Margaret Atwood: "Das Zelt"
Ein
Erzählband zu den Themen
Liebe und Beziehung, Geschichte, Literatur und Kunst mit Illustrationen
Kurzgeschichten etablierter Romanautoren sind immer eher ein
zweischneidiges
Schwert, und das vorliegende Bändchen beinhaltet eigentlich
weniger
Kurzgeschichten als literarische Essays im klassischen Sinn, was bei
Margaret
Atwood natürlich bedeutet, dass dem Leser einiges abverlangt
wird.
In drei großen, thematisch voneinander abgetrennten und doch
irgendwie
verbundenen Bereichen werden in "Das Zelt" 35 Texte unterschiedlicher
Länge zu eigentlich allen Themen, die man sich vorstellen
kann, präsentiert.
Margaret Atwood beginnt mit Fragen zur eigenen Identität und
dazu, wie sich
diese bei Menschen allgemein ausdrücken kann - und wie sie auf
den kleinsten
definierenden Moment reduzierbar ist - oder auch nicht. Dabei
beschäftigt sie
sich auch mit der Frage des
Älterwerdens und dem Kontakt zwischen den
Generationen, was mitunter schon ein wenig gallig daher kommt.
Zwischen erschreckend, traumhaft, amüsant und schwer zu
durchdringen wechseln
diese Geschichten, die man sicherlich mehr als einmal in seinem Leben
lesen wird,
und regen sowohl von ihren Themen, als auch von ihrer Sprache - wie
sollte es
bei Margaret Atwood auch anders sein? - ständig zum Nachdenken
an.
Das einzige Problem ist für Atwood-Kenner vielleicht, dass man
von der Autorin
Herausragendes derart gewohnt ist, dass es einen hier kaum noch
überrascht -
obwohl das literarische Essay schon eine bei ihr eher ungewohnte Form
ist,
schließlich gründet sich ihr Ruf besonders auf ihre
Romane.
Neulinge werden auf jeden Fall eine gute Einführung in
Margaret Atwoods Art des
Schreibens sowie des Denkens bekommen. Besonders, wenn sie sich als
Erstes auf
die Titelgeschichte stürzen. Die Zeichnungen zwischen einigen
der Geschichten
zeigen im Übrigen einen anderen schöpferischen Aspekt
der Autorin, der
ebenfalls beachtenswert ist.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2008)
Margaret
Atwood: "Das Zelt"
(Originaltitel "The Tent")
Übersetzt von Malte Friedrich.
Berlin Verlag, 2006. 156 Seiten.
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Hörbuch:
Sprecherin: Charlotte Schwab.
Hoffmann und Campe, 2006. 2 CDs.
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Ein weiteres Buch der Autorin:
"Payback. Schulden und die Schattenseite des Wohlstands"
Punktgenau zum weltweiten Platzen der Finanzblase legt Margaret Atwood ein
Buch vor, das sich mit der Voraussetzung dieser Krise auseinandersetzt: dem
Prinzip von Schuld und Verschuldung, Ausgleich und Gerechtigkeit, auf dem unsere
Gesellschaft gründet. Während wir in Panik ausbrechen, hektisch nach den
Schuldigen für den Zusammenbruch dieses aus den Fugen geratenen Schuldensystems
fahnden, erklärt Margaret Atwood mit faszinierender Klarheit, wie maßgeblich
das Konzept der Schuld - im ökonomischen und im moralischen Sinn - unser Denken
und Verhalten seit Anbeginn der menschlichen Kultur prägt und bestimmt. In
einer Mischung aus souveräner Lässigkeit und akribisch enzyklopädischem
Ansatz verfolgt sie ihr Thema quer durch Zeiten und Disziplinen - mit
unwiderstehlichen Witz und beeindruckender Sachkenntnis. Nach einer so
unterhaltsamen wie erhellenden Lektüre entlässt diese großartige Erzählerin
als Philosophin den Leser mit einer zentralen Frage: Was sind wir Menschen
einander, was sind wir unserem Planeten schuldig? (Berlin Verlag)
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