsformen von
Depression und
bietet stattdessen eine einheitliche gesellschaftstheoretische
Erklärung der
Krankheit an.
Ehrenbergs These, die depressive Verstimmung sei als Zeitkrankheit vom
gesellschaftlichen Weltsicht- und Selbstverwirklichungsdiskurs
verursacht, wird
in diesem Buch auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüft
- zum einen anhand
eigener therapeutischer Praxisfälle, zum anderen durch
Korrelation mit der
aktuellen Wissenschaftsdebatte. (transcript)
Buch
bei amazon.de bestellen
Brigitta Bondy: "Wenn die Depression das Herz
bricht.
Seelische Störungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen"
Eine Wechselwirkung zwischen Depressionen und Erkrankungen des
Herz-Kreislauf-Systems ist seit langem bekannt und auch in der
Umgangssprache
fest verankert: "Er starb an gebrochenem Herzen"
drückt den
Zusammenhang zwischen Kummer, sich daraus ergebender Depression und
Herztod aus.
Trotzdem hat die Forschung erst in den letzten Jahren begonnen, den
Zusammenhang
beider Krankheiten systematisch zu erforschen. Brigitta Bondy
beschreibt in
diesem auch für den Laien gut verständlichen Buch,
welche Risikofaktoren
beiden Krankheiten zugrunde liegen und wie Herz und Gehirn miteinander
kommunizieren. Darüber hinaus fragt sie nach der gemeinsamen
genetischen Basis
von Depression und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. (C.H. Beck)
Buch
bei amazon.de bestellen
Bernhard Strauß (Hrsg.): "Bindung und
Psychopathologie. Bindungstheorie in der psychotherapeutischen Praxis"
Renommierte Wissenschaftler stellen in diesem Sammelband den Stand der
Bindungsforschung zu unterschiedlichen Störungsbildern wie
Angst, Depression
oder Ess-Störungen und Konsequenzen für die
psychotherapeutische Praxis dar.
Die von John Bowlby konzipierte Bindungstheorie erlebt seit einigen
Jahren eine
Renaissance in der klinischen Forschung und beeinflusst zunehmend die
psychotherapeutische Praxis. Die Grundlagen der Bindungstheorie sind
inzwischen
gut erforscht, aber es haperte bislang an Möglichkeiten, die
Erkenntnisse in
der Therapie praktisch umzusetzen. Dieser Band stellt die zahlreichen
Befunde
der klinischen Bindungsforschung vor, bezogen auf bestimmte
Störungsbilder wie
Angststörungen, Depression,
Persönlichkeitsstörungen, somatoforme
Störungen,
Essstörungen,
Sexualstörungen und Delinquenz und zeigt ihre Bedeutung
für die
psychotherapeutische Praxis. Für Kliniker stellt das Buch eine
Fundgrube dar,
die die praktische Arbeit bereichern und verändern wird.
Geordnet nach Störungsbildern, zum Beispiel
Essstörungen,
Angst-,
Sexualstörungen, Delinquenz, Depression etc.
Mit Beiträgen von: Wolfgang Berner, Anna Buchheim, Pedro Dias,
Jochen Eckert,
Peter Joraschky, John Klein, Franziska Lamott, Elke Lehmann, Giovanni
Liotti,
Paulo Machado, Björn Meyer, Katja Petrowski, Friedemann
Pfäfflin, Paul A.
Pilkonis, Wilhelm Preuss, Henning Schauenburg, Carl E. Scheidt, Barbara
Schwark,
Isabel Soares, Bernhard Strauß, Elisabeth Waller.
(Klett-Cotta)
Buch
bei amazon.de bestellen
Thomas Haenel: "Depression. Leben mit der schwarz
gekleideten Dame"
Die Depression kann mit einer in schwarz gekleideten Dame verglichen
werden.
Wenn sie kommt, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie zu Tisch als
Gast und
höre, was sie Dir zu sagen hat. (C.G.
Jung zugeschrieben)
Dieses Bild ist das Motto eines ungewöhnlichen Sachbuchs, in
dem Thomas Haenel,
Professor für Psychiatrie und praktizierender
Psychotherapeut, über die
vielen, teils noch unbekannten Gesichter der Depression allgemein
verständlich
berichtet: Im Wechselbad der Gefühle können
Manisch-Depressive uns
himmelhochjauchzend begegnen; larvierte Depressionen können
unter einer
Maskerade verborgen bleiben; Müdigkeit und
Schlafstörungen, traumatische Erschütterungen,
aber auch einschneidende Erlebnisse wie eine Geburt, das Heimweh bei
einem Umzug
ins Heim, die Belästigung durch Stalker
und schließlich körperliche
Einflüsse wie Herzerkrankungen oder auch neurophysiologische
Reaktionen auf
Lichtmangel können mit Depressionen zusammenhängen,
die wir im Alltag oft übersehen.
"Vor die Therapie haben die Götter den
Schweiß der Diagnose
gestellt", schreibt Haenel und stellt wichtige Hinweise
für den Laien
zusammen. Nicht selten wird die Diagnose Depression gar nicht oder erst
zu spät
gestellt. Viele Suizidhandlungen gehen auf ihr Konto - etwa doppelt so
viele
Menschen sterben durch eigene Hand wie durch Verkehrsunfälle.
Aber Depressionen
lassen sich behandeln, in der Regel mit Psychotherapie und
antidepressiven
Medikamenten.
Vorurteile gegenüber Depressiven finden sich nicht nur ganz
allgemein, sondern
insbesondere in der Arbeitswelt und im privaten Umfeld. Haenels Buch
lädt zum
Zuhören ein und zeigt auf, wie sich Depressionen erkennen und
behandeln lassen,
und wie man vorbeugen und Rückschläge
bewältigen kann. (Spektrum Akademischer
Verlag)
Buch
bei amazon.de bestellen
Gerald May: "Die Nacht der Seele. Mit Mystikern aus
der Depression"
Immer häufiger leiden Menschen unter Depressionen. Wie findet
man aus der
Dunkelheit der Seele wieder ans Licht? Gerald May, Theologe und
Psychiater,
erschließt in seinem Buch einen neuen,
ungewöhnlichen Weg. In den Texten der
großen spanischen Mystiker,
Teresa
von Ávila und Johannes vom Kreuz hat er
wegweisende Erkenntnisse über die
Nacht der Seele gefunden - und vom Licht des Glaubens, das diese
Dunkelheit
erhellen und heilen kann. (Sankt Ulrich Verlag)
Buch
bei amazon.de bestellen