Einer ließ schreiben, viele lassen lesen:
Dieter "Boulevard" Bohlen: "Nichts als die Wahrheit"
Selbst- und Fremdentblößung als
Mittel zum Zweck; "ad me ipsum" anno 2002.
Lukrativ? Ja, aber
...
"Pikante Enthüllungen", "Tabubrüche am
laufenden Band", "Sex, Sex, Sex" - nein, hier ist nicht die Rede von Bohlens
offizieller Homepage, die in - vermutlich unfreiwillig - erbarmungswürdiger
Sprache dergleichen bot (und übrigens aus dem Netz verschwunden ist ...):
"Dieter
Bohlen was born on February, on the 7th of 1954. His parents were Hans and
Edith. He was the oldest son and lived in Oldenburg (Germany); about 40 km to
the east of Oldenburg is Bremen situated. In the west you have the Dutch border
and in the south you find Dortmund and the Ruhrgebied. (For those who know
nothing of Germany : you find these cities in the north-west of Germany)
Dieter's father was hydraulic engineer and had also a business in constructions.
His dream was that Dieter on a day would co-operate with him. Oldenburg was a
city that couldn't offer Dieter much. The streets were narrow, even somewhat
creepy, with high walls. Variety was there hardly and there was surely nothing
of any interest for the youth. Television wasn't available yet in that time and
the consequence was that the youth wasn't informed about the outside
world."
Es soll nicht verabsäumt werden, diese
glanzvollen Zeilen ins Deutsche zu übertragen, die Nachahmung des Stils ist
allerdings eine bescheidene Herausforderung:
"Dieter Bohlen wurde am 7.
Februar 1954 geboren. Seine Eltern waren Hans und Edith. Er war der älteste Sohn
und lebte in Oldenburg (Deutschland); etwa 40 km im Osten von Oldenburg ist
Bremen gelegen. Im Westen haben Sie die holländische Grenze, und im Süden finden
Sie Dortmund und das "Ruhrgebied". (Für jene, die nichts von Deutschland wissen:
Sie finden diese Städte im Nordwesten Deutschlands). Dieters Vater war ein
Hydraulik-Ingenieur und hatte auch ein Konstruktionsgewerbe. Sein Traum war,
dass Dieter eines Tages mit ihm zusammen arbeiten würde. Oldenburg war eine
Stadt, die Dieter nicht viel zu bieten hatte. Die Straßen waren schmal, sogar
irgendwie furchteinflößend, mit hohen Mauern. Abwechslung gab es dort kaum, und
es gab sicherlich nichts von irgendwelchem Interesse für die Jugend. Fernsehen
war noch nicht erhältlich in dieser Zeit, und die Konsequenz war, dass die
Jugend nicht über die Außenwelt informiert war."
Doch die Zeiten haben sich geändert, und so fließen Informationen, nützliche und verzichtbare, wie süßer Brei im Schlaraffenland. Inwieweit die vorhin geschilderte Tristesse seiner Kindheit Bohlens sprachliche Entwicklung beeinflusst haben könnte, bleibt an dieser Stelle unerörtert ...
Kurios, dass die Memoiren des Schlagerkomponisten und Society-Verführers bei der Frankfurter Buchmesse 2002 einiges Aufsehen erregten! Damit wurde die intellektuelle Verarmung wohl wieder ein Stückchen salonfähiger?! Dazu passt, dass in der Sendung "Wetten, dass ..." kurze Kostproben dargeboten wurden.
Man mag mit Fug und Recht bezweifeln, dass Dieter Bohlen "die ganze Wahrheit" kennt; mit Sicherheit kennt er jedoch die Gesetze des sensationslüsternen Marktes und bedient die gierig sabbernde Leserschaft mit Ausgeplaudertem, und sei es die Wahrheit, die er meint.
Mancher hat unter Umständen noch Ohrwürmer aus dem umfangreichen akustischen Schaffen des Dieter Bohlen in Erinnerung, denn in den 1980er-Jahren erklommen Produktionen von "Modern Talking", Bohlens Duo-(Duell-?)Projekt mit Thomas Anders, die Hitparaden mit inflationärer Permanenz und dies auf verdächtig gefühllosen Frequenzen. Als kleine Gedächtnishilfe mag die Auflistung einiger Titel fungieren: "You're My Heart, You're My Soul", "Geronimo's Cadillac", "Cheri Cheri Lady".
A propos "Lady": Das Damenhafte dürfte allerdings weniger dem Verlangen des Selbstdarstellers entsprechen, denn - es darf zitiert werden: "Alkohol enthemmt Frauen halt." Also zeigt sich Bohlen zunächst von seiner spendablen Seite: "Nicht lang schnacken, Kopf in Nacken. Alle Hühner an die Tränke. Tuck, tuck, tuck! Schluck, schluck, schluck! Und einige Hennen finden eine neue Stange, auf der sie sitzen können."
Dieter Bohlen selbst kündigte bereits an: "Ich bin ja nicht doof. Natürlich setze ich mich jetzt hin und schreibe 'Bohlen 2'. Ich hab' noch unheimlich geile Sätze auf Lager."
Die Welt wartet. In diesem Fall bestimmt nicht vergebens.
(Felix; 10/2002)
Dieter
Bohlen mit Katja Kessler: "Nichts als die
Wahrheit"
Heyne, 2002. 335
Seiten.
ISBN 3-4538-6143-4.
ca. EUR 20,-. Buch bestellen
Ergänzung aus gegebenem Anlass:
Wie zu erwarten, erschien der Erinnerung(slücken?) zweiter Teil:
"Hinter den Kulissen"
Einstweilige
Verfügungen aus deutschen Landen bestimm(t)en anno 2003, was die hungrige
Leserschaft sich zumuten darf. (Sie erinnern sich an die "Fälle" "Esra" und "Meere"?)
Seitenschwärzungen, Vertriebsverbote, Medieninteresse, das jedoch nicht den
Büchern, sondern dem jeweiligen "Skandal" galt.
Wird im gegenständlichen
Fall der Buchtitel gar Programm? Denn so wie es aussieht, verweilt der
mutmaßliche Mega-Seller tatsächlich (vorerst?) "hinter den
Kulissen".
Sprachbasteln macht Spaß, und gerade Dieter Bohlen ist -
eigener Aussage zufolge - ein solcher, daher sei ein klein wenig Kreativität
gestattet: "Den Kulissehintern" - anagrammmäßig quasi.
Anmerkung:
Die Information, dass Dieter Bohlen "ein Spaß ist", kann
der Verlagsseite entnommen werden, wo das Buch mit folgendem Text beworben wird
(Auszug):
"Kaum ein
Jahr ist seit Erscheinen seines ersten Buches "Nichts als die Wahrheit"
vergangen - und ganz Deutschland hat sich heiß und innig in Dieter Bohlen
verliebt. Über eine halbe Million verkaufte Bücher und der gigantische TV-Erfolg
von "DSDS" machten aus dem umstrittenen Pop-Proll den Liebling der
Nation.
Jetzt hat wieder Dieter das Wort und erzählt ein weiteres Mal von
Ludern und Losern, von Nieten und Naddeln, von Schnuckelchen und Superstars.
Gnadenlos, amüsant, anrührend, schamlos und skandalös - genau so, wie ihn seine
Millionen Fans lieben!
Im Herbst letzten Jahres landete Dieter Bohlen mit
seinem ersten Buch "Nichts als die Wahrheit" auf Anhieb einen Mega-Seller. Ganz
Deutschland war im Bohlen-Fieber, und Deutschlands erfolgreichster
Musikproduzent wurde zum Liebling von Lesern, Buchhändlern und ja: sogar
Kritikern! Der Mann, der seit mehr als zwanzig Jahren deutsche Pop-Geschichte
schreibt, erklomm nun auch mühelos die Spitze der Bestsellerlisten.
Seinen
nächsten großen Coup landete Dieter Bohlen als Jury-Mitglied des
RTL-Fernsehevents "Deutschland sucht den Superstar". Ohne jeden Zweifel war
seine Mitwirkung ein entscheidender Erfolgsfaktor dieser TV-Show. Seine
hinreißend gemeinen Sprüche beim Casting brachten mehr als einen jungen
Sangeskünstler zum Heulen - was ihn nicht anfocht: "Ich bin schließlich nicht
Dieter Theresa!" Und sie eroberten ihm die Herzen der Fernsehzuschauer:
Einschaltquoten von zeitweise über 12 Millionen Zuschauern beweisen dies
eindrucksvoll. Doch am meisten beeindruckte Dieter Bohlens unglaubliche
Professionalität und seine unbedingte Loyalität mit den Finalisten der Show,
seinen "Schnuckelchen", die er als "Herbergsvater" nicht nur künstlerisch,
sondern auch menschlich engagiert betreute.
Nun legt Dieter Bohlen endlich sein zweites, heiß erwartetes Buch vor und
*
erzählt, warum die vergangenen zwölf Monate sein persönliches "Superjahr"
waren
* schildert die Vorbereitungen zur zweiten Staffel von "Deutschland
sucht den Superstar"
* beurteilt - selbstverständlich "objektiv" - die
Moderatoren-Qualitäten von Carsten Spengemann und Michelle Hunziker
* lästert
über "seriöse" Musikerkollegen wie Marius Müller-Westernhagen und Herbert "Ich
bin ein Mensch" Grönemeyer
* erinnert sich an zarte und harte Lieben - von
Nena bis Stephanie von Monaco
* nimmt die Businessmänner und -frauen der
Nation aufs Korn: von Haffa bis Verona, von Losern und Ludern...
* erklärt im
Gegensatz dazu das "Erfolgssystem Bohlen - die perfekte Ich-AG"
* bedauert,
dass aus Ralf "Grandprix" Siegel und ihm wohl keine Freunde mehr werden"
*
fragt sich: Who is Stefan Raab???
* widmet sich mit Sachverstand der "alten"
Ludergeneration von Jenny Elvers bis Ariane Sommer - inklusive Prognosen für die
"neue" Ludergeneration
* schwärmt von seinem eigenen Großfamilienmodell mit
Estefania
* und lässt es auch an praktischer Lebenshilfe nicht fehlen:
"Dieters zehn güldene Sex-Regeln" sollten ins Standard-Repertoire jedes
deutschen Liebhabers gehören!
Dieter
Bohlen über seine neue Popularität als Everybody's Darling:
'Früher kannten
mich die Leute nur aus den Schlagzeilen - ich hab' ja auch kein Fettnäpfchen
ausgelassen. Aber jetzt, wo ich jeden Samstag in der Show [Deutschland sucht den
Superstar] saß, haben die Leute gemerkt: Hey, der ist ein Spaß!'
"
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