Malte Korff: "Johannes Brahms"
Leben und Werk
Das Lamm mit der Löwenmähne
oder klassische Strenge und romantische Freiheit:
Malte Korff porträtiert das dritte große B, neben Bach und Beethoven -
Johannes Brahms.
"Lieben Sie Brahms, Madame?"
So sang einst der Grandseigneur der leichten Muse Roger Whittaker seinen
Schlager und spielte damit auf die Vorliebe seiner musikalisch Angebeteten für
klassische Musik an. Alles Andere als trivial kommt die Biografie von Malte
Korff über den von Whittaker besungenen Komponisten an.
Bereits seine dritte Biografie, nach einem Porträt über Johann Sebastian Bach
und Franz Schubert, bringt der 1950 in Leipzig geborene Musikwissenschaftler
beim Verlag dtv heraus. Und wie schon in seinen vorangegangen Büchern resümiert
er erneut das Leben und Wirken eines Musikgenies und zeichnet ein äußerst
lebendiges und von hohem Informationsgehalt geprägtes Bild.
Johannes Brahms (1833-1897) wurde als zweites von drei Kindern des
Kontrabassisten Johann Jakob Brahms und seiner Frau Johanna am 7. Mai 1833 in
Hamburg geboren. Er entwickelte sich zu einem pianistischen Wunderkind, das
bereits mit zehn Jahren öffentlich auftrat. Sein erstes eigenes Konzert gab er
im Jahr 1847. Neben seinem Bestreben, in seiner Heimatstadt als exzellenter
Pianist anerkannt zu werden, begann er zu komponieren.
Während seiner ersten große Konzertreise im Jahr 1852 lernte er den berühmten
Geiger Joseph Joachim (1831-1907) kennen. Ein Empfehlungsschreiben Joachims, der
ein treuer Freund Brahms' werden sollte, führte ihn zu Franz Liszt und im Jahr
1853 zu Robert und Clara Schumann, um sich von diesen eine Beurteilung seiner Fähigkeiten
als Komponist einzuholen. Hieraus sollte sich eine lebenslange tiefe
Freundschaft - ja Liebe - zu der begnadeten Pianistin entwickeln. Robert
Schumann, der Brahms' Talent sofort erkannte ("Da ist jemand gekommen,
von dem werden wir alle Wunderdinge erleben."), trug entscheidend zu
dessen künstlerischer Förderung bei, indem er einen begeisterten Artikel in
einer Fachzeitschrift veröffentlichte und einen Verleger für Brahms' Werke
fand.
Mit Ausnahme der Oper hat Johannes Brahms alle Arten der Instrumental- und
Vokalmusik gepflegt, wobei er sich vornehmlich künstlerisch mit den Werken
Beethovens und Bachs auseinandersetzte. Seine Hinterlassenschaft besteht in
einer Fülle meisterlicher Kompositionen voll Innigkeit, Fantasie, Kraft und großen
Formen.
"In seinem Werk bewahrt Brahms einerseits das klassische Erbe, und
andererseits weist er weit in die Zukunft.", so Korff. "Im
Gegensatz zu den 'Neudeutschen' [Wagner, Liszt, Berlioz], die nach dem Modernen
streben, bemüht er sich um eine Musik, die gleichsam 'dauerhaft', dem
historischen Wandel entzogen ist."
Chronologisch rollt der Autor den Aufstieg dieses sicherlich nicht immer ganz
einfach zu handhabenden Charakters - Brahms selbst hält sich für gegensätzlich
und spricht von zwei Seiten in seinem Wesen - vor dem Leser aus: vom begnadeten
Wunderkind, den anfänglich nicht ganz einfachen Jahren in seiner Heimatstadt
Hamburg und seinem Drang nach Etablierung, dem Wirken als Dirigent und Pianist,
dem Privatleben, dem Verhältnis zu anderen bedeutenden Komponisten der Zeit bis
zu seiner Etablierung und dem Zenit seines Ruhmes in Wien; vom Bewohner des
armseligen Hamburger "Gängeviertels" zur Elite der großbürgerlichen
Welt Wiens.
Am Ende seines Lebens gehörte Brahms zu den berühmtesten Komponisten seiner
Zeit.
Doch nicht nur den Lebensweg dieses großen Komponisten und Klaviervirtuosen
zeichnet Korff detailgenau nach, sondern er bietet einen, den
musikwissenschaftlich nicht vorgebildeten Leser vielleicht überfordernden,
Einblick in Brahms' Schaffen und eine Einführung in seine musikalischen Werke,
die relativ tiefgehend musikhistorisch und -wissenschaftlich analysiert und
teilweise Satz für Satz besprochen werden.
Doch interessant ist es allemal zu erfahren, wie langwierig zum Beispiel die
Entstehungsgeschichte der 1. Sinfonie war. Detailgenau nimmt Korff den Leser mit
auf diesem schwierigen Weg bis zur "Geburt".
Trotzdem ist diese Biografie über einen Mann, der u. a. Werke wie "Ein
Deutsches Requiem, op. 45", vier großartige Sinfonien (op. 68, 73, 90 und
98), aber auch wunderschöne, fast volksliedhaft anmutende Lieder hinterlassen
hat, problemlos lesbar und regt an, sich noch tiefgehender mit diesem "Lamm
mit der Löwenmähne" zu beschäftigen. Auf jeden Fall animiert es,
dessen wunderbare Musik zu hören, zu genießen und vielleicht auch zu
verstehen.
Fazit:
Nach dieser Lektüre hört man Brahms Musik mit anderen Ohren, ja allen Sinnen.
Genau so kann und soll die Darstellung von Musikhistorie auf populär verständlichem
Niveau funktionieren.
(Heike Geilen; 02/2008)
Malte Korff: "Johannes Brahms. Leben und
Werk"
dtv, 2008. 280 Seiten.
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