(...)
Mehrere Stunden hockte ich vor den Mappen und suchte. Dies ist, was ich gefunden
habe:
Mossadegh: Von 1921 bis 1925 Justizminister beziehungsweise Finanz- und Außenminister.
1944 ins Parlament gewählt. 1950 gründete er die Nationale Front, wurde 1951
Premierminister und nationalisierte die Anglo Iranian
Oil
Company, was damals zu einem Konflikt mit Großbritannien führte. 1952 mußte
er zurücktreten, aber drei Monate später kam er durch einen Aufruhr wieder an
die Macht. Mossadegh schränkte die Macht des Schahs, des Sohns von Resa Chan,
ein und schien sich in steigendem Maße auf linke Kräfte zu stützen. Der Schah
mußte das Land verlassen, aus dem Land fliehen. Doch mit Hilfe der Vereinigten
Staaten kam er zurück, die Regierung fiel und Mossadegh wurde verhaftet.
Als Churchill hörte,
daß Mossadegh lebenslangen Hausarrest bekommen hatte, hob er das Glas und sagte:
"He was mad… a dangerous man."
Mossadegh war überhaupt nicht dangerous, er war unser Stolz.
Tausende seiner Anhänger wurden verhaftet, viele wurden hingerichtet und hunderte
ergriffen die Flucht. Die meisten Flüchtlinge waren Mitglieder der an Rußland
orientierten linken Partei des Landes. Diese Partei war gegen den Schah und
absolut gegen die Einmischung der Amerikaner.
Die Linken waren stark, so stark, daß sie dachten, sie würden bald an die Macht
kommen. Ihnen war sogar Mossadeghs Politik nicht radikal genug, sie fanden,
daß er dem Imperialismus zu viele Zugeständnisse machte. Deshalb konnten sie
ihn bei der Rückkehr des Schahs nicht rechtzeitig unterstützen. Jetzt, da Mossadegh
gestürzt worden war, zerfiel auch ihre Partei. Ein Teil ihrer Anhängerschaft
wurde hingerichtet, ein Teil ging in den Untergrund, und ein Teil entkam.
Die Anhänger der Partei flohen auf den Safranberg, sie hofften, die Grenze
zur
Sowjetunion zu erreichen. Doch so einfach war das nicht. Die Militärpolizei
jagte sie mit amerikanischen Jeeps von Berg zu Berg. Ausgehungert und hoffnungslos
suchten sie Zuflucht bei den Dorfbewohnern.
(...)
aus "Dawuds Traum" von Kader
Abdolah
Die
Geschichte Persiens, gespiegelt
in einem kleinen Dorf in den Bergen
Esmail hat ein Manuskript mit ins Exil genommen. Geschrieben hat es sein taubstummer
Vater, in einer seltsamen, selbst erfundenen Schrift. So, wie er früher seinen
Vater verstehen wollte, versucht Esmail, das Geschriebene zu entziffern. Es
schildert das Leben in einem kleinen Dorf an der Grenze: »Südlich der Grenze
lag der Iran, und nördlich, dort, wo immer tiefer Schnee lag,
Rußland.«
Dieser eindrucksvolle, manchmal märchenhafte Roman spannt einen Bogen zwischen
Amsterdam und Persien. Er erzählt von Vater und Sohn, von Analphabetismus und
der Leidenschaft für
Geschichten,
erzählt von Armut, Abhängigkeit und erwachendem politischen Mut. Esmail schließt
sich dem studentischen Kampf gegen den Schah an, später der Regime-Kritik gegen
Chomeni. Er flieht – und aus dem Sohn eines armen Teppichflickers wird ein westlicher
Intellektueller, der seiner Herkunft jedoch alles verdankt.
Die »Notizen des Agha Akbar«, so der Untertitel des Buches, gehören zu den eindrucksvollsten
Beispiele jener Literatur, die heute, durch die weltweiten ethnischen Verwerfungen,
ihre Wurzeln in mehreren Kulturen hat. In schöner, sicherer Klarheit geschrieben,
enthält es zu gleichen Teilen die bittere Realität und die magische Phantastik
der persischen Heimat. (Klett-Cotta)
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