(...)
Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle.
Als sie jetzo ihr Herz mit Trank und Speise gesättigt;
Da begann das Gespräch die hehre Göttin Kalypso:
Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus,
Also willst du mich nun so bald verlassen, und wieder
In dein geliebtes Vaterland gehn? Nun Glück auf die Reise!
Aber wüßte dein Herz, wie viele Leiden das Schicksal
Dir zu dulden bestimmt, bevor du zur Heimat gelangest;
Gerne würdest du bleiben, mit mir die Grotte bewohnen,
Und ein Unsterblicher sein: wie sehr du auch wünschest, die Gattin
Wiederzusehn, nach welcher du stets so herzlich dich sehnest!
Glauben darf ich doch wohl, daß ich nicht schlechter als sie bin,
Weder an Wuchs noch Bildung! Wie könnten sterbliche Weiber
Mit unsterblichen sich an Gestalt und Schönheit vergleichen?
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
Zürne mir darum nicht, ehrwürdige Göttin! Ich weiß es
Selber zu gut, wie sehr der klugen Penelopeia
Reiz vor deiner Gestalt und erhabenen Größe verschwindet;
Denn sie ist nur sterblich, und dich schmückt ewige Jugend.
Aber ich wünsche dennoch und sehne mich täglich von Herzen,
Wieder nach Hause zu gehn, und zu schaun den Tag der Zurückkunft.
Und verfolgt mich ein Gott im dunkeln Meere,
so will ich's
Dulden; mein Herz im Busen ist längst zum Leiden gehärtet!
Denn ich habe schon vieles erlebt, schon vieles erduldet,
Schrecken
des Meers und
des Kriegs: so mag auch dieses geschehen!
Also sprach er, da sank die Sonne, und Dunkel erhob sich.
Beide gingen zur Kammer der schöngewölbeten Grotte,
Und genossen der Lieb', und
ruheten nebeneinander
(...)
(aus der Odyssee
von Homer)