(...)
Bei all diesen Veränderungen im Sinne eines historischen
Strukturwandels,
zu dem auch die Tatsache gehört,
daß die Ölkonzerne Shell und BP mittlerweile die
größten Hersteller und Nutzer von Solar-Zellen auf
der Welt sind, bleiben ein paar fundamentale Fragen offen. Sprechen wir
im Zeichen des Computers von einer Zweiten Industriellen Revolution,
dann verlangen vor allem die Herausforderungen der Technik nach einer Zweiten
Aufklärung (Neil Postman). Ihr obliegt gegen die
"Entzauberung der Natur" durch die Erste Aufklärung die
notwendige Rückgewinnung der Ethik als Normsystem zum Schutz
von Natur und Mensch: Ein universelles Anliegen, dem sich die
globalisierte Öl-Industrie nicht verschließen darf,
wenn sie den Forderungen der Zukunft entsprechen will.
Werden demnach Öl, Erdgas und Kohle immer weniger zu Heizzwecken eingesetzt und auch die Kernkraftwerke als Stromlieferanten abgebaut, dann braucht man für die fehlenden Kapazitäten einen gleichwertigen Ersatz. Dabei wird es zu einem besonderen Energie-Mix kommen müssen, der verbrennungsfreie, umweltgerechte und hocheffektive Energieformen zu einem intelligent genutzten Netzwerk verbindet.
Der
mittlerweile schon
reichlich genutzten Wasser-, Solar- und Wind-Energie wird deshalb
künftig noch die Geowärme als
Primärquelle hinzugefügt werden müssen. Sie
ist vor allem den Tiefbohrern seit langem bekannt und beruht auf dem
Phänomen der "geothermischen Tiefenstufe". Darunter versteht
man die stetige Zunahme der Erdwärme zum Erdmittelpunkt hin.
In Europa und Nord-Amerika beträgt sie im Durchschnitt gut
drei Grad Celsius auf einhundert Meter Tiefe, d.h. am Ende eines
Bohrlochs von mehr als 2000 Meter herrscht eine konstante
Wärme, die eingeleitetes Wasser bis zum Kochpunkt erhitzt.
Diese Tatsache ist zwar auf den Bohrtürmen
gefürchtet, weil Wasserspülungen wegen der
Verdampfungsgefahr nicht mehr eingesetzt werden können. Doch
in Island oder Italien wird diese Erhitzung schon längst
genutzt. Auch das gut erprobte Hot-Dry-Rock-Verfahren
aus den USA leistet seit Jahr und Tag in der Stadt Brandenburg bei
Berlin hervorragende Dienste: Es kommt ohne Schadstoffe aus und ist
völlig unabhängig von Ölbrennern,
Kohle-Öfen, Gas-Herden, Solarzellen, Windrädern oder
Uran-Brennstäben in Atom-Meilern, deren Endlagerung noch in
keinem Land mit Kernkraftanlagen gelöst werden konnte.
(...)
aus "Tränen des
Teufels. Die Weltgeschichte des Erdöls" von Günter
Barudio
Es hat Wirtschaftsimperien geschaffen und die beiden Weltkriege
beeinflußt, es hat die technische Entwicklung der Neuzeit
vorangetrieben und ganze Erdteile reich gemacht. Es ist der Stoff, ohne
den unser Alltag aufhörte zu funktionieren – das
Erdöl. Anschaulich und kompetent beschreibt Günter
Barudio die Geschichte und die Macht dieser einzigartigen Substanz. Von
den ersten Bergbauversuchen im Deutschland des 19. Jahrhunderts, den
Fortschritten in der Bohr- und Fördertechnik, den
Anfängen in Amerika und der sich stürmisch
entwickelnden organischen Chemie bis zum Aufkommen des »Big
Oil«: Shell, Mobil Oil, Exxon, BP und anderer. Venezuela,
Mexiko, der Kaukasus und die arabischen Förderländer
werden dargestellt, das Verhältnis
der
Ölkartelle zur Politik, die Geschichte der OPEC.
Eingehend analysiert wird die Rolle des Erdöls im
Sechs-Tage-Krieg und bei der Erschließung der Nordsee
– bis zum »Brent Spar« –
Vorfall, der einen Konsumenten-Boykott auslöste. In den
letzten zehn Jahren hat sich ein grundlegender Wandel der Rolle des
Öls vom Energieträger zum Grundstoff einer
weltumspannenden »Life science«-Industrie
vollzogen. Gestiegenes Umweltbewußtsein, das Ozonloch,
Mega-Fusionen auch in der Erdöl-Industrie, der Preiskrieg an
unseren Tankstellen – bis in unsere Tage führt diese
faszinierende Darstellung. Ein großes Werk der Wirtschafts-
und Zivilisationsgeschichte. Es endet mit dem Appell, daß der
Mensch sich seiner Treuhänderrolle der Natur
gegenüber bewußt werden muß. (Klett-Cotta)
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