Christiane Weidemann, Petra Larass, Melanie Klier: "50 Künstlerinnen, die man kennen sollte"


Künstlerinnen auf dem Weg aus der Minderheit heraus

Über einen Zeitraum von beinahe 500 Jahren haben die Autorinnen Christiane Weidemann, Petra Larass und Melanie Klier eine Auswahl der bedeutendsten europäischen Künstlerinnen zusammengetragen und somit eine kleine Würdigung deren Beitrages, in einer immer noch stark von Männern dominierten Landschaft, geleistet.
Herausgekommen ist ein interessantes kleines Kompendium von der Hochrenaissance bis in die Neuzeit, das ganz dem weiblichen Kunstschaffen gewidmet ist und eine Fülle an Informationen liefert.

Auch in der Kunst ist Realität, was sonst in der Gesellschaft Tatsache ist: Frauen haben es schwerer, sich zu etablieren und auch beachtet zu werden.
Noch vor einem Jahrhundert veröffentlichten sie ihre Werke oft unter männlichen Pseudonymen. Sie wurden als Musen, als Modelle, als Unterstützerinnen ihrer maskulinen Kollegen wahrgenommen, als eigenständige Künstlerinnen jedoch kaum. Selbst in der heutigen Zeit verlaufen künstlerische Karrieren noch immer nicht unabhängig von der Kategorie Geschlecht. Erfolgsmodelle für Künstlerinnen unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten als diejenigen ihrer männlichen Kollegen.

Chronologisch angelegte Künstlerinnenporträts
Doch müssen sie mittlerweile auch nicht mehr ihren Sechzigsten gefeiert haben oder gar - wie Frida Kahlo und Eva Hesse - tot sein, um als "Meisterinnen" ihres Metiers gefeiert zu werden. Die Neuzeit hat eine kleine Revolution der Frauenkräfte erbracht, wie sie aus der isoliert gewordenen Funktion der Frau in Ehe und Familie bis dahin niemals möglich war.

Das chronologisch angelegte Buch - den Anfang macht die 1528 geborene Catharina van Hemessen, als jüngste Künstlerin präsentiert sich die 1965 geborene Britin Tacita Dean -  bietet auf größtenteils ein, manchmal auch zwei Doppelseiten die Lebensläufe von 50 bedeutenden Künstlerinnen mit den wichtigsten Stationen ihrer Biografien, ihre Einordnung in die gesellschaftliche Zeit, ihren familiären Hintergrund sowie Informationen über ihr Gesamtwerk. Dabei handelt es sich in den früheren Jahren ausschließlich um Malerinnen. In der Moderne kommen auch Fotografinnen, Video-, Installations- und Konzeptkünstlerinnen hinzu.

Viele bekannte Frauen sind unter ihnen, wie zum Beispiel Elisabetta Sirani, Berthe Morisot, Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz, Frida Kahlo oder Meret Oppenheim und Niki de Saint Phalle. Aber auch nicht so prominente Namen finden Erwähnung und Anerkennung wie jene der flämischen bzw. niederländischen Malerinnen Clara Peters und Judith Leyster oder der Französin Constance Mayer.
Unter den noch Aktiven sollen als Beispiel die deutsche Installationskünstlerin Rebecca Horn, die serbische Vertreterin der Body-Art-Kunst Marina Abramovic, die französische Fotografin Sophie Calle oder die Schweitzer Videokünstlerin Pipilotti Rist genannt werden.

Kompakter und hilfreicher Einstieg
Zur hervorragenden Einordnung in die jeweilige Periode trägt ein Zeitstrahl am oberen Rand des Buches bei, der gleichfalls Hinweise auf bedeutende geschichtliche, politische und naturwissenschaftliche Ereignisse und Errungenschaften gibt.

Insgesamt ist es den Autorinnen sehr gut gelungen, auf knappem Raum die Bedeutung der vorgestellten Künstlerinnen spürbar werden zu lassen. Die kurzen Texte sind spannend geschrieben und bieten einen hilfreichen, wenn auch sehr kompakt gehaltenen Einstieg bzw. Überblick über Leben und Werk der Malerin, Bildhauerin oder Fotografin, ergänzt durch ein  Porträt oder Foto der Künstlerin.
Die abgebildeten, durchgängig farbigen Kunstwerke sind sorgfältig ausgewählt und geeignet, auch Lesern ohne Vorkenntnisse zu einem Einstieg zu verhelfen.
Am Ende des Bandes kann der Leser in einem kurzen Glossar nochmals einige weitere Fachbegriffe nachschlagen.

Fazit:
Alles in allem ist "50 Künstlerinnen, die man kennen sollte" trotz seiner Kompaktheit ein wirklich empfehlenswertes Buch, das kaum Vorwissen verlangt und vielleicht Lust auf einen Museumsbesuch oder tiefgehendere und umfassendere Lektüre macht.
Es eignet sich sowohl als Nachschlagewerk als auch dazu, sämtliche Kurzbiografien nacheinander zu lesen und sich mit den Werken erstaunlicher Frauen vertraut zu machen.

(Heike Geilen; 07/2008)


Christiane Weidemann, Petra Larass, Melanie Klier: "50 Künstlerinnen, die man kennen sollte"
Prestel, 2008. 173 Seiten.
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